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Wie Frankreich sich auf den Brexit vorbereitet

28.03.2019 13:40 Uhr
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In Frankreichs Häfen laufen die Vorbereitungen für den Brexit (Symbolfoto)
© Foto: picture alliance/REUTERS

In Großbritannien sind bereits Notfallpläne für den Brexit-Fall aktiviert worden und auch jenseits des Kanals in Frankreich laufen bereits die Vorbereitungen.

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Paris. Mit seinen am Ärmelkanal den britischen Inseln genau gegenüber gelegenen Seehäfen und Calais als Ausgangspunkt für den Eurotunnel ist Frankreich von einem Brexit mit am direktesten betroffen. Damit sich die verladende und transportierende Wirtschaft rechtzeitig und umfassend vorbereiten können, hat Paris das Infoportal brexit.gouv.fr eingerichtet.

Das Portal ist dreisprachig: neben Französisch auch auf Deutsch und Englisch. Darin wird nach heutigem Stand der Dinge umfassend zu allen Fragen Auskunft gegeben, die für Verlader und Transporteure relevant sind. Wobei die Fragen überwiegend in Ich-Form gestellt sind. Beispiel: „Ich dachte, es gab eine Übereinkunft über eine Übergangsphase. Ich habe aber erfahren, dass dies ungewiss ist. Wem soll man glauben?“ 

Infoportal auch in deutscher Sprache

Andere Fragen lauten: „Wann werden wir genau wissen, wie der Brexit verlaufen wird?“ – „Was geschieht im Falle eines Misserfolgs der Verhandlungen?“ – „Pragmatisch gedacht, was würde sich für meine Handelstätigkeit mit dem Vereinigten Königreich … ohne Austrittsabkommen und ohne Übergangsphase ändern?“ – „Mein aktueller Handel ist zu 100 Prozent auf das Vereinigte Königreich gerichtet. Wie soll ich reagieren?“ – „Wenn ich weitere Fragen habe, wen soll ich kontaktieren?“ – Hier verweist Paris auch auf Brüssel: „Sie können auch online die durch die Europäische Kommission veröffentlichten Merkblätter abrufen.“ 

Auf die Frage: „Wird es genug Zollbeamte geben, um den Brexit von französischer Seite zu bewältigen?“, heißt es immerhin beruhigend: „Die Zollverwaltung arbeitet seit 2017 daran, sich auf die zu erwartenden Folgen des Brexits vorzubereiten, und zwar unabhängig vom Szenario, also auch, wenn es kein Abkommen geben sollte.“ Eingeplant sind für dieses und das nächste Jahr 700 zusätzliche Zollbeamte. Die genaue Verteilung des Zusatzpersonals werde von der Art der zukünftigen Handelsbeziehungen der EU mit Großbritannien abhängen und soll spätestens im Herbst bekannt gegeben werden.

Lange Wartezeit an den Grenzen befürchtet

Im Falle einer Verabschiedung der Briten aus der EU ohne Abkommen mit der Kommission befürchten die französischen Transportunternehmen erhebliche Konsequenzen: lange Warteschlangen und Zeitverluste an den Grenzstellen, neues Personal, das für die Bearbeitung des unweigerlich auf sie zukommenden Papierkrams eingestellt werden müsste, und anderes mehr. „Wir fühlen uns erneut dazu verurteilt zu warten“, klagte schon Mitte Januar die Vorsitzende des Gewerbeverbandes FNTR, Isabelle Maître.

Am meisten beschäftige ihre Verbandsmitglieder die Wiedereinführung von Zollabfertigungen mit langen Wartezeiten im Gefolge für die Fahrer. Immerhin exportieren 30.000 französische Unternehmen in das Land jenseits des Kanals. Mehr als 3000 sind dort mit Niederlassungen vertreten. Von den Häfen Dunkerque oder Calais aus überqueren täglich 1100 Lkw den Ärmelkanal. Wenn pro Fahrzeugkontrolle durch den Zoll nur zwei Minuten veranschlagt würden, würden sich dadurch schnell bis zu 27 Kilometer lange Lkw-Staus in Dover und Calais ergeben, hat der Vorsitzende der Region Hauts-de-France Xavier Bertrand errechnet.

Spezialflächen für die Zollabfertigung werden vorbereitet

Um solchen Schreckensszenarien vorzubeugen, leiten die französischen Kanalhäfen derzeit einiges in die Wege. Im Bereich Boulogne und Calais etwa ist eine Spezialfläche für die Zollabfertigung in Vorbereitung, die für 200 Lastwagen vorgesehen ist und eine weitere für die Kontrolle von Lebendvieh und sanitäre Obliegenheiten. Und um den Verkehr zu beschleunigen, wird ein System für papierfreie Zollpassagen eingerichtet. In Calais hat der Tunnelbetreiber Eurotunnel vorsichtshalber eine staatliche Reservefläche für den Fall reserviert, dass auch dort Zolleinrichtungen installiert werden müssen.  

Man solle sich nicht täuschen, „das wird sehr, sehr schwierig“, fürchtet der Vorsitzende des Unternehmerverbandes Medef, Geoffroy Roux de Bézieux. Er rechnet bei einer Abkommen-freien Lösung mit wochenlangem „Chaos“. Für diesen Extremfall hat der Verband für seine Mitglieder einen Infoservice im Internet eingerichtet: brexit@medef.fr.

Zu kilometerlangen Staus und Verspätungen beim Eurostar kommt es aber jetzt schon durch den „Dienst nach Vorschrift“ der französischen Zöllner. Die 14 Millionen Euro Zusatzgehalt, die ihnen die Regierung angeboten hat, sind ihnen nicht genug. Ihre Protestaktion läuft schon seit dem 4. März 2019 und betrifft vor allem die Autobahnen des Landes, allem voran die A16 Richtung Eurotunnel. (jb)

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