Unterwegs mit dem Minister

Unterwegs mit dem Minister Volles Programm für den Verkehrsminister Zwei Tage mit dem Bundesverkehrsminister unterwegs: Die VerkehrsRundschau konnte Peter Ramsauer während des International Transport Forum in Leipzig exklusiv begleiten und erleben, wie so ein Ministertag aussieht. Er ist kaum wahrnehmbar, ein minimaler Stimmungswechsel. Doch bei der Delegation des Bundesverkehrsministeriums, die sich bereits beim International Transport Forum (ITF) befindet, ist neben der intensiven Arbeitsatmosphäre eine Art konzentrierte Unruhe spürbar. Leipzig, 22. Mai 2013, kurz vor 13 Uhr. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer wird jede Minute auf dem Messegelände zum ITF erwartet. Hier trifft er sich mit seinen Amtskollegen aus den Mitgliedstaaten der OECD-Organisation. Kaum ist der Minister aus dem Auto gestiegen, verschwindet er auch schon wieder in einer Traube von Referenten, Journalisten, ITF-Mitarbeitern – und uns. Denn während des ITF begleiten wir zwei Tage lang den Verkehrsminister. Dabei heißt es schnell sein. Denn so ein Ministertempo liegt nicht im Adagio-Bereich. Im besten Falle Allegro, aber oft genug Prestissimo eilt der passionierte Pianist Ramsauer mit seiner Schar von Raum zu Raum, von Veranstaltung zu Veranstaltung. Das fällt uns als Erstes auf: Als Minister bist du nie – wahrscheinlich fast nie – alleine. Wer Ramsauer im Laufe seiner Amtszeit ab und zu begegnet ist, hat auch immer wieder einige seiner engsten Mitarbeiter getroffen. Sie organisieren, regeln, begleiten und schirmen ihn auch mal dezent ab. Ansonsten könnte der Minister seinen Zeitplan kaum einhalten. Alle paar Meter möchte ihm jemand die Hand schütteln, eine Bitte loswerden, ihn auf etwas aufmerksam machen oder einfach nur Hallo sagen. Das ist das Zweite, was uns auffällt: Wen ein Minister so alles kennt. Besser ausgedrückt, wer alles so einen Minister kennt. Im Falle Ramsauer verblüfft vor allem der Minister selbst. Es scheint ihm nichts zu viel zu werden, er freut sich über die Begegnungen, erinnert an gemeinsame Erlebnisse und glänzt mit einem ausgezeichneten Namensgedächtnis. Pressekonferenz mit Absage Nach seiner Ankunft organisiert die Pressestelle spontan eine kurze Pressekonferenz. Auf ihr räumt Ramsauer ein, das Wegekostengutachten noch nicht veröffentlichen zu können: Mautspreizung ade. Das vorliegende Wegekostengutachten habe nicht die notwendige eindeutige Klarheit gebracht, erklärt der Minister. Die Konsequenzen werden in den nächsten Tagen und Wochen ins Bewusstsein des Gewerbes sacken. 38 Millionen Euro Euro-6-Förderung für im vergangenen Jahr gestellte Anträge auf KfW-Mittel verspricht Ramsauer gleichzeitig als Trostpflaster. Der nächste offizielle Punkt: das Eröffnungsplenum: „Investitionen für Wachstum?,“ so sein Thema. „Die Finanzierung des Verkehrs ist eine der größten Herausforderungen für die heutige Verkehrspolitik“ wird es in der gemeinsamen Erklärung der Verkehrsminister aus den 54 Mitgliedstaaten des ITF am nächsten Tag heißen. Zwei Tage lang haben sie über die Möglichkeiten der Infrastrukturfinanzierung beraten. Er erlebe hier, dass auch die anderen Verkehrsminister nicht über das notwendige Budget verfügten, erzählt Ramsauer im Gespräch. Er fände es gut, dass im Rahmen des ITF darüber berichtet werde, das erhöhe den Druck, so seine Meinung. In anderen Ländern sei die Mobilisierung privaten Kapitals für die Infrastruktur bereits wesentlich weiter entwickelt als in Deutschland, das könne man von den ITF-Teilnehmern auch erfahren, erklärt er. In seiner Eröffnungsrede bedankt er sich ausdrücklich bei seinem Vorgänger im Amt, Wolfgang Tiefensee (SPD), dafür, dass dieser die Thematik Öffentlich-Private-Partnerschaften angestoßen habe. Wenn es um persönliche Wertschätzung seiner Vorgänger geht, gibt es für Ramsauer keine Parteigrenzen. So hat er für den früheren Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) ein Essen zum 75. Geburtstag organisiert. Zu Tiefensee selbst habe er ein völlig entspanntes Verhältnis, hört man aus dem Ministerium. Der offizielle Messerundgang mit der norwegischen Ministerin Marit Arnstad beginnt. Norwegen übergibt während des ITF die Präsidentschaft turnusgemäß an Frankreich. Jetzt heißt es Ellenbogen ausfahren und bloß den Anschluss nicht verlieren. Denn sofort schließt sich eine Heerschar an Fotografen, Kameraleuten und Besuchern dem Rundgangtross an. Der Kampf ums beste Bild beginnt. Wir beneiden alle mit mehr als 1,90 Meter Körpergröße. Sie haben wenigstens noch die Chance, irgendwas zu sehen. Doch wir schaffen es und stehen plötzlich in der ersten Reihe. Direkt vor dem Minister und seinem parlamentarischen Staatssekretär Andreas Scheuer. Der ist außerdem Koordinator der Bundesregierung für Logistik und Güterverkehr. Bayer wie Ramsauer und sein gefühlter Stellvertreter. Ramsauer ohne Scheuer – Scheuer ohne Ramsauer – irgendwie nicht vorstellbar. Der Minister schiebt seinen Logistikbeauftragten oft und gerne ins Rampenlicht. Wenn er mit ihm spricht, dann wird er ein Stück bayerischer im Ausdruck. Wobei er nahtlos wieder in gutes Englisch übergehen kann. Auch jetzt fragt er Scheuer im schönsten Oberbayerisch, ob der schon „von dem Problem gehört“ habe. „Das Problem“ haben in diesem Fall die Vertreter der Türkei mitgebracht: Sie beschweren sich, dass sie beim Transit durch Österreich die Rola nutzen und Wartezeiten von bis zu drei Tagen in Kauf nehmen müssen. Ramsauer bekennt, davon noch nicht gehört zu haben. Andreas Scheuer hat den Vorteil, ein paar Tage davor bei einer Türkei-Veranstaltung der Logistics Alliance Germany gewesen zu sein. Denn dort hat der türkische Transportunternehmerverband dieses Problem ebenfalls angemahnt. Der Minister verspricht, sich damit zu befassen. Weiter geht der Rundgang, der Ramsauer nicht davon abhält, zwischendurch zu telefonieren, wenn das Ministerhandy klingelt. Globally Yours! – das Motto, mit dem Turkish Airlines auf dem ITF-Stand wirbt, scheint Ramsauer auf den Leib geschneidert. Raus geht es in den strömenden Regen: Scheckübergabe an die Leipziger Verkehrsbetriebe für das Projekt E-Bus Butterfly. Bei der E-Mobilität kochten alle mit dem gleichen Wasser, stellt der Minister fest und relativiert die Äußerungen, dass die Deutschen beim Elektrohype zurückliegen. Hohe Meinung von Deutschland Jetzt noch zum Präsidentenempfang ins Neue Rathaus und danach zum Minister-Dinner. 24 Verkehrsminister unter sich. Am nächsten Tag wird uns Ramsauer erzählen, dass er bei dieser Gelegenheit wieder einmal die hohe Meinung gespürt habe, die man im Ausland von Deutschland und seinen Unternehmen habe. Am nächsten Tag stehen unter anderem drei Unterzeichnungen auf dem Programm. So erklärten das deutsche und das mongolische Verkehrsministerium ihre Absicht, enger zusammenzuarbeiten. Mit Montenegro und Serbien unterzeichnet Deutschland jeweils ein Straßenverkehrsabkommen, das die Beförderung von Personen und Gütern im internationalen Straßenverkehr regelt. Wir hatten uns das spektakulärer vorgestellt. Aber ohne großes Publikum und ohne großen Festakt zeichnen Ramsauer und sein jeweiliger Ministerkollege – bei Serbien ist es der Botschafter – die Papiere. Ganz wichtig: der Flaggentausch, damit auf dem Erinnerungsfoto alles stimmt. Wir sprechen kurz mit Ramsauer, der muss jedoch weg. Wir können ja später weiterreden. Was er damit meint, wird uns beim Gala-Dinner, zu dem Generalsekretär José Viegas die ITF-Teilnehmer einlädt, klar. Wir sitzen nicht nur neben dem Verkehrsminister von Chile, Pedro Pablo Errázuriz, der aus der Wirtschaft kommt und erzählt, was er schon alles während seiner kurzen Amtszeit reformiert hat, sondern auch neben Ramsauer. Außerdem am Tisch: die Verkehrsminister aus Tunesien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und aus Frankreich sowie ITF-Generalsekretär Viegas. Im Laufe des Gesprächs mit dem deutschen Verkehrsminister kommt die Sprache auf seine nächsten Termine, zwischen die kaum noch ein Blatt passt. Wahlkampf? „Nein“, meint Ramsauer. Mehr Veranstaltungen würden es im Wahlkampf auch nicht werden. Das würde schlichtweg nicht mehr gehen, erklärt er. Sein Fahrer schaut vorbei. „Wann wollen wir fahren?“, fragt er. „Wann müssen wir denn?“, fragt Ramsauer. Für ihn geht es heute noch nach Berlin zurück, um morgen nach München zu fliegen. Mobilität – Ramsauer weiß, wovon er spricht. Unser Gegenüber war da lange benachteiligt, wie er anmerkt: Karim Harouni, der tunesische Verkehrsminister, saß aus politischen Gründen 16 Jahre im Gefängnis. Er schätze es deshalb umso mehr, sich nach dieser langen Zeit jetzt mit dem Thema Mobilität befassen zu können, erzählt er. Mobilität als Ausdruck von Freiheit, als Mittel zum Zweck oder als Gefahr der Tempoübersteigerung? „Presto ma non troppo“ möchte man rufen. Aber den Anschein hat es nicht. Ramsauer ist auf dem Sprung. „Wird es einem da nicht manchmal einfach zu viel?“, möchten wir noch von ihm wissen. Für die Antwort nimmt er sich dann doch Zeit. Er habe sein Amt bewusst angetreten, argumentiert er. Zweimal habe er ein Ministeramt abgelehnt. Dann sei es an der Zeit gewesen, zuzugreifen. Er habe schon Politiker erlebt, die in ein Amt gedrängt wurden und eigentlich keine Motivation dafür gespürt hätten, erinnert er sich. „Das merken Sie einfach“, sagt er und belegt es mit einem Beispiel. Er stehe nach wie vor zu seiner Entscheidung und – ja - gerne würde er weitermachen, merkt Ramsauer noch an, bevor er Richtung Ausgang eilt. ❙❚■ Birgit Bauer So ein Minister- tempo liegt nicht im Adagio-Bereich „Bei der E-Mobilität kochen alle mit dem gleichen Wasser“ Peter Ramsauer, Bundesverkehrsminister Der tunesische Verkehrsminster Karim Harouni weiß, warum er Mobilität so schätzt

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