Viele Häfen haben sich zum Wirtschaftsstandort ihrer Region entwickelt. Als Umschlagplatz locken sie Firmen an - vor allem in strukturschwachen Regionen ein Gewinn.
Königs Wusterhausen. Beim Stichwort Binnenschifffahrt sind Standorte wie Neuss, Köln, Mannheim oder Magdeburg geläufig - und natürlich Duisburg, Europas größter Binnenhafen. Doch es gibt Dutzende kleinere Häfen in Deutschland, deren Bedeutung für die Wirtschaftskraft ihrer Region nicht zu unterschätzen ist.
„Ein moderner Hafen zeichnet sich dadurch aus, dass er selber ein Wirtschaftsstandort ist“, sagt Reinhard Schuster, Geschäftsführer der Lutra GmbH. Sein Unternehmen betreibt den Hafen Königs Wusterhausen vor den Toren Berlins.
Besonders wichtig für das Unternehmen ist die Kohle, die rund 70 Prozent des Umschlags ausmacht. Bis zu 8000 Tonnen des Gesteins aus der Lausitz werden täglich von Bahnwaggons auf Schubverbände geladen und gelangen über Dahme und Spree in die Hauptstadt - jährlich mehr als 1,3 Millionen Tonnen. Der Energiekonzern Vattenfall heizt damit über das Heizkraftwerk Klingenberg den Osten Berlins. Die Energiewende bringt das Aus: Spätestens 2020 wird Vattenfall Braunkohle durch Gas ersetzen. Der Hafen verliert damit sein wichtigstes Standbein.
Wie vielen anderen der etwa 125 öffentlichen Binnenhäfen bundesweit muss es Königs Wusterhausen gelingen, Alternativen zum Umschlag von Massengütern wie Kohle, Erz oder Mineralöl zu finden. Europas größter Binnenhafen Duisburg hat seine Struktur verlagert zu höherwertigem Stückgut und damit verbundenem Containerverkehr. Der kleine Hafen in Brandenburg muss andere Wege gehen – auch weil ihm die direkte Verbindung zu wichtigen Wasserstraßen fehlt.
Hafen-Chef Schuster setzt auf Logistik und Dienstleistung - so wie die Branche insgesamt. Laut dem Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen gewinnen Organisation und Lagern an Bedeutung. „Binnenhäfen haben sich zu Zentren der Wertschöpfung entwickelt“, sagt Geschäftsführer Boris Kluge.
Mehr als 52,2 Millionen Euro wurden seit der Wiedervereinigung bis 2011 in den Hafen Königs Wusterhausen investiert, wie Hafen-Chef Schuster sagt. 36,4 Millionen Euro davon flossen in die Infrastruktur. Aktuell wird ein weiteres Gelände für rund 12,4 Millionen Euro fertig. Zu den bisherigen Kunden gehören Lebensmittelketten mit Lagern sowie Abfall- und Recycling-Wirtschaft und Baustoffe. Baurechtlich ist der Hafen als Industriestandort ausgewiesen und verfügt über Sondergebiete. Heißt: Dort darf es auch laut und dreckig werden. Zudem ist die Autobahn nur einen Steinwurf entfernt.
„Die Leute dort machen das sehr clever“, sagt Kluge. „Dem Hafen ist es gelungen, neue Geschäftsbilder zu entwickeln.“ Der Standort werde zunehmend zu einem Ansiedlungsgebiet für andere Unternehmen. Obwohl er nicht an einer wichtigen Wasserstraße liege wie Magdeburg, sei der Hafen von vergleichbarer Bedeutung.
Königs Wusterhausen vermarkte seine Flächen jedoch sehr gut und habe mit alternativen Energien eine Nische gefunden. Der Mannheimer Energieversorger MVV wurde als Kunde gewonnen. Die Baden-Württemberger errichteten 2003 eines ihrer bundesweit drei Biomassekraftwerke. Ein Grund dafür war die Nähe zu Berlin, wie ein Sprecher erklärt. Durch die vielen Bauarbeiten dort falle viel Altholz an. „Dies kann in unserem Heizkraftwerk zu nutzbarer Energie umgewandelt werden.“ Ein weiterer Grund sei die gute Anbindung an das Stromnetz gewesen. Diese Vorteile will Königs Wusterhausen weiter ausbauen: Es gebe bereits Vorverträge mit Interessenten, sagt Hafen-Chef Schuster. (dpa)