Wenn Ausschreibungen zur Last werden

Auf dem Schreibtisch türmen sich die Papiere. So manch ein Geschäftsführer einer Spedition und seine Mitarbeiter verbringen Tage (und manche Nächte) mit dem Ausfüllen der Unterlagen. Nicht weil immer mehr Transporte zu vergeben sind. Sondern eher deshalb, weil die Auftraggeber immer häufiger zu dem Instrumentarium "Ausschreibungen" greifen und diese immer komplexer werden. Solche Aussagen hört man immer häufiger aus Kreisen der Logistikdienstleister. Doch was ist dran an diesen Behauptungen? Die VerkehrsRundschau hat nachgehakt und Logistikdienstleister und Verlader im Rahmen der VerkehrsRundschau-Index-Erhebung, die von der Unternehmensberatung BearingPoint unterstützt wird, zu dem Thema Ausschreibung befragt. Nicht alle nutzen Ausschreibungen Demnach schreibt immerhin jeder vierte Verlader mindestens jährlich Logistikleistungen aus (siehe Grafik oben). Damit lässt sich eine gewisse Flut an Ausschreibungen erklären. Andererseits: Ebenfalls ein Viertel gibt an, dass sie seltener als alle drei Jahre zu diesem Instrument der Auftragsvergabe greifen. Ein Indiz dafür, dass offenbar ganz unterschiedlich mit dem Thema Ausschreibungen umgegangen wird. Auf den ersten Blick hält sich der Arbeitsaufwand bei den Logistikdienstleistern jedoch in Grenzen. Deutlich über ein Drittel der Unternehmen (38,5 Prozent) gibt an, dass sie sich weniger als zwei Mannstunden die Woche durchschnittlich mit komplexeren Ausschreibungen (keine reine Preisabfrage, sondern umfangreiche Leistungspakete) befassen (siehe obere Grafik Seite 23). Weitere 31,7 Prozent beziffern den Aufwand dafür auf überschaubare zwei bis vier Stunden. Ein Indiz dafür, dass sich viele Unternehmen offenbar nicht oder kaum mit komplexen Ausschreibungen befassen. Doch dieses Ergebnis ist nicht überraschend: Denn kleinere Betriebe dürften eher selten an Ausschreibungen teilnehmen. Und bei der Umfrage der VerkehrsRundschau haben 43,3 Prozent der Unternehmen angegeben, dass sie weniger als 50 Mitarbeiter haben. Die Umfrage der VerkehrsRundschau zeigt aber auch, dass der Aufwand für die Bearbeitung einer komplexen Ausschreibung immens sein kann. Immerhin investieren 41,4 Prozent der Befragten mehr als vier Stunden für die Beantwortung. 14,4 Prozent geben an, dass sie mehr als drei Tage benötigen, um eine komplexe Ausschreibung zu bearbeiten. Dieser hohe Zeitaufwand dürfte auch ein Grund sein, warum vor allem so manches Kleinunternehmen vor einer Ausschreibung zurückschreckt. Was die Dienstleister kritisieren Immer wieder werden solche Ausschreibungen auch von den Logistikdienstleistern kritisiert - nicht nur wegen des hohen Bearbeitungsaufwandes. Die Dienstleister sind gefragt worden, was denn aus ihrer Sicht die drei wichtigsten Verbesserungsmaßnahmen sind, die sie sich in einem Ausschreibungsprozess wünschen. Am häufigsten mit 64,4 Prozent wurde eine "eindeutigere Leistungsbeschreibung mit klaren Leistungsanforderungen (genaue Informationen zu Postleitzahlengebieten, Gefahrgut, Gewichte, Sperrigkeit der Sendung, etc.)" genannt. 56,7 Prozent bemängeln, dass Ausschreibungen hauptsächlich dazu dienen, den Preis zu senken. 40,4 Prozent der Dienstleister sind die Ausschreibungen zu vage gehalten. Sie erwarten ein klares Mengengerüst zum Leistungsumfang. Immer wieder ist auch zu hören, dass Unternehmen gar nicht unbedingt eine (Neu-)Vergabe der Leistungen beabsichtigen, sondern nur deshalb eine Ausschreibung lancieren, um das aktuelle Preisniveau zu ermitteln. 39,4 Prozent der Logistikdienstleister bemängeln dieses Vorgehen. Für die Logistikdienstleister ist es von großem Interesse, über welchen Kanäle die Verlader künftig Sendungen vergeben. Hier gibt es eine positive Kunde aus Sicht der Dienstleister: Auf die Frage, wie sie in etwa fünf Jahren Aufträge vergeben wollen, sagen 43,3 Prozent, dass sie Anfragen stellen wollen an die Dienstleister, die heute bereits wichtige Aufgaben für sie erledigen (zwei Antworten waren möglich). Das sind nochmals mehr als bislang bereits (40,0 Prozent). Somit haben also die Auftragnehmer die Möglichkeit, über gute Leistungen ihren Kunden zu überzeugen. Am zweithäufigsten mit 26,7 Prozent wird die Vergabe über eine elektronische Ausschreibungsplattform an einen vorab eingegrenzten Dienstleisterkreis (geschlossen) genannt, derzeit nutzen diese Möglichkeit lediglich 18,4 Prozent der Verlader. Auf Rang drei der von den Verladern künftig bevorzugten Absatzkanäle ist die Vergabe von Aufträgen per Mail/Post an bekannte Dienstleister, mit denen der Verlader gute Erfahrungen gemacht hat (25,0 Prozent). Allerdings scheint dieser Weg aus der Mode zu kommen, da derzeit noch 30,0 Prozent diese Methodik wählen. Für die Dienstleister ist es natürlich die schönste Nachricht, wenn der Kunde zufrieden ist und den bestehenden Vertrag verlängert. 23,3 Prozent der Verlader wollen immerhin künftig so verfahren. Das sind jedoch spürbar weniger als derzeit (31,7 Prozent). Keine sehr große Bedeutung wird die breit gestreute Vergabe von Aufträgen über elektronische Ausschreibungsplattformen spielen (offene Abfrage). Nur 15 Prozent der Verlader wollen künftig diesen Kanal stärker nutzen. Allerdings gewinnt dieses Instrument an Bedeutung, denn derzeit vergeben über offene Ausschreibungsplattformen nur 10 Prozent der Verlader ihre Aufträge. Die Ergebnisse zeigen, dass zwar der persönliche Kontakt bei der Auftragsvergabe nach wie vor eine große Bedeutung hat, dass aber Ausschreibungsplattformen an Bedeutung gewinnen. Die Frage des Quartals der VR Jedes Quartal befragt die VerkehrsRundschau Unternehmen zu aktuellen Themen aus der Logistikbranche. In diesem Quartal haben 104 Dienstleister und 60 Verlader teilgenommen. Die Befragung ist Teil des VR-Index, dem aktuellsten Preisindex im Straßengüterverkehr. Der nächste Index erscheint in der VR 26. Unterstützt wird der VR-Index von der Unternehmensberatung BearingPoint. cd

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