Karlsruhe. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Klagen der Länder Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg sowie der Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen abzuweisen, hat in Politik und Wirtschaft weitgehend positive Reaktionen hervorgerufen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugunsten des Tests auf deutschen Straßen begrüßt. Mit dem laufenden Feldversuch würden die möglichen Vorteile von Lang-LKW für den Logistik-Standort Deutschland untersucht, sagte Dobrindt am Mittwoch in Berlin.
Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) zeigt sich ebenfalls erfreut, dass „das Bundesverfassungsgericht eine wichtige Innovationsbremse für den Straßengüterverkehr gelöst hat.“ Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mache den Weg frei für einen umfassenden Versuch mit Lang-Fahrzeugen auf allen Bundesfernstraßen nach den eng umrissenen Kriterien des Feldversuchs, schreibt der BGL. Verkehrsminister Dobrindt habe es „ab sofort in der Hand, die Voraussetzungen für einen echten bundesweiten Feldversuch zu schaffen“, schreibt der BGL in einer Mitteilung mit Blick auf die Beschränkung des Feldversuchs auf gerade einmal sieben Bundesländer. Der BGL weist darauf hin, dass das Thema Lang-LKW in den Koalitionsverhandlungen nach den letzten Bundestagswahlen „ausgespart“ wurde. Der BGL erwarte daher politisch schwierige Verhandlungen der Koalitionspartner, wie es mit dem Feldversuch weitergehen könne.
Ende der formalen Debatte
„Die Entscheidung des Gerichts ist eine wichtige Grundlage für alle Speditionen, die gemeinsam mit ihren Logistikpartnern mit dieser Transportform Systemverkehre getestet und bereits etabliert haben“, begrüßt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV) Frank Huster die Karlsruher Entscheidung und verweis auf betriebswirtschaftlichen und ökologischen Vorteile des Lang-LKW. „Mit der heute bekannt gegebenen Entscheidung ist die formale Debatte beendet und die sachliche Bewertung des Verkehrssystems Lang-LKW steht wieder im Vordergrund“, stellt der DSLV fest.
„Ein positives Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland“, sieht Anton F. Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Baden-Württemberg lehnt Lang-LKW weiter ab
Enttäuschte Reaktionen kamen von der Regierung in Baden-Württemberg: „Ungeachtet der nun entschiedenen Rechtsfrage sind wir aus ökologischen Gründen aber weiterhin gegen den Einsatz von Lang-LKW, “ schreibt Winfried Hermann, Minister für Verkehr und Infrastruktur des Landes in einer Stellungnahme.
Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) sagte, „dieses Urteil ist in erster Linie eine Bestätigung des Feldversuchs, sagt aber nichts über die generelle Eignung von Lang-LKW für das deutsche Straßennetz aus.“ Durch die Entscheidung hätten die Landesregierung und auch die drei schleswig-holsteinischen Speditionen, die sich am Feldversuch beteiligen, nun rechtliche Klarheit und ein großes Stück Planungssicherheit.
Zur Erinnerung: Die beiden Bundesländer Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg hatten Verfassungsklage gegen den Feldversuch des Bundesverkehrsministeriums mit Lang-LKW eingereicht. Die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung hatte den Feldversuch Ende 2011 per Ausnahmegenehmigung erlaubt - ohne Einbeziehung von Bundestag und Bundesrat. Darin sahen die Kläger einen Verfassungsbruch - die Karlsruher Richter aber nicht. Die zur Debatte stehende Verordnung sei „von den Ermächtigungsgrundlagen des Straßenverkehrsgesetzes gedeckt“, die Regierung habe sie ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen können.
Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums waren bis zum April dieses Jahres 38 Unternehmen mit 72 Lastwagen für den Versuch angemeldet. Erste Ergebnisse der Feldtests sollen noch im Sommer in einem Zwischenbericht vorgestellt werden. (diwi/dpa)