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Heiner Müller (Name von der Redaktion geändert) ist verzweifelt. Erst hatte er ein Qualitätsproblem, denn die Zahl der Kundenbeschwerden war bedrohlich gestiegen. Um alle Kundenanfragen sauber zu beantworten, stockte der Spediteur kurzfristig seine Serviceabteilung mit einigen Teilzeitkräften auf. Als die Zahl der Kundenreklamationen aber nicht sank, sondern sogar noch stieg, ging der Unternehmenschef der Sache auf den Grund und stellte fest: Die Durchlaufzeiten in seinem Lager dauerten mangels Personal schlichtweg zu lange. Also stellte Müller auch im Lager zusätzliche Mitarbeiter ein. Gleichzeitig kam er unzufriedenen Kunden preislich entgegen und setzte damit, wie sich später herausstellte, letztlich eine fatale Spirale in Gang: Die höheren Personalkosten schmälerten seinen Gewinn, während bei ihm gleichzeitig seine Umsätze rapide sanken. Ein Praxisfall, der laut Thomas Henseler von der Unternehmensberatung Logocon in Hannover gar nicht so selten ist. "Oft wird versucht, den Service durch mehr Personal zu verbessern, anstatt die Prozesse zu optimieren", weiß der Berater. Dabei würde ein genauer Blick zum Beispiel enthüllen, dass schon der Entladevorgang und das Einlagern nicht optimal sind. Probleme also, die sich unter Umständen mit einer neuen Software oder effizienterer Flurfördertechnik durchaus lösen ließen. Viele Unternehmer kommen aber gar nicht so weit. Denn die Konzentration auf das Tagesgeschäft überlagert häufig den Blick für strategische Fragen. Externe Berater könnten helfen, solche Dinge zu erkennen und Veränderungen anzustoßen. Doch in den meisten Fällen holen sich gerade Mittelständler erst Hilfe, wenn es zu spät ist, so die Erfahrung verschiedener Unternehmensberatungen. "Im Gegensatz zu Industrie- und Handelsunternehmen haben Speditionen im Mittelstand da eher eine Hemmschwelle", sagt zum Beispiel Henseler. Riskante Zurückhaltung Eine Zurückhaltung, die auch andere Unternehmensberater beobachten. Manche sprechen sogar davon, dass die Zahl der beratungsresistenten Firmen in der Speditionsbranche gestiegen sei. Dort herrsche offenbar häufig noch die Meinung, dass es in den vergangenen Jahren ja auch gut gegangen sei. Ein Verhalten, das schwer zu begreifen ist. Denn bei komplizierten Steuerfragen schalten Firmen ja auch Steuerberater ein. Bei Problemen im Unternehmen dagegen verzichten viele auf externe Hilfe. Und wenn doch, geschieht dies erst auf Druck der Banken. "Viele Unternehmer schätzen die Situation hingegen oft zu lange viel positiver ein, als sie tatsächlich ist", weiß Thomas Born von der ETL Unternehmensberatung in Rostock. Gerade für ältere Firmeninhaber komme der Ruf nach einem Unternehmensberater gar einem Scheitern gleich. Denn sie müssten sich dann eingestehen, dass sie nicht mehr auf alles eine Antwort haben, dass sie Fehlentscheidungen getroffen haben oder - im schlimmsten Fall - sogar selbst Teil des Problems sind. Offen darüber reden möchte kein Unternehmer. Die Konkurrenz soll nicht mitbekommen, dass es der Firma schlecht geht. Auch gibt keiner gerne zu, dass er für seine Entscheidungen fremde Hilfe braucht. Es sind aber auch - teilweise berechtigte - Vorurteile, die abschrecken. Viele Firmenchefs haben das Vorurteil, dass junge Berater in teuren Anzügen Folie für Folie durch Powerpoint hetzen und mit englischen Fachausdrücken beeindrucken wollen. Sollen sich dann diese Junior-Consultants um die Probleme der Firmen kümmern, ist das für viele Unternehmer ein Affront. Außerdem befürchten viele, dass die Jungberater ihren Problemen mit Standardlösungen begegnen. Alles das führt dazu, dass laut einer Allensbach-Umfrage 43 Prozent der mittelständischen Betriebe mit bis zu 250 Mitarbeitern noch nie einen Unternehmensberater eingesetzt haben. Enorme Honorar-Spannbreite Auswahl an qualifizierten Beratungsfirmen gäbe es zuhauf. Im vergangenen Jahr waren allein in Deutschland über 98.000 Unternehmensberater in 15.300 Beratungsfirmen beschäftigt, stellt der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) in seiner jüngsten Markterhebung fest. Neben großen und bekannten Namen wie KPMG, McKinsey, Boston Consulting und Roland Berger tummeln sich auch viele kleine und mittelständische Beratungsfirmen im Markt, die zum Teil auf den Mittelstand allgemein, zum Teil sogar auf die Speditions- und Logistikbranche spezialisiert sind. Und diese sind keine schlechte Wahl, wie zahlreiche Studien von Dietmar Fink, Professor für Unternehmensberatung an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, belegen. Die sogenannten Hidden Champions sind gerade in ihren Spezialgebieten oft kompetenter, teamfähiger, umsetzungsstärker und günstiger als die Top-Berater. Die Berater glänzen nicht mit Prädikatsexamen und Einser-Abschlüssen, haben dafür aber oft einige Jahre in Speditionen oder Logistikbetrieben verbracht. Sie sind daher oft näher an der Praxis und sprechen die gleiche Sprache wie ihre Kunden. Problem indes ist: Der Begriff des Unternehmensberaters ist nicht geschützt und erfordert daher keinerlei Befähigungsnachweise. Deshalb tummeln sich in diesem Bereich zahlreiche Ex-Manager und fallweise sogar gescheiterte Existenzen. Um so wichtiger sei es, empfiehlt Henseler, sich über die Kompetenzen des jeweiligen Beraters und dessen Projekte zu informieren. Stutzig sollte man werden, sagt er, wenn der Berater völlig branchenfremd sei und sofort eine eigene Software oder gar Versicherungen verkaufen wolle. Nach einer aktuellen Umfrage des BDU verlangen die großen, meist internationalen Beratungen bis zu 3750 Euro pro Tag für einen Berater. Bei kleineren Beratungen liegen die Tagessätze dagegen bei durchschnittlich 900 Euro. Die Spannbreite reicht dabei laut BDU von 675 Euro bis 1375 Euro für einen erfahrenen Consultant. Abgerechnet wird in der Regel nach Zeitaufwand. Festpreise kommen eher bei den größeren Beratungsfirmen zum Einsatz und auch Erfolgsmodelle, bei denen die Berater im Erfolgsfall einen Bonus bekommen, sind nicht die Regel. Diesen gibt es vor allem, wenn Kosteneinsparungen oder Umsatz- und Ertragssteigerungen Ziel der Beratung waren. Wertvoller Wettbewerbsvergleich Eine solche betriebswirtschaftliche Analyse ist in den meisten Fällen eher geboten als eine strategische Neuausrichtung des Unternehmens, sagt auch Thomas Born von der ETL Unternehmensberatung. Viele Unternehmer haben immer noch keine Fahrzeug- oder Tourenkostenrechnung. Helfen könne ein Unternehmensberater aber auch, wenn der Inhaber zum Beispiel seine Firma verkaufen wolle. "Meist wenden sich die Inhaber ein bis zwei Jahre vor dem geplanten Ausstieg an einen Berater", weiß Udo Gemein von der U2-Consulting in Sinzig. Dabei könne die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens nach einer Schwachstellenanalyse noch verbessert werden, um am Ende einen besseren Preis zu erzielen. Zudem könnten Berater bei der Suche nach einem geeigneten Käufer helfen. Dieser Blick von außen ist in der Regel Mehrwert. Denn aus ihrer Praxis kennen Berater auch andere Firmen und können so schon nach einem kurzen Blick auf das Unternehmen sagen, wo es hakt und wie der Betrieb im Vergleich zu seinen Wettbewerbern steht. Häufig haben sie gleiche oder ähnliche Situationen in anderen Unternehmen vorgefunden und - im Idealfall - gelöst. Darum sollte man bei der Auswahl eines Beraters auch auf die Branchenerfahrung achten. "Ist man in der Lage, anhand von Praxisbeispielen aufzuzeigen, was man erreichen kann, ist die Aufmerksamkeit schnell da", weiß Unternehmensberater Frank Klix aus Krefeld. Es müsse ja nicht gleich die umfassende Strategieberatung sein, sagt er. Oft beginne die Zusammenarbeit mit einem kleinen Beratungsprojekt. Denn viele Maßnahmen ließen sich ohne großen finanziellen Aufwand umsetzen. Den größten Bedarf gebe es ohnehin im betriebswirtschaftlichen Bereich. Transparenz bei den Zahlen, die Einrichtung eines Frühwarnsystems und die Verwendung von Steuerungs- und Planungsinstrumenten fehlten in vielen Unternehmen nach wie vor noch. Die Kosten für den Berater sieht Henseler aber nicht als Hauptproblem. Vor allem, wenn das Einsparpotenzial schnell sichtbar werde, das sich oft mit einfachen Maßnahmen realisieren lasse. Um zu verhindern, dass Berater zu spät eingeschaltet werden, empfiehlt Klix, mit dem Steuerberater die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) oder die Bilanz regelmäßig durchzugehen. Denn aus diesen Auswertungen lassen sich Klix zufolge sowohl die Entwicklungen der Liquidität herauslesen als auch die größten Kostentreiber. Um zu erkennen, ob der Einsatz eines externen Beraters sinnvoll ist, rät Klix neben den Finanzkennzahlen auch das Arbeitsklima, die Schadensquote und Kundenzufriedenheit im Blick zu haben. Lassen sich bei diesen Werten starke Veränderungen feststellen, so der Berater, müsse gehandelt werden. "Viele Unternehmer machen aber den Fehler, gerade in den guten Zeiten kein Geld in die Beratung zu investieren", sagt er. Dabei könne man mit dem frühzeitigen Einsatz externer Hilfe, auch im Gespräch mit Banken, Punkte sammeln, weiß Logocon-Berater Henseler. Es zeige, dass ein Firmenchef eine nachhaltige Unternehmensführung betreibe. Ob eine Beratung am Ende erfolgreich ist, hängt aber in erster Linie auch von den eigenen Mitarbeitern ab. "Entscheidend ist am Ende die Umsetzungsbereitschaft", sagt Henseler. Gerade daran scheitert es aber häufig. Denn Unternehmensberatungen haben in der Belegschaft oft einen schlechten Ruf. Noch ist dort das Vorurteil, dass nur Personal abgebaut werden soll, weit verbreitet. Das führt bei Mitarbeitern zu Widerständen, die selbst für die Berater nur schwer zu überwinden sind. Aber auch an der Führungsstärke hapert es oft. "Viele Unternehmer sind nicht bereit, Änderungen durchzuführen, aus welchen Gründen auch immer", weiß Henseler. VR-Tipp Fördermittel für die Beratung Manche Beratungsleistungen werden sogar staatlich gefördert. So zahlt die KfW-Bank mittelständischen Unternehmen Zuschüsse für Energieberatung, zu einer qualifizierten Beratung für Unternehmen in Schwierigkeiten oder zur Unternehmensnachfolge. Bei der Turn-Around-Beratung etwa zahlt die KfW bis zu 75 Prozent Zuschuss zu einer tiefer gehenden Unternehmensberatung für Unternehmen in Schwierigkeiten. Eine vorgeschaltete Schwachstellenanalyse, runder Tisch genannt, wird sogar komplett bezahlt. Dafür erhalten Unternehmer dann eine Beratung zu wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Fragen. Qualifizierte Barater lassen sich über eine Datenbank im Internet leicht finden. Weitere Infos unter https://beraterboerse.kfw.de. ah Checkliste Kriterien für die Beraterauswahl Der Beruf des Unternehmensberaters ist in Deutschland nicht geschützt oder durch eine Berufsordnung geregelt. Unternehmensberater, Wirtschaftsberater, Betriebsberater oder ähnliches kann sich also jeder nennen - unabhängig von seiner Qualifikation und Erfahrung. Der Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU) rät daher, folgende Kriterien bei der Beraterauswahl zu beleuchten und zu vergleichen:- Erfahrungsschatz des Beratungsunternehmens- Qualität der überprüfbaren Referenzen- Branchenspezifische und -übergreifende Kenntnisse- Fachliche Qualifikation der Berater- Persönliche Überzeugungskraft der Berater- Sympathie und Vertrauensbildung zu dem vorgesehenen Projektteam- Problemverständnis der Berater- Fundiertes und sachgerechtes Angebot- Terminplanung (Detaillierung, Abschätzung des Zeitrahmens)- Vorschläge zur Projektorganisation (Teambildung)- Honorarbildung und Nebenkosten- Zahlungstermine- Preis-Leistungs-Verhältnis ahQuelle: BDU

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