Berlin. Die ersten Reaktionen von Wirtschaftsverbänden und der politischen Vertretern fällt gemischt aus. Während Transportverbände durch die Ausweitung der Maut auf 7,5-Tonner zusätzliche Belastungen des Wirtschaftsverkehrsbefürchten, applaudiert die Bahnlobby weil künftig auch externe Umweltkosten in die Bemautung einbezogen werden sollen. In vielen Statements wurde betont, dass eine seriöse Bewertung der vorgestellten Pläne nur bedingt möglich sei, weil viele Details zur künftigen Ausgestaltung der Maut noch unbekannt seien. Nach den Plänen des Ministers soll die LKW-Maut zum 1. Juli 2015 auf zusätzlichen 1000 Kilometern Bundesstraße kommen. Zudem sollen schon LKW ab 7,5 Tonnen statt wie bisher ab zwölf Tonnen die Gebühr zahlen.
BGL fürchtet zusätzliche Belastung des Wirtschaftsverkehrs
Durch die von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt angekündigte Ausweitung der LKW-Maut auf Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen Gesamtgewicht und auf weitere 1.000 Kilometer Bundesstraßen werde vor allem der regionale Wirtschaftsverkehr und hier vor allem deutsche Unternehmen betroffen sein, fürchtet der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Im Gegensatz zu Bundesautobahnen, wo fast 40 Prozent der mautpflichtigen Fahrzeuge ein ausländisches Kennzeichen trügen, seien auf Bundesstraßen vor allem in Deutschland zugelassene Fahrzeuge im regionalen Wirtschaftsverkehr tätig. BGL-Präsident Adalbert Wandt forderte angesichts geringer Margen der Transportunternehmen eine Überwälzung der Mehrkosten an die Verbraucher.
In der Ankündigung des Ministers sieht Wandt nur einen „ersten Schritt auf dem Wege einer viel weitergehenden Koalitionsvereinbarung.“ Wirtschaft und Verbraucher müssten sich auf neue Belastungen einstellen. „Die einfache Vorstellung mancher Bürger, der LKW zahlt für alle und alles, springt viel zu kurz und ist unrealistisch,“ so Adalbert Wandt.
Der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) erwartet nunmehr eine schnelle Veröffentlichung des Wegekostengutachtens. Die Ausdehnung der Mautpflicht auf alle Bundesstrassen sieht der BWVL weiterhin sehr kritisch, da hierdurch die regionale Wirtschaftsstruktur negativ beeinflußt würde. Vierspurige Bundesstrassen mit Autobahnanbindung stellen aus Sicht des BWVL die Grenze der Bemautung dar. Eine einseitige entlastung ausländischer LKW-Halter und des Transitverkehrs würde die Wettbewerbssituation deutscher Unternehmer weiter verschlechtern.
Für den Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) sind die Mautpläne keine Überraschung. Angesichts der sich aus dem Wegekostengutachten ergebenden beträchtlichen Mautmindereinnahmen bleibe dem Minister kaum eine Wahl, als die Abgabenlast umzuverteilen, schreibt der DSLV in einer Mitteilung. Angesichts der Ankündigung Dobrindts, entstehende Maut-Mindereinnahmen durch Mittel aus dem Bundeshaushalt zu schließen, gibt sich der DSLV skeptisch: Es sei absehbar, dass im aktuellen Haushalt keine weiteren Reserven zur Verfügung stehen. „Wir sind deshalb skeptisch, ob es bei den geplanten Schritten bleiben wird.“, kommentiert DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster die Pläne des Bundesverkehrsministeriums und prognostiziert weiter: „Wenn der Minister seine Ankündigung wahr macht und die PKW-Maut einführt, wird die dann entstehende ‚Maut-Lücke‘ für Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen auch schnell geschlossen.“
„Speditionen, Transportunternehmen und Verlader erwarten jetzt konkrete Aussagen zu den zukünftigen Mautsätzen, vor allem auch zu der notwenigen Spreizung zwischen Euro-5- und Euro-6-Fahrzeugen“, machte DSLV-Präsident Matthias Krage deutlich. Die Wirtschaft brauche jetzt verlässliche Daten, auf deren Basis sie Logistikkosten ermitteln könne. Dass Mautkosten nun sinken, dürfe nicht automatisch unterstellt werden. Je nach Fahrzeugeinsatz und Region werden die Transportpreise anziehen, prognostiziert Krage.
Der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) Anton F. Börner, sieht in der Ausweitung der LKW-Maut „eine weitere kräftige Belastung für die Unternehmen“, die dem Wirtschaftsstandort Deutschland schade. Bereits die Ausweitung der LKW-Maut auf mehrstreifige Bundesstraßen habe bei vielen Logistikunternehmen zu Mehrkosten in fünfstelliger Höhe geführt, rechnet der BGA vor.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer, sagte der „Passauer Neuen Presse“, es wirke ratlos, wenn der Minister die Abgabe nun auf weitere LKW-Gewichtsklassen „beliebig ausweite“. Dies reiche keinesfalls aus, um die insgesamt rückläufigen Einnahmen aus der Maut aufzufangen, sagte der DIHK-Präsident der Zeitung.
SPD besteht auf Ausweitung der Maut auf alle Bundesstraßen
Der Koalitionspartner SPD besteht auf die Ausdehnung der LKW-Maut auf alle Bundesstraßen. Die geplanten Erweiterungen reichten nicht aus, um die geringeren Maut-Einnahmen zu kompensieren, sagte der Verkehrsausschuss-Vorsitzende, Martin Burkert (SPD). SPD-Fraktionsvize Sören Bartol erwartet, dass Dobrindt zügig ein Konzept zur Ausweitung der LKW-Maut auf alle Bundesfernstraßen vorlege. „So ist es im Koalitionsvertrag mit der Union vereinbart.“
Rückendeckung bekommt Dobrindt aus Baden-Württemberg:Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Bündnis 90/Grüne) sicherte seinem Kollegen im Bund Unterstützung zu und erklärte: „Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung zu einer stärkeren Nutzerfinanzierung der Infrastruktur. Gerade der Güterverkehr, der am meisten Straßenschäden verursacht, muss auch stärker zur Kasse gebeten werden.“
Valerie Wilms (Bündnis 90/Die Grünen), Obfrau im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur weist darauf hin, dass die Bundesregierung mit der angekündigten Ausweitung der LKW-Maut vom Versprechen im Koalitionsvertrag abweiche. Dort sei von der Ausweitung der LKW-Maut auf alle Bundesstraßen die Rede.
Applaus von der Bahnlobby
Die Allianz pro Schiene begrüßt die Ankündigung Alexander Dobrindts, die externen Kosten des LKW-Verkehrs künftig zumindest teilweise in die LKW-Maut einzubeziehen. Die Einbeziehung der Lärm- und Luftverschmutzungsfolgekosten sei ein Schritt in die richtige Richtung und „ein überfälliger Beitrag zu mehr Wettbewerbsgerechtigkeit im Güterverkehr“, sagte Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege. (diwi/dpa)