Vielseitig und gut vernetzt

Logistikrankings gibt es viele. Das Ranking "Logistik und Immobilien 2015" von Bulwiengesa, einem Analyseunternehmen der Immobilienbranche, ist sicher eines der besseren Werke. In ihm landet der Logistikstandort "Bremen und Nordseeküste" unter 28 Logistikregionen mit einer Note von 2,96 gerade mal auf Platz 11 in Sachen Marktattraktivität - weit hinter dem Primus Hamburg (siehe auch Seite 26, 27). In Bremen wird man über eine solche Bewertung milde den Kopf schütteln und darauf verweisen, dass die Studie lediglich die Immobiliensicht widerspiegelt - und Logistik wesentlich weiter gefasst werden müsse. Nicht zu Unrecht: Bremens Stärke als Logistikstandort liegt in seiner Vielseitigkeit und der intensiven Vernetzung der Akteure aus Unternehmen, Politik, Lehre und Wissenschaft. "Bremen ist klein. Wir haben kurze Wege. Man trifft sich auf dem Marktplatz", sagt Uwe Will, Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Via Bremen, in der Bremen seine Vermarktungsaktivität in Sachen Logistik bündelt. Mit fehlender Bedeutung ist die geringe Größe nicht gleichzusetzen. Der Träger des Deutschen Logistikpreises 2015, die BLG Logistics Group, kommt ebenso aus Bremen wie der Gewinner des Nachwuchspreises Spedition und Logistik, der 23-jährige Christopher Bartels von Lexau Scharbau, einem Bremer Traditionsunternehmen. Vorbildliches GVZ Nummer eins in Deutschland ist auch das Güterverkehrszentrum Bremen (GVZ) als Spitzenreiter eines Rankings der Deutschen GVZ-Gesellschaft. Das GVZ Bremen gehört gemeinsam mit dem Mercedes-Werk und den Terminals in Bremerhaven zu den Logistik-Hot-Spots der Hansestadt. Auf einem Areal von 496 Hektar brutto finden sich 1,3 Millionen Quadratmeter Hallenflächen. "Über 50 Prozent der Bremer Logistikimmobilien sind im GVZ gebündelt", sagt Ralph Sandstedt, Geschäftsführer der GVZ Entwicklungsgesellschaft Bremen (GVZe). 150 Unternehmen mit 8000 Beschäftigten bevölkern das riesige Gelände. Neben dem Platzhirsch BLG, der hier beispielsweise sein Hochregallager für Tchibo betreibt, finden sich Niederlassungen internationaler Logistikkonzerne (Dachser, DHL, Fiege, Kühne + Nagel) ebenso wie Logistikzentren des Bremer Mittelstandes. 100 Hektar warten noch auf neue Ansiedler, davon sind 40 Hektar bereits baureif. Die Konzentration der Logistikbetriebe im GVZ bringt Vorteile und Synergien. Die Unternehmen nutzen gemeinsam Gerätepools und tauschen untereinander Lagerraum und Transportkapazitäten aus. Ein KV-Terminal steht ebenso zur Verfügung wie eine Anbindung an die Weser. Wermutstropfen ist die suboptimale Autobahnanbindung über die A 281: Hier fehlen noch zwei Teilstücke, die die Durchgängigkeit der Autobahn verhindern. Compass Logistics wächst rapide Trotz der Flächenreserven und der leistungsfähigen Infrastruktur gehörte Bremen laut der Bulwiengesa-Studie nicht zu den dynamischsten deutschen Regionen in Sachen Ansiedlungen. Mit 500.000 Quadratmeter zusätzlicher Logistikfläche in den Jahren 2010 bis 2014 liegt Bremen/Nordseehäfen unter den 28 Logistikregionen auf Rang 12. 2015 sieht es besser aus: Mit fast 150.000 Quadratmeter fertiggestellter Fläche nimmt Bremen Rang 7 ein. Das mit 30.000 Quadratmeter größte Investment stemmt Compass Logistics International auf dem GVZ-Gelände. Es ist dort die zweite Erweiterungsinvestition der Gruppe, die aus dem Bremer Traditionsunternehmen Kieserling hervorging. Grund für das rapide Wachstum in Bremen, so Firmenchef Michael Müller, seien die Synergien zwischen Kontraktlogistik, Transportlogistik sowie Seefracht am Standort Bremen. Eine andere Gruppe von Logistikern sucht man in den großen Gewerbegebieten vergebens. Dennoch sind sie ebenfalls prägend für den Standort Bremen. Luft- und Seefrachtspezialisten wie Röhlig oder Lexau Scharbau spannen von Bremen aus ihre weltweiten Netze in der internationalen Spedition. "Die Bremer Speditionen profitieren stark von alten Handelskontakten", sagt Andreas Hötzel, Vorstandsmitglied von Via Bremen und Leiter der Unternehmenskommunikation der BLG. Das gilt auch für die BLG als bekanntestes Bremer Logistikunternehmen. Der einstige Lager- und Terminaldienstleister hat sich zum internationalen Logistikkonzern gemausert und dabei kräftig diversifiziert. In der Kontraktlogistik wächst das Unternehmen und gibt immer wieder Impulse - zuletzt durch die Investition in das Parkregal N3 im Autoterminal in Bremerhaven. Ein Charakteristikum des Logistikstandortes Bremen ist der enge Schulterschluss zwischen Politik und Logistikwirtschaft. Das größte Logistikunternehmen BLG ist im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand. Außerdem weiß der Bremer Senat um die Arbeitsplatzeffekte der Branche. Martin Günthner (SPD), Senator für Wirtschaft und Häfen, unterstützt den Logistikstandort durch aktive Vermarktung auf Messen und internationalen Delegationsreisen. In der Standort-Vermarktung hat Bremen seine Kräfte gebündelt. Die Stiftung Via Bremen zieht gemeinsam mit der Hafen-Managementgesellschaft Bremenports die Fäden. Bei internationalen Fachmessen weltweit organisierte Bremenports Gemeinschaftsstände, die unter die Marke Via Bremen gestellt wurden. Delegationsreisen nach China, Indonesien und Polen standen ebenso auf dem Programm wie Logistics Talks in Graz, Warschau, Wien und Nürnberg. Als Regionen bei der Vermarktung besonders im Fokus stehen laut Via-Bremen-Chef Uwe Will China, Nordamerika und die Türkei. Langfristig soll Via Bremen südostasiatische Staaten wie Vietnam oder Indonesien ins Auge fassen. Offshore-Terminal als neue Drehscheibe Eine weitere Stärke von Bremen ist die Ballung von Logistik-Know-how in Forschung und Lehre. Die Jacobs-Universität, das Bremer Institut für Produktion und Logistik an der Universität Bremen sowie der Campus der Bundesvereinigung Logistik (BVL) mit der Hochschule für Internationale Wirtschaft und Logistik und der DAV-Studienakademie sorgen für große Vielfalt in Lehre und Forschung - und für den notwendigen Nachwuchs. Auch vermehrt ausländische Studenten nutzen das Angebot. Ein besonderer Fokus in der Bremer Logistikvermarktung liegt nach Worten von Will in der wertschöpfungsstarken Projekt- und Stückgutlogistik. Das Offshore-Terminal Bremerhaven soll gleichzeitig Drehscheibe für Schwergüter werden. Hier erwarten sich die Bremer ein größeres Stück des Ladungskuchens, der bisher vor allem von den Westhäfen Rotterdam und Antwerpen beansprucht wird. -- Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Bremen" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Logistikregion Bremen Stärken und Schwächen + verfügbare Logistikflächen+ wichtige Industriebranchen wie Automotive oder Luft- und Raumfahrt sind ortsansässig, somit gibt es einen Markt für Kontraktlogistik+ Unterstützung durch die Politik+ breites Angebot an Aus- und Weiterbildung sowie Logistikstudiengänge+ Clusterbildung durch das GVZ+ Synergien durch maritime und landgestützte Logistik+ gemeinschaftliche Standortvermarktung+ trimodale Anbindung- einzelne Infrastrukturprobleme (häufige Staus auf den Autobahnen, Fertigstellung der A 281, Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenweser)- angespannte Finanzlage des Bundeslandes- komplexes Beziehungsgeflecht hel

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