Werden die Niederlande zum Parkplatz Europas?

Die Niederlande galten lange als die führende Transportnation Europas. Es scheint aber, dass die Konkurrenz aus Osteuropa den Unternehmern dort auch zunehmend zu schaffen macht. Im gewerblichen Güterkraftverkehr sind in den Niederlanden derzeit 13.546 Unternehmer aktiv, davon 12.377 grenzüberschreitend. Trotz vieler Aus- und Einsteiger im Markt haben sich die Zahlen in den vergangenen Jahren nicht erheblich geändert. Aber sie haben recht: Die Zeiten, in denen die Niederländer die Kapitäne der europäischen Straßen waren, liegen längst hinter uns. Seit der EU-Osterweiterung nimmt ihr Marktanteil ab und der Wettbewerbsdruck vor allem aus Mittel- und Osteuropa wächst. Heute geht es dem niederländischen Transportgewerbe trotzdem nicht schlecht: Konjunkturell bedingt war 2017 ein gutes Jahr. Wie stellt sich die Situation für niederländische Transportunternehmer aktuell dar? Niederländische Lkw führen nur noch gut 52 Prozent der grenzüberschreitenden Transporte aus - der Großteil findet innerhalb eines Umkreises von 300 Kilometern um Utrecht statt. Auch im Binnenmarkt sind immer mehr Lkw von Fuhrunternehmen aus Mittel- und Osteuropa (MOE) unterwegs. 2017 beträgt deren Anteil fast 45 Prozent. Viele niederländische Transportunternehmen haben sich auf anspruchsvollere Segmente spezialisiert oder in Polen, Ungarn und Rumänien Niederlassungen gegründet. Nach dem Motto: "If you can't beat them, join them." Die EU-Kommission will unlauteren Wettbewerb zum Beispiel wegen Kabotagebetrug bekämpfen und hat im Mai ein erstes Mobilitätspaket mit mehreren Reformvorschlägen vorgelegt. Was halten Sie davon? Abgesehen von dem Vorschlag, die Kabotage weiter zu liberalisieren, begrüße ich das erste Mobilitätspaket. Es gibt zwar EU-Regeln für den Güterverkehr, aber einzelne Mitgliedstaaten legen die Bestimmungen anders aus - etwa bei der Kabotage, der Entsendung sowie bei Lenk- und Ruhezeiten. Diese Vorschriften müssen vor allem besser durchgesetzt werden. In Gesetze und Richtlinien kann man alles Mögliche schreiben. Wenn es hinterher nicht kontrolliert wird, bleiben sie nutzlos. Auch in den Niederlanden herrscht ein Mangel an Kontrolleuren. Ich hoffe, dass die Mitgliedstaaten schnell Kompromisse finden. Auch zur Entsendung und beim Mindestlohn, damit die nationalen Alleingänge aufhören. Im Mai hat Deutschland verboten, dass Fahrer ihre regelmäßige Wochenruhezeit in der Lkw-Kabine verbringen. Ist es das, was sie stört? Seit Deutschland, Belgien und Frankreich solche Verbote verhängt haben, sehen wir deutlich mehr Lkw aus MOE-Staaten bei uns auf den Parkplätzen. Im deutsch-niederländischen Grenzgebiet ist eine erhebliche Zunahme zu spüren, die nicht zu bewältigen ist. In Bergen op Zoom hat die Polizei sogar ein Parkverbot verhängt. Weil drei Mitgliedstaaten eigene Vorschriften aufstellen, werden die Niederlande zum Parkplatz Europas. Wir wehren uns vehement dagegen und fordern sobald wie möglich eine einheitliche europäische Lösung. Für die Zwischenzeit planen aber auch die Niederlande ein elektronisches Meldeportal und erwägen, auch auf nationaler Ebene das Schlafen im Lkw-Fahrerhaus zu verbieten. Wie weit sind diesbezüglich die Pläne? Das elektronische Meldeportal für Entsendungen soll zum 1. Januar 2019 starten. Es verzögert sich wegen des Ausschreibungsverfahrens um ein Jahr. Ob auch die Niederlande bald verbieten, die regelmäßige Wochenruhezeit im Lkw zu verbringen, hängt von dem noch ausstehenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs ab. Alleingänge und unlauterer Wettbewerb Das niederländische Transportgewerbe gerät unter Druck. Einerseits gewinnen die Fuhrunternehmen aus Mittel- und Osteuropa immer mehr Marktanteile. Andererseits hinterlassen Restriktionen der Nachbarstaaten ihre Spuren. Das belgische und deutsche Verbot zum Verbringen der Ruhezeit im Lkw führt etwa zu Parkplatznot. Auch die vielen nationalen Alleingänge in puncto elektronischer Meldepflicht bei Entsendungen beschäftigen die Niederländer. ag

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