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Lkw-Fahrermangel: Logistikbranche warnt vor „Versorgungskollaps“

08.11.2021 08:55 Uhr
Lkw auf nasser Straße
Der Lkw-Fahrermangel in Deutschland wird immer sichtbarer
© Foto: iStock/Henadzi Pechan

Schon jetzt fehlen in Rheinland-Pfalz nach Angaben der Logistikbranche bis zu 4000 Lkw-Fahrer. Und die Lücke wird von Jahr zu Jahr größer.

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Mainz. Die rheinland-pfälzische Güterverkehrsbranche schlägt Alarm: Es gibt zu wenig Lkw-Fahrer - und es werden immer weniger. Der Mangel trifft nicht nur Speditionen, auch die Bevölkerung könnte die Auswirkungen zu spüren bekommen. „Wenn diese Entwicklung nicht gestoppt wird, könnte in zwei bis drei Jahren ein Versorgungskollaps zu erwarten sein“, warnt Gudio Borning, Geschäftsführer des Dachverbandes der rheinland-pfälzischen Mobilitäts- und Logistikbranche (Molo). „Die Branche ist systemrelevant.“

Wenig Geld für schlechte Arbeitsbedingungen

Die beiden Hauptursachen für den Fachkräftemangel sind nach Mike Kirschs, Experte für Speditionen und Logistik bei Verdi in Rheinland-Pfalz, Beobachtung die nicht gerade üppige Bezahlung der Brummifahrer und die Rahmenbedingungen, unter denen sie arbeiten müssen. Laut Tarif verdiene ein Berufskraftfahrer in Rheinland-Pfalz nach drei Jahren bei 170 Stunden im Monat brutto 2006 Euro - ohne Spesen.

Die Transportbranche in Deutschland steht nach Angaben von Verbandssprecher Borning in einem ausgesprochen scharfen Wettbewerb mit Betrieben in Osteuropa. „Wir haben hier Mindestlöhne, Tarifverträge und ordentliche Arbeitsbedingungen“, erklärt er. „Bei Speditionen und Güterverkehrsunternehmen beispielsweise in Rumänien, Belarus und der Ukraine herrschen ganz andere Bedingungen.“

Kosten des Lkw-Führerscheins als Hürde

Die Vertreter von Molo und Verdi sind sich einig, dass der teure Lkw-Führerschein eine große Hürde für mögliche Berufseinsteiger ist.

„Früher haben viele junge Wehrpflichtige ihren Lkw-Führerschein bei der Bundeswehr gemacht. Das ist nun weggefallen“, sagt Borning. „Der Führerschein kostet jetzt mindestens 8000 bis 9000 Euro. Das muss erst einmal aufgebracht werden.“ Er forderte einen Ausbau der Förderprogramme. Die gebe es zwar auch bei der Bundesagentur für Arbeit. Aber nicht jede Agentur vor Ort sehe da eine Notwendigkeit.

In dieser Hinsicht würde die Anerkennung als Mangelberuf weiterhelfen, sagte Borning.

Von den Kunden der Speditionen wünscht er sich die Einsicht in die Notwendigkeit „fairer Frachtpreise“, damit die Unternehmen das Geld auch an die Fahrer weitergegeben könnten. Die Integration von potenziellen Fahrern mit Migrationshintergrund könnte erleichtert werden, wenn Lkw-Führerscheinprüfungen zumindest in Englisch angeboten würden. Wichtig sei es auch, das Image des Brummifahrers als systemrelevanten Beruf zu verbessern. Zu den weiteren Pluspunkten des Berufs gehöre eine hohe Jobsicherheit und der Umgang mit modernen Fahrzeugen und Arbeitsgeräten.

Stabile Versorgung hängt von Transportbranche ab

Auch nach Kirschs Ansicht haben Brummifahrer „einen der wichtigsten Jobs in der Republik“. Ohne Lkw-Fahrer und Logistiker wäre in Deutschland nichts machbar, sagt er. Die ganze Versorgung hänge davon ab. Die Gewerkschaft fordere daher bessere Bezahlung und weniger Zeitdruck.

Zudem müsse durch das Bundesamt für Güterverkehr viel öfter kontrolliert werden, ob EU-Richtlinien beispielsweise zu Lenkzeiten, Routenplanung, Aufenthalten und Rückfahrten nach Hause eingehalten werden. „Wir haben 363 Millionen Lkw-Fahrten in Deutschland im Jahr, doch es werden nur 500 000 Kontrollen durchgeführt“, rechnet Kirsch vor. Das führe dazu, dass Verstöße in Kauf genommen werden würden - weniger von deutschen, als eher von osteuropäischen Unternehmen.

Viele Betriebe in Deutschland seien zudem nicht tarifgebunden, kritisiert der Gewerkschafter.

Verbraucher sind ebenfalls in der Verantwortung

Der Preisdruck, der auf den Speditionen laste, geht nach Meinung des Gewerkschafters zu Lasten der Fahrer. „Daran tragen wir auch als Verbraucher Mitverantwortung: heute bestellt, morgen da, und das möglichst billig“, sagte er. (ste/dpa)

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KOMMENTARE


Kevin Kröpke

10.11.2021 - 14:15 Uhr

" Es gibt zu wenig Lkw-Fahrer - und es werden immer weniger." Also, ich kann das gar nicht verstehen! Ich bezahle doch gerne mehrere Tausend Euro für meinen LKW-Führerschein aus eigener Tasche um anschließend für den Mindestlohn zwölf Stunden am Stück auf dem Bock zu sitzen. An den Wochenenden, an denen andere Spießer zuhause hocken, entdecke ich die Schönheit deutscher Autobahnraststätten und genieße den Charme von Mikrowellengerichten und Gemeinschaftsduschen. Und dann noch die exorbitante Mitarbeiter-Wertschätzung, für die die Speditionsbranche seit jeher berühmt ist. Also wer möchte da nicht LKW-Fahrer werden?


Kane Bock

10.11.2021 - 15:57 Uhr

Vielleicht hätte man nicht so viele rauswerfen sollten. Die stetig steigende Zahl von Soloselbstständigen die mit ihren Sprintern heute die Städte verstopfen sind ja auch Kraftfahrer, oder? Es sind also genug da, aber man hat sie nicht gehalten und ordentlich bezahlt sondern beutet sie als Freiberufler lieber aus. Das ist doch die Wahrheit.


Peter Freimensch

10.11.2021 - 20:52 Uhr

Diesen Job kann man nur machen, wenn er einem auch wirklich Spaß macht, Geld verdienen kann man in anderen Branchen einfacher. Fahrer sein muss man mit Leib und Seele - aber es werden immer weniger, die das sind. Das größte Problem für die mehrheitlich älteren Fahrer ist das Be- und Entladen. Ich persönlich mache sowas schon seit Jahren nicht mehr selbst. Ich bin Fahrer, kein Akrobat! Sucht euch Jüngere dafür - davon gibt es bei unseren Neuankömmlingen sicher mehr als genug. Brauchen dafür nicht einmal einen Führerschein, kommen mit Einheimischen in Kontakt und haben sinnvolle Arbeit. Der Fahrermangel wird bleiben. Selbstfahrende LKW sind eine Idee von Tagträumern, fernab jeglicher Realitäten. Sich schon einmal gefragt, weshalb nicht einmal Züge der Bahn auf die Reise geschickt werden, obwohl die ihre Trassen nur für sich allein und Ihresgleichen haben?


Waterman

11.11.2021 - 00:20 Uhr

Die Wehrpflicht wurde 2011 ausgesetzt, außer zu jammern haben Verbände und Bundesregierung null zustande gebracht. Ich kann diese Begründung nicht mehr hören. Wie wäre es z.B. mal mit einem eigenen Ausbildungscampus?


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