"Wir wollen unsere Kräfte fokussieren"

Ihr Unternehmen ist einer der großen Automobillogistiker. Was ändert sich für Mosolf, wenn der Diesel-Antrieb zum Auslaufmodell wird? Letztlich muss sich unser Unternehmen bei Neufahrzeugen auf sämtliche alternative Antriebsarten einstellen. Denn noch weiß keiner, welche Antriebsart sich durchsetzen wird, und ob der Dieselantrieb vielleicht doch noch verbessert werden kann. Als Logistikdienstleister müssen wir also, weil wir auch Lagerhaltung anbieten, für jede Antriebsart - Elektro-Antrieb, Brennstoffzelle oder auch Wasserstoff - die entsprechende Infrastruktur vorhalten. Sonst können wir die Fahrzeuge nicht warten. Und natürlich müssen wir unsere Mitarbeiter für jeden Antrieb schulen. Das ist ein großes Investitions- und Schulungsprogramm. Gehen Sie mittelfristig eher von sinkenden oder steigenden Transportvolumen aus? Der Neuwagen-Markt in Deutschland war immer relativ stabil. Er ist in den vergangenen Jahren zwar nicht dramatisch gewachsen, aber immer um zwei bis drei Prozent. Ob sich das dann um zwei oder drei Prozent nach oben oder unten entwickelt, ist auch nicht entscheidend. Der deutsche Markt wird sich zumindest in den nächsten fünf Jahren nicht dramatisch verändern. Ist das in der Gebrauchtwagenlogistik auch so? Nein, da sehen wir in den kommenden Jahren deutliche Zuwächse. Das hängt auch mit dem Internet zusammen. Denken Sie zum Beispiel daran, wie sich unser Kunde, die Gebrauchtwagen-Onlineplattform Auto1, entwickelt hat. Vor fünf Jahren war das ein Start-up, heute werden über Auto1 jährlich 500.000 Fahrzeuge verkauft. Diese Umbrüche kommen. Und diese betreffen das Gebrauchtwagengeschäft. Für uns bedeutet das ein enormes Potenzial. Denn Auto1 wächst jedes Jahr um 15 bis 20 Prozent. Ist das der Grund, warum Sie soeben Autokontor Bayern (AKB) gekauft haben? Nein. Maßgeblicher Grund war, dass Europa für uns der Heimatmarkt ist, in dem wir stark sein wollen. Dort wollen wir unser Netzwerk weiter ausbauen. Und unsere Stärke ist der Landverkehr. Das ist unser Fokus und kann landverkehrsseitig bis nach China gehen - Stichwort neue Seidenstraße. Besonders wichtig ist für uns Deutschland. Wir haben uns deshalb schon in der Vergangenheit an einigen Firmen beteiligt. Zum Beispiel an der Sächsische Autotransport und Service (SAT) mit 50 Prozent und an der Allgemeine Fahrzeugübernahme-Gesellschaft (AFG) mit 22 Prozent, die wir dann später auf 100 Prozent aufgestockt haben. Und parallel haben wir unsere Beteiligungen in Übersee verkauft. Brauchten Sie Geld für Ihre Zukäufe oder mussten Sie einsehen, dass Sie als Mittelständler gegenüber Branchengrößen wie DHL und DB Schenker in der globalen Automobillogistik nicht mithalten können? Nein, nein! Die Übersee-Aktivitäten zählten einfach nicht zu unserer Kernkompetenz. Da wir unsere Kräfte fokussieren wollen, haben wir desinvestiert. Warum haben Sie sich von Ihrer Beteiligung in Frankreich getrennt - das passt ja nicht ganz zu Ihrer Europa-Aussage? Richtig ist, dass wir unsere Anteile an Tramosa, einem Joint-Venture mit dem spanischen Logistiker Tradisa, verkauft haben. Eigentlich hatten wir vor, diese auf 100 Prozent aufzustocken. Da dies die Spanier aber nicht wollten, haben wir eben unsere Anteile verkauft. Wir ziehen uns damit aber nicht aus Frankreich zurück. Wir sind nach wie vor mit drei 100-Prozent-Töchtern in Frankreich präsent und sogar dabei, unser Netzwerk in Frankreich zu erweitern - auch durch weitere Zukäufe. Nochmals zu AKB: Welche Vorteile versprechen Sie sich von der Übernahme? Wir kommen traditionell aus dem Neuwagen-Geschäft, während AKB zu 100 Prozent Logistik im Gebrauchtwagen-Geschäft betreibt. Wir sind natürlich auch in diesem Segment tätig, hatten aber den Schwerpunkt mehr auf die Ein- und Aussteuerung zum Beispiel von Mietfahrzeugen gelegt. Dank AKB erweitern wir nun das Portfolio in der Gebrauchtwagen-Logistik deutlich. Wie wollen Sie die AKB-Aktivitäten in Ihr Mosolf-Netz integrieren? Mosolf hat in Deutschland heute rund 25 Standorte. Durch AKB kommen neun weitere Standorte hierzulande dazu. Die AKB-Standorte sind mit unseren weitgehend komplementär. Nur an einem Standort in Ostdeutschland, wo wir mit vier Standorten vertreten sind, gibt es eine Überschneidung. Das ist aber kein großes Thema. Der betreffende Standort ist nicht groß. Wenn die Geschäftsbereiche Neuwagen- und Gebrauchtwagen-Logistik zunehmend verschwimmen, getrieben durch das Internet: Was verändert sich da gerade, und vor allem, was bedeutet das für Sie? Das bisherige Geschäftsmodell sah so aus, dass es den Produzenten gab, also den OEM, sowie die Autohändler, die die neuen Fahrzeuge verkauft haben und die gebrauchten Fahrzeuge in Zahlung genommen haben. Traditionell haben also die OEMs die Fahrzeuge an ihre Importeure verkauft, die diese an die Händler vertrieben, die diese dann an den Endverbraucher verkauft haben. Über das Internet ist es heute dagegen möglich, dass ein Endverbraucher sein Fahrzeug über die Plattform konfiguriert und es direkt bestellt. Wie dieses dann ausgeliefert wird, ob über den Händler, die Niederlassung oder direkt vom Hersteller - das legt der Hersteller fest. Und das verändert die Rolle aller in der Wertschöpfungskette - auch unsere Rolle als Dienstleister. Inwiefern? Einige neue Hersteller wie Borgward haben schon angekündigt, dass sie ihre Fahrzeuge direkt an den Endverbraucher unter Umgehung des Handels verkaufen wollen. Das verändert auch unsere Rolle als Logistikdienstleister. Denn wir übernehmen dann auch Teile des Service-Prozesses des Handels. Dazu ein Beispiel: Früher hat ein Autohändler das Fahrzeug an den Endverbraucher ausgeliefert, ihm einen Blumenstrauß überreicht, mit dem Kunden die Probefahrt gemacht. Vielleicht hat er zuvor diverse Kundendienst-Aufgaben am Fahrzeug erbracht. Alle diese Themen können auch wir als Dienstleister übernehmen. Mosolf wird also zum Autohändler? Klares Nein! Wir werden nie Händler sein und nie als Konkurrenz zu diesen auftreten. Das ist die rote Linie, die wir nicht überschreiten. Wir können uns aber vorstellen, den Serviceprozess zu übernehmen beziehungsweise den Handel vor Ort zu unterstützen. Zum Teil machen wir das schon. Außerdem glauben wir, dass sich durch das Internet der Verkaufsprozess von Autohändlern verändern wird. Um neue Fahrzeuge zu präsentieren, wird man künftig mehr auf Pop-up-Store-Konzepte setzen, die aktionsbedingt in einer Stadt für ein, zwei Wochen eröffnet werden. Das sind Aufgaben, die wir organisieren können. Wir bleiben also Dienstleister. Nur werden unsere Aufgaben durch die Zusatzwünsche unserer Kunden vielfältiger werden. Apropos Trends - Welche Zukunft hat der Diesel und welcher alternative Antrieb wird sich durchsetzen? Das wüsste ich auch gerne (lacht). Keiner weiß, welche Antriebsart sich langfristig mit welchem Prozentsatz durchsetzt. Es weiß bislang auch keiner, ob Themen wie Eigentum und Leasing Bestand haben, oder ob sich Mobility- oder Carsharing-Modelle durchsetzen. Fest steht nur, dass solche Themen unsere Rolle und unsere Aufgaben als Logistikdienstleister verändern werden. Es wird in Zukunft unterschiedliche Verkaufsprozesse geben - sowohl den traditionellen Weg als auch neue Verkaufsprozesse, also über Internetplattformen. Von welchen OEMs wissen Sie schon heute, dass sie den Handel umgehen und auf Direktvertrieb im Internet setzen werden? Keiner will den Autohandel umgehen. Die großen Qualitäts-Hersteller haben ja auch eigene Händler-Netze. Jeder OEM will dies im Zusammenspiel mit dem Autohandel umsetzen. Ob das klappt, ist eine andere Frage. Letztlich geht es sowieso nicht um die Frage, ob man als OEM den Handel umgeht, sondern wie man wettbewerbsfähig bleibt und die Wünsche der Kunden bedient. Und dafür muss man gemeinsam Lösungen finden. Für uns heißt das, dass auch wir neue Dienstleistungen entwickeln müssen. Wie viel Umsatz hat Mosolf im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftet? 2017 lag unser konsolidierter Gesamtumsatz inklusive der SAT-Aktivitäten bei 350 Millionen Euro Umsatz. Im Moment dürften wir damit als Automobillogistiker auf Platz drei oder vier im europaweiten Ranking liegen. Fragen Sie mich jetzt aber nicht, wann wir die Nummer eins sein wollen! (lacht). Das ist für uns nicht entscheidend. Wir wollen nur eines: Qualitätsführer sein! Dann verraten Sie uns, wie hoch Ihre Ebit-Rate in 2017 war. Das werde ich nicht tun (lacht). Nur so viel: Unser Vorsteuer-Ergebnis (EBT) lag in 2017 bei deutlich über vier Prozent. Aber Ihre Ebit-Rate ist schwarz? Natürlich! Aber dank der Digitalisierung werden wir sicher noch mehr Effizienz heben können, weil wir bessere Informationen von den Werken und unseren Geschäftspartnern erhalten, die uns helfen unsere Planungsprozesse weiter zu verbessern. Dadurch können wir zum Beispiel unsere Leerkilometer abbauen. Von welchen Zahlen gehen Sie in 2018 aus? Wenn Sie die Aktivitäten der AKB einrechnen, die wir Anfang 2018 übernommen haben, sind 400 Millionen Euro Umsatz eine realistische Größe. Planen Sie jetzt noch weitere Zukäufe? Die großen Übernahmen haben wir gemacht. Als Mittelständler muss man ja auch an seine Finanzkraft denken. Wir wollen da nicht zu hohe Risiken eingehen. Kleinere Zukäufe sind aber immer möglich. Auf mittlere Sicht sehen wir noch Wachstumspotenzial in Südosteuropa. Ob wir dann da zukaufen, wird man sehen. Unser Ziel muss ein Mosolf-Netzwerk in Europa sein, das sich an den Bedürfnissen unserer Kunden ausrichtet - fallweise vielleicht auch über Kooperationen. Was ist der wichtigste Trend in der Automobillogistik, auf den Sie sich einstellen? Ganz klar die Digitalisierung. Entscheidende Fragen, die sich hier für uns stellen: Wie wird sich mittelfristig der Vertrieb gestalten? Welche Rolle werden künftig die OEMs spielen? Werden sie zum Beispiel nur noch Fahrzeuge produzieren und das Vertriebsgeschäft großen Handelsorganisationen überlassen? Welche neuen Spieler treten im Automobilsegment künftig auf, und vor allem, welche Rolle wird Mosolf in Zukunft spielen? Was ist das wichtigste Projekt, das derzeit auf Ihrem Schreibtisch liegt? Das ist das Thema alternative Antriebe. Damit setze ich mich im Moment sehr stark auseinander. Ich muss das Thema verstehen. Natürlich, weil ich für unsere eigenen Fuhrparks Investitionsentscheidungen treffen muss. Vor allem aber, weil wir neue Geschäftsfelder rund um das Thema alternative Antriebe entwickeln wollen. Und ich verrate Ihnen eines: Die Elektromobilität überzeugt mich aktuell am wenigsten, weil die Reichweite nicht da ist. Auch die CO2-Bilanz fällt nicht so positiv aus, weder beim Pkw noch beim E-Lkw. Vor allem, wenn Sie den Prozess der Produktion von Lithium-Batterien einbeziehen. Und den Oberleitungs-Lkw sehe ich überhaupt nicht. Alles was in Richtung LNG und Wasserstoff geht, erachte ich da für zielführender. Wie wichtig ist für Sie angesichts des Fahrermangels überhaupt noch der Lkw und welche Bedeutung hat für Sie die Schiene? Wir haben zwar insgesamt 350 eigene Eisenbahn-Waggons. Im Vergleich zu ARS Altmann, CAT, DB Schenker oder auch zu Gefco ist das noch relativ wenig. Die haben 3000 bis 5000 Waggons im Einsatz. Es ist auch nicht so, dass wir nicht auf die Schiene gehen wollen - gerade auf langen Strecken ist das für uns eine Option. Unsere Stärke ist aber der Lkw. Unser Fuhrpark umfasst 1000 eigene Lkw. Das Problem ist nur: Die müssen besetzt werden. Angesichts des Fahrermangels ist das eine Herausforderung. Wir haben die nächsten Jahre einen Bedarf von 600 bis 800 Lkw-Fahrern. Ist das der Grund, warum Sie nun eine Berufskraftfahrer-Initiative starten wollen? Der Beruf des Berufskraftfahrers ist für junge Leute nicht mehr attraktiv. Das muss sich ändern. Es ist deshalb Aufgabe unserer gesamten Branche, aber auch der Automobilindustrie, das Image des Fahrerberufs und die Arbeitsbedingungen wieder zu verbessern. Das tun wir jetzt bei Mosolf. Da sehe ich aber auch die Automobilindustrie und den Handel in der Pflicht. Und dafür werde ich dieser Tage mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA) sprechen. Mehr zum Thema im Dossier Fahrzeugtransporte www.verkehrsrundschau.de/dossiers Vita Jörg Mosolf Jörg Mosolf, geboren 1956, ist gelernter Speditionskaufmann. Nach dem MBA-Abschluss in St. Gallen promovierte er an der Universität von Prag. Er sammelte Erfahrungen in London und verschiedenen Niederlassungen der Mosolf-Gruppe. Seit 2002 ist er in der Firmenzentrale in Kirchheim tätig. In dem vierköpfigen Vorstand der Mosolf-Gruppe ist der geschäftsführende Gesellschafter für die Bereiche Unternehmensstrategie, Marketing und Unternehmenskommunikation sowie den Vertrieb verantwortlich. cd Mosolf-Gruppe Die Mosolf-Gruppe bietet Logistik- und Servicelösungen für die Automobilindustrie an. Neben dem Transport von Fahrzeugen gehören Werkstattdienste, Sonderfahrzeugbau, Industrielackierungen, Mobilitätsdienstleistungen und Fahrzeugrecycling zum Portfolio. Zur Flotte von Mosolf zählen 980 Fahrzeugspezialtransporter, 100 High & Heavy-Spezialtransporter, 350 Doppelstock-Waggons und zwei RoRo-Binnenschiffe. cd