Wenn die Box zur Bombe wird

Ladungsgut gleichmäßig im Container und auf Containerboden verteilen, Ladungsschwerpunkt so tief wie möglich legen und auf keinen Fall Ladungssicherungen vergessen: Mit diesen und anderen Empfehlungen wendet sich die Spedition Eberl in Aiging bei Rosenheim auf ihrer Homepage an Kunden, die Seefracht in Containern verpacken. "Bei unsachgemäß verpackten Gütern können große Gefahren drohen", weiß Alexander von Rosen, Teamleiter Seetransporte bei Eberl. "Für das Beladen und Stauen der Container müssen wir deshalb besondere Anforderungen stellen." Die gehören für die Eberl-Verpacker zum Tagesgeschäft. Für einen Hersteller demontieren sie Raucherkabinen und verpacken die Komponenten in 40-Fuß-Container. "Ohne Airbags und Holzverkleidungen können solche Transporte nicht effektiv gesichert werden", versichert von Rosen. Die Vorsicht ist begründet. Egal ob Container für Straßen-, Schienen- oder Schiffverkehre beladen werden - sie sind immer großen Strapazen ausgesetzt. Falsch berechnete Streckenlasten, unprofessionelle Lademanöver mit dem Gabelstapler, überbelastete Zurrpunkte, Ignorieren von Gewichtsgrenzen - solche Fehler können einzelne Containerbauteile und die Ladungen selbst beschädigen. Hinzu kommen Belastungen während des Transports, die auf hoher See besonders groß sind. Wenn Schiffe bei tosendem Wellengang rollen und stampfen, werden im Extremfall Ladungen im Zehn-Sekunden-Takt hin und her geschoben. Bei einer ungünstigen Stauposition kann sich ein Container jeweils weit über zehn Meter nach oben und unten bewegen. Je größer solche Ausschläge sind, desto höhere Schäden drohen Ladeeinheiten und -inhalten. "Auch Staulücken von wenigen Zentimetern können bei permanenten Belastungen auf See zu großen Staulücken werden", warnt Wolfgang Huber, Betriebsleiter der Wacker Chemie AG in Burghausen und Autor eines Fachbuchs über die Beladung von Übersee-Containern (siehe Kästen Seite 22). Jede Box vor der Beladung prüfen Weil Verlader und Spediteure keinen Einfluss auf den Containerzustand haben, müssen sie jeden Container vor der Beladung auf mögliche Beschädigungen prüfen, empfiehlt Huber eindringlich. Aufgrund der wachsenden Volumina - allein im Hamburger Hafen wurden 2013 fast 9,3 Millionen TEU (20-Fuß-Container) umgeschlagen - können Polizei und Reedereien sich nur mit stichprobenartigen Kontrollen begnügen. Ein beschädigter Container kann auf hoher See fatale Folgen haben. Wenn nämlich während heftiger Schiffbewegungen eine Türriegelung aufspringt oder eine Containerwand eingedrückt wird, drohen nicht nur der Ladung selbst, sondern - im Extremfall - dem ganzen Schiff Gefahren. "Wenn aufgrund solcher Vorgänge Gefahrgut sich entzündet, kann eine Katastrophe eintreten", warnt Dirk Prive vom Maritimen Competenzentrum (Ma-Co) in Hamburg. Bei manchen Schiffsunglücken der letzten Jahre werden entsprechende Vorfälle als Ursache vermutet. So gehen Gutachter davon aus, dass Gefahrgutstoffe, welche aus defekten Ladeeinheiten entwichen sind, die Brandkatastrophe des Containerschiffs MSC Flaminia im August 2012 auf dem Atlantik verursacht haben. Auch die verwendeten Tankcontainer waren offenbar für manche Gefahrgutklasse ungeeignet. An Vorschriften, welche Containerverladung so sicher wie möglich machen sollen, herrscht kein Mangel. Außer den CTU-Packrichtlinien, welche für alle Ladungen außer Schüttgut in Containern und anderen Beförderungseinheiten auf Land- und Wassertransporten gelten, müssen Verlader und Speditionen den IMDG-Code für Sicherheit im Seeverkehr, die Gefahrgutverordnung See (GGVSee) sowie diverse VDI-Richtlinien, Normen und Unfallverhütungsvorschriften beachten. In den meisten Regelwerken wird das Thema Packen und Stauen allerdings nur am Rande behandelt. Auch die CTU-Richtlinien, die bereits 1999 in Kraft traten, sind in die Jahre gekommen und werden von manchen Logistikern als nicht immer praxisnah empfunden. Ein neuer CTU-Code, der von der UN-Wirtschaftskommission UNECE im Frühjahr 2014 veröffentlicht worden ist, wird jedoch voraussichtlich erst 2018 in Kraft treten. "Wer regelmäßig Container verlädt, sollte deshalb eine Arbeitsanweisung mit internen Lade- und Verstauregeln erstellen", empfiehlt Huber. "Hier muss genau geregelt werden, welches Produkt wie verladen wird und welche Ladungssicherungen einzusetzen sind." Weil die CTU-Richtlinien ohnehin Mitarbeiterschulungen vorschreiben, können hier über Rechtsvorschriften und Grundlagenwissen hinaus auch betriebsinterne Regelungen vermittelt werden. Vor- und Nachlauf ist zu berücksichtigen Allerdings hilft auch die penible Beachtung von Vorschriften nur weiter, wenn die Transportwege bekannt sind. Es macht schließlich einen Unterschied, ob Container auf Überseeverkehren durch sturmgefährdete Regionen oder Shortsea-Linien durch die Nord- und Ostsee unterwegs sind. Auch der Vor- und Nachlauf per Straße oder Schiene ist zu berücksichtigen. "Bei der Beladung von Überseecontainern muss der gesamte Transportvorgang mitgedacht werden", empfiehlt Heinz Rainer, Geschäftsführer des Ladungssicherungsspezialisten Lasitec in Köln. Andernfalls könnte eine Container-Ladung, die einen Überseetransport gut überstanden hat, bei einer LKW-Vollbremsung Schaden nehmen. Auch deswegen empfehlen Experten wie Huber oder Rainer individuelle Ladungssicherungen, die auf die jeweiligen Produkte zugeschnitten sind. Sechs Tipps vom Buchautor Wolfgang Huber Regelmäßige Schulungen senken die Reklamationen - Container-Beladungen für Seeverkehre sind nicht schwerer als solche für Straßen- und Schienenverkehre, müssen jedoch auf die jeweiligen Produkte zugeschnitten werden. Entwickeln Sie auf der Basis der CTU-Richtlinien (Cargo Transport Unit) betriebsinterne Arbeitsanweisungen beziehungsweise Lade- und Verstauregeln.- Ermitteln Sie anhand eines Kriterienkatalogs (Produkt, Verpackung, Transportverhalten etc.) passende Ladungssicherungen, welche auch für die Vor- und Nachläufe geeignet sind.- Checken Sie jeden Container vor der Beladung auf Zulassung (CSC, ACEP), Beschädigungen, Sauberkeit, Dichtheit und Verschließbarkeit.- Achten Sie auf die Belastbarkeit der Containerelemente, berechnen Sie die maximale Streckenlast (Quotient aus Ladungsmasse und -länge) und ermitteln Sie anhand der 60-Prozent-Regel (auf halber Containerlänge dürfen maximal 60 Prozent Ladungsgewicht sein) die optimale Gewichtsverteilung. Fertigen Sie für Sammelladungen einen Stauplan an.- Keinen Gefahrgutcontainer ohne Kennzeichnung verschicken. Achten Sie beim Anbringen auf saubere und enteiste Flächen. . Bieten Sie Mitarbeitern regelmäßige Produktschulungen an - das erhöht nicht nur die Qualität der Beladung, sondern senkt auch die Reklamationen. bot Buch-Tipp Überseecontainer richtig beladenDie Neuerscheinung "Überseecontainer beladen" zeigt praxisnah, worauf es bei der Beladung von Containern ankommt und wie die Ladung richtig zu sichern ist. Der Autor Wolfgang Huber stellt Containertypen und -belastungen vor, nennt alle wichtigen gesetzlichen Bestimmungen und gibt Tipps für Containerbehandlung, Ladungssicherung und Staplerzubehör. Über 300 Fotos und Abbildungen sowie Container-Checklisten veranschaulichen, welche Probleme auftauchen können bei der Beladung und wie man sie beheben kann. Das Buch schließt mit zahlreichen Praxisbeispielen. Als Betriebsleiter von Wacker Chemie verfügt Huber über jahrelange Erfahrung mit LKW- und Containerbeladungen. Das Buch mit 160 Seiten kostet 24,80 Euro (26,54 Euro inklusive Mehrwertsteuer) und erscheint im Heinrich-Vogel-Verlag, der auch die VerkehrsRundschau herausbringt. Bestellung unter www.heinrichvogel-shop.de oder telefonisch unter 089/20 30 43 -1600. bot

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