Viele Probleme noch nicht gelöst

Es war zwar nicht so geplant. Denn eigentlich hatte der BWVL (Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik) Alexander Graf Lambsdorff von der FDP zu seinem Forum eingeladen, damit dieser als neuer Bundestagsabgeordneter der FDP über die Aufgaben spricht, die die neue Bundesregierung anpacken muss, um in Deutschland für Wachstum und Wohlstand zu sorgen. Enttäuschung beim BWVL Eigentlich. Doch es kam dann alles ganz anders. Die Verhandlungen zur Regierungsbildung zogen sich wie Kaugummi. Und vier Tage vor dem Auftritt des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der FDP beim BWVL ließen die Liberalen die Bombe platzen und erklärten die Verhandlungen über eine Koalition mit der CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen für gescheitert.Aus den Worten von BWVL-Präsident Jochen Quick war herauszuhören, dass er enttäuscht war über den Verlauf und die Ergebnisse der Verhandlungen: "Was bis dato zum Thema Verkehr bekannt wurde, war und ist aus unserer Sicht, freundlich gesagt, nicht alles positiv." Lob hatte er für die "zuletzt positive Entwicklung beim Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur" parat, um aber gleich hinterherzuschicken: "Der Investitionshochlauf für die Verkehrsinfrastruktur muss zumindest verstetigt werden, wenn er nachhaltig sein soll." Der Unternehmer ergänzte: "Eingriffe und Schwerpunktsetzungen mit dem Ziel einer künstlichen Umverteilung auf vermeintlich 'bessere' Verkehrsträger lehnen wir entschieden ab." Eine wichtige politische Entscheidung, die immer noch offen ist, betrifft die Erhebung der Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen zum 1. Juli 2018. "Auch unter einer neuen Bundesregierung müssen die Zusagen Bestand haben, dass einheitliche Mautsätze auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen gelten", forderte Quick. Unsachgemäßen Differenzierungen wie Nachtzuschlägen oder der Anlastung von Staukosten erteilte er eine klare Absage. Nicht vorbei kam Quick an dem Thema Fachkräftemangel. Dabei gehe es nicht nur um die seit Jahren beklagte Fahrerknappheit, sondern inzwischen auch im erheblichen Maße um Fachkräfte im Lager oder der Disposition. Zur Fahrerknappheit sagte er: "Der Slogan, wer den Fahrer hat, hat auch die Fracht, kann nicht die einzige Antwort zu dieser Problematik sein." Als eher enttäuschend wurde auch von der Wirtschaft der Rückzug der FDP aus den Jamaika-Gesprächen gewertet. Lambsdorff versuchte deutlich zu machen, dass es keine Basis für eine gemeinsame Regierungsarbeit gab. Er nannte drei Voraussetzungen für erfolgreiche Verhandlungen: gemeinsame Inhalte, ein entsprechendes Format und eine vertrauensvolle Atmosphäre. Keine dieser Voraussetzungen habe in den vier Wochen der Verhandlungen vorgelegen. "Wenn man sich noch nicht mal bei den vorliegenden Themen auf Kompromisse einigen kann, wie soll dann eine Regierung funktionieren, wenn im Laufe der vier Jahre neue Probleme auftauchen und diese gelöst werden müssen", warb Lambsdorff um Verständnis. Eine klare Aussage kam von ihm auf die politischen Forderungen des BWVL, die Präsident Quick vorher skizziert hatte: "Den Hochlauf zu verstetigen, Investitionen gemäß dem Modal Split: Das können Sie bei der Konstellation vergessen", sagte Lambsdorff. Quick machte keinen Hehl daraus, dass er dennoch enttäuscht über die Entscheidung der FDP ist, auch wenn er sie nachvollziehen kann: "Aber: Zehn Prozent FDP ist mir im Zweifelsfall lieber als null Prozent Wirtschaftsverstand", sagte der BWVL-Chef und gab Lambsdorff mit auf den Weg, sollte es doch noch eine Regierungsoption geben, darüber noch mal nachzudenken. Wie schwierig es manchmal ist, in der Politik auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, schilderte Matthias Maedge, in Brüssel für die IRU (International Road Transport Union) tätig. Über die Entsenderichtlinie der EU und die Mindestlohndebatte werde kontrovers diskutiert, und zwar unter den EU-Mitgliedstaaten wie auch innerhalb der IRU. In beiden Fällen würde die Lage von den Westeuropäern ganz anders beurteilt als von den Osteuropäern. Entsenderichtlinie der EU ist "Murks" Dennoch hat die IRU eine klare Haltung zum Vorschlag der EU-Kommission: "Die generelle Entsenderichtlinie ist Murks für den Transportsektor", sagte der IRU-Lobbyist. Deshalb sei es richtig, dass es für den Transportsektor eine Ausnahmeregelung gebe, auf die man sich allerdings noch einigen müsse. Denn während der Osten den uneingeschränkten Marktzugang einfordert, stemmen sich die westlichen EU-Länder gegen eine völlige Liberalisierung, die zum Beispiel eine uneingeschränkte Kabotage zur Folge hätte. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "BWVL" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Regelung zur Wochenendruhezeit unwirksam? BAG kontrolliert Kabotage bei Transportern unter 3,5 Tonnen Man kennt sie als die "Polen-Transporter": Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht, die mit einer Dachkabine ausgestattet sind und vorwiegend ein polnisches Kennzeichen haben. Im Gewerbe wird gemutmaßt, dass diese Fahrzeuge wochen- und manchmal auch monatelang in Deutschland unterwegs sind. In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder der Verdacht geäußert, dass gegen geltende Kabotageregelungen verstoßen wird. Die besagen, dass nach einer grenzüberschreitenden beladenen Einfahrt drei Kabotagebeförderungen innerhalb von sieben Tagen erlaubt sind.Seit Ende dieses Sommers kontrolliert das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) auch die "Polen-Transporter", wie Arend Schäfer, Sachbereichsleiter Straßenkontrolldienst bei der Außenstelle Schwerin des BAG, auf dem BWVL-Forum mitteilte. Demnach müssen die Fahrer auch dieser Fahrzeuge Nachweise für die grenzüberschreitende Beförderung und jede einzelne durchgeführte Kabotagebeförderung mitführen.Das BAG kontrolliert seit Juni außerdem auch, ob die neuen Regelungen zu den Ruhezeiten am Wochenende korrekt eingehalten werden. "Derzeit steht noch die Aufklärung im Mittelpunkt. Die meisten Fahrer kannten die Regelung aber", sagte Schäfer. Im September/Oktober habe es dazu 977 Kontrollen und 36 Beanstandungen gegeben.Detlef Neufang, Geschäftsführer des BWVL, sprach Schäfer auf den Ort für die Ruhezeit an. "Im Gesetz steht: geeignete Schlafmöglichkeit. Doch was ist das?" Schäfer erwiderte, da fehle es an einer geeigneten gesetzlichen Definition."Sicher nicht geeignet ist das Bett auf der Pritsche im Fahrzeug", ergänzte Schäfer. Jurist Neufang hält es für möglich, dass hier ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz (Artikel 103 Grundgesetz) vorliegt. "Ich halte die Vorschrift für unwirksam", sagte der Verkehrsrechtsexperte.cd

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