Y-Trasse

Y-Trasse Der große Sprung bleibt aus Die Deutsche Bahn hat der Politik verschiedene Alternativen zur Y-Trasse vorgestellt. Doch die prognostizierten Kosten und Zeitpläne zeigen: Es ist noch ein steiniger Weg bis zu einer Kapazitätserweiterung. Ist dies ein neues Stück aus dem Tollhaus Bundesrepublik, die sich so unheimlich schwer tut mit dem Bau neuer Verkehrsprojekte? Erst Stuttgart 21, dann der neue Berliner Flughafen. Reiht sich jetzt die Y-Trasse in diese wenig ruhmreiche Geschichte deutscher Bauvorhaben ein? Seit 1992 wird an der Y-Trasse geplant Zunächst mal muss man festhalten: So neu ist dieses Stück gar nicht. Bereits 1992 gab es bei der Bahn Planungen für dieses Y ab Hannover, das sich mitten in Niedersachsen teilt und nach Hamburg und Bremen abzweigt. Immerhin, 2002 wurde das Raumordnungsverfahren genehmigt, die erste Vorstufe zum Bau solcher Großprojekte. Jetzt müsste noch die Hürde Planfeststellung genommen werden, bevor die Bagger kommen dürfen. Doch seit 2002 hat sich nicht mehr viel getan. Umso gespannter blickten die Beteiligten auf einen Termin vor zwei Wochen, als der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn (DB) für Niedersachsen und Bremen, Ulrich Bischoping, den Bundes- und norddeutschen Verkehrspolitikern verschiedene Varianten vorstellte, wie man die drohenden Engpässe zwischen Hannover und den beiden norddeutschen Seehäfen bereinigen könnte. Was sich zunächst gut anhörte, endete für die Seehäfen eher ernüchternd: Eine Realisierung der Y-Trasse oder der von Bischoping vorgeschlagenen Alternativen ist vor 2025 so gut wie ausgeschlossen. Selbst eine Inbetriebnahme vor 2030 ist eher unwahrscheinlich. Das ist keine gute Kunde für die norddeutschen Seehäfen. Denn die aktuelle Seeverkehrsprognose des Bundesverkehrsministeriums aus dem Jahr 2013 geht davon aus, dass sich der Containerumschlag in Hamburg und Bremerhaven zwischen 2010 und 2030 mehr als verdoppelt. Hinzu kommen weitere 3,4 Millionen TEU (20-Fuß-Standardcontainer) aus Wilhelmshaven. Ein Teil dieser Mengen soll sicher auch auf der Schiene abgefahren werden. Doch warum dauert es überhaupt so lange, solche Trassen zu bauen? „Weil wir für alle Neubauprojekte zunächst ein Raumordnungsverfahren und danach ein Planstellungsverfahren durchlaufen müssen, die beide etwa fünf Jahre beanspruchen könnten“, sagte Bischoping gegenüber der VerkehrsRundschau. Dazu kommen nochmals mehrere Jahre für den Bau der Trassen, macht zusammen mindestens 15 Jahre. Selbst die Maßnahme mit dem Ausbau der vorhandenen Trassen zwischen Maschen und Uelzen und weiter bis nach Celle ist laut Bischoping nicht schneller realisierbar, weil dazu eine Autobahn verlegt werden muss – und dafür sei wieder ein Raumordnungs- und ein Planfeststellungsverfahren notwendig. Bischoping wollte sich nicht dazu äußern, welche der vorgestellten Varianten die DB bevorzugt: „Wir haben alle ergebnisoffen geprüft. Die verkehrlichen Bedürfnisse in beide Richtungen, nach Bremen und Hamburg, werden mit allen Maßnahmen erfüllt.“ Einzige Ausnahme: die Amerika-Linie (siehe Grafik unten). Die Bahn wolle sich das Recht nehmen, sich erst dann zu positionieren, wenn alle Daten und Fakten vorliegen. „Das muss nicht die günstigste oder teuerste Variante sein, sondern nach den Dialogen mit den Beteiligten gehen wir nach Geeignetheit“, sagte Bischoping. Scheitern die Alternativen am Geld? Für das klassische Y liegt zwar schon die Genehmigung für die Raumordung vor. Doch die läuft 2016 aus. „Nach derzeitigem Stand halte ich es für ziemlich unwahrscheinlich, dass wir bis dahin eine Entscheidung haben, welche Variante weiter verfolgt werden soll und dazu einreichungsfähige Planfeststellungsunterlagen erstellt haben.“ Die Folge wäre: Die Genehmigung für die Raumordnung verfällt und das Procedere dafür müsste von Neuem beginnen. Keine großen Chance gibt Marian Gaidzik, Senior Partner bei der auf den Schienenverkehr spezialisierten Unternehmensberatung Hacon, der klassischen Y-Trasse. Zum einen sei sie zu teuer. Er zählt die Verpflichtungen auf, die derzeit schon mehr oder minder fest bestehen: „Stuttgart 21, die Neubaustrecke zwischen Nürnberg und Berlin, das Rheintal, die Anbindungen an den Brennerbasistunnel und an die Fehmarnbeltquerung.“ Für diese Großprojekte sei in den kommenden Jahren so viel Geld erforderlich, dass kaum etwas für andere Projekte übrig bleibe: „Woher sollen die 2,9 Milliarden Euro kommen und dann noch für eine Güterverkehrsstrecke?“ Zudem glaubt er, dass der Bau zu lange dauern werde, weshalb er den Ausbau der Bestandsstrecken zwischen Hannover und Hamburg favorisiert. „Die Strecken zwischen Hannover und Hamburg/Bremen sind heute schon mehr oder weniger ausgelastet. Wir brauchen also Lösungen, die sich schnell umsetzen lassen“, fordert Gaidzik. „Wir haben die Häfen bislang entsprechend ihren Anforderungen bedient“, widerspricht Bischoping der Behauptung, dass es schon heute im Hafenhinterlandverkehr auf der Schiene Engpässe gäbe. Nur bei schlechter Witterung habe es gravierende Probleme gegeben. Eine Verdoppelung der Mengen sei auf den derzeitigen Trassen allerdings schwierig dazustellen, gesteht er. Losgelöst von der Y-Debatte würden Baumaßnahmen zwischen Nienburg und Wunstorf diskutiert. Zudem würde gerade zwischen Stelle (bei Hamburg) und Lüneburg das dritte Gleis gebaut. Und die Bahn habe das Baurecht von Uelzen nach Stendal, sodass dort nach Fertigstellung durchgehend zweigleisig gefahren werden kann – wenn auch noch nicht komplett elektrisch. „Wir haben Alternativen. Ob es reicht, weiß ich jedoch zum heutigen Zeitpunkt nicht“, sagte Bischoping. Lies befürwortet die Amerika-Linie Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) lässt keine Zweifel aufkommen, welche Variante er bevorzugt: „Gerade bei der Amerika-Linie, die als Trasse ja bereits vorhanden ist, ist ein zügiger Ausbau, der schon eine spürbare Entlastung im Güterverkehr bringen würde, möglich“, sagte Lies. Die Bahn wertet diese Variante hingegen nicht als eine vollständige Engpassauflösung. Sie sei nur als „zusätzliche Maßnahme“ denkbar. Denn für Hamburg ist sie keine Option. „Ich sehe die Y-Trasse oder eine der Alternativen in erste Linie als Trasse für den Güterverkehr“, ergänzte Lies. Zumindest in diesem Punkt stimmt Bischoping ihm zu. ❙❚■ Michael Cordes Steigende Containermengen in den Häfen drohen das Schienennetz zu verstopfen „Ich sehe die Y-Trasse oder eine der Alternativen in erste Linie als Trasse für den Güterverkehr“ Olaf Lies, Niedersächsischer Verkehrsminister (SPD) Von 1,4 bis 2,9 Milliarden Euro: Billig wird es nicht ■ Die klassische Y-Trasse: Für Großteile der Strecken ist das Raumordnungsverfahren bereits durchlaufen, allerdings läuft es 2016 aus; Kosten: 2,9 Milliarden (Mrd.) Euro ■ Schienengüterverkehrs-Y: Die Bestandsstrecke Soltau-Langwedel müsste nur ausgebaut werden; Neubau zwischen Celle und Maschen; Kosten: 2,5 Mrd. Euro ■ / ■ Ausbau von Bestandsstrecken: Der Ausbau ist mit einer hohen Belastung der Betroffenen verbunden. Es müssten zudem eine Autobahn und Gewerbeansiedlungen verlegt werden; Kosten: 2,5 Mrd. Euro ■ / ■ reduzierter Ausbau von Bestandsstrecken: Im Vergleich zur vorherigen Variante Verzicht auf den Ausbau der Strecke Uelzen – Celle; auch hier Verlegung einer Autobahn und von Gewerbeansiedlungen; Kosten: 1,7 Mrd. Euro ■ / ■ Neubaustrecke Ashausen (unweit von Maschen) - Unterlüß: Verbindung nach Uelzen ermöglicht die Anbindung an den Ostkorridor; Kosten: 2,0 Mrd. Euro ■ / ■ Neubaustrecke Ashausen – Suderburg: Es profitiert vor allem der Hamburger Hafen; Kosten: 1,4 Mrd. Euro ■ „Amerikalinie“ (Langwedel – Uelzen): Nur als zusätzliche Maßnahme denkbar, da keine vollständige Engpassauflösung; Kosten: 1,4 Mrd. Euro ■ bestehende Anschlussstrecken cd

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