Berlin. Die Zeit der markigen Sprüche ist bei Daimler zwar vorbei. Das Selbstbewusstsein scheint beim schwäbischen Premiumhersteller nach einem Horrorjahr mit tiefroten Zahlen aber wieder zurück zu sein. Daimler habe seine Hausaufgaben gemacht, rief Konzernlenker Dieter Zetsche den 5000 Aktionären in Berlin zu und stellte für 2010 Jahr wieder profitables Wachstum in Aussicht. Auf dem Weg zurück in die Gewinnzone hat der Manager im Konzern kräftig aufgeräumt: Kosten wurden massiv gestrafft, Ballast wie die Beteiligung am indischen Autobauer Tata über Bord geworfen und die Dividende für die Aktionäre gestrichen. Wenn auch die Existenz des Unternehmens nie in Gefahr war, wie Zetsche betont: Dem Manager ist offenbar klar geworden, dass er ohne Nachhilfe das Klassenziel nicht erreichen kann. Bereits vor dem jüngst vereinbarten Bündnis mit Renault-Nissan hat der Autobauer die Nähe zu verschiedenen Partnern gesucht, um Schwachstellen im eigenen Konzern auszubessern. Daimler kaufte sich beim anfänglich belächelten kalifornischen Elektro-Sportwagen-Pionier Tesla ein, um herauszufinden, wie sich die Elektrifizierung des Antriebs in der Praxis umsetzen lässt. Bei den Batterien, einem Kernstück der künftigen Antriebe, wollte sich Zetsche nicht auf Zulieferer verlassen. Stattdessen wurde mit dem Industriekonzern Evonik ein Gemeinschaftsunternehmen für die Entwicklung und Produktion der Stromspeicher gegründet. Die Kompetenz für die Zellen bringt dabei der Partner mit. Bei der viel gepriesenen Zukunftstechnologie für Elektroautos setzen die Stuttgarter künftig auf die Erfahrungen des chinesischen Hersteller BYD. Die Chinesen haben schon fertige Elektrowagen im Programm und liefern Batterien, etwa an den Konkurrenten Volkswagen. Da das Prinzip offenbar greift, erweist sich Zetsche auch auch bei der nächsten offenen Flanke als gelehriger Musterschüler: Dem heiß umkämpften Kleinwagen-Segment. Von Renault wollen die Stuttgarter nun lernen, wie Klein- und Kompaktwagen profitabel gefertigt werden können. Dazu werden gemeinsam eine Plattform für die künftige Smart- Generation entwickelt und Motoren ausgetauscht. Ergebnis sollen höhere Stückzahlen, besser ausgelastete Werke und niedrigere Entwicklungskosten sein. Wann diese Kooperationen aber tatsächlich zu Gewinnbringern werden, ist offen. Entsprechend skeptisch äußern sich daher auch die Aktionäre auf der Hauptversammlung: Nicht nur die ausgefallene Dividende sorgt für kollektives Murren. Sie legen Zetsche & Co die neue Partnerschaftsliebe eher als Führungsschwäche aus: "Daimler ist nicht fähig, diese Mammutaufgabe allein zu meistern", lautet eine viel geäußerte Kritik. Zudem fürchten viele Anteilseigner einen Imageverlust für den Stuttgarter Premiumhersteller durch die Kooperation mit Renault-Nissan. Dem Daimler-Management bleibt daher vorerst nur, weiter vehement auf die Kostenbremse zu treten. Fünf Milliarden Euro pro Jahr sollen rausgeschwitzt werden, lautet die Vorgabe von Finanzchef Bodo Uebber. Ob Zetsche bei seinem Kurs den traditionell äußerst konfliktfreudigen Betriebsratschef Erich Klemm auf seiner Seite hat, ist derzeit schwer einzuschätzen. Obwohl viele Daimler-Schaffer wegen der neuen Allianz um ihre Jobs fürchten und am Mittwoch auf einer Betriebsversammlung ihrem Ärger Luft machten, gibt es keine Kampfansagen des Vize-Aufsichtsratschefs. Klemm befindet sich praktisch im Wahlkampf und ist dementsprechend vorsichtig - am kommenden Dienstag steht seine Wahl zum Gesamtbetriebsratsvorsitzenden an. (dpa)
Zetsche räumt bei Daimler auf
Zetsche: 2010 profitables Wachstum bei Daimler durch Kostenstraffung / Aktionäre sehen Partnerschaften kritisch