Unser täglich Brot

Noch ist es eine kleine Nische. Gerade einmal 0,5 Prozent des gesamten Online-Umsatzvolumens (43 Milliarden Euro) werden in diesem Jahr in Deutschland im Onlinehandel mit Lebensmitteln (E-Food) gemacht. Das sind rund 215 Millionen Euro. Angesichts eines Einzelhandelsumsatzes von rund 466 Milliarden in diesem Jahr spielt E-Food also nach wie vor eine verschwindend kleine Rolle. Doch das Wachstumspotenzial ist enorm. Das ist das Ergebnis des vierten Lebensmittel-Symposiums "Unser täglich Brot IV" von Schmitz Cargobull in Münster mit über 100 Vertretern aus Lebensmittel- und Handelslogistik. Denn mit "Amazon Fresh", da sind sich die Experten sicher, holt der US-Versandriese zum nächsten Paukenschlag aus und wird das Lebensmittelsegment in Deutschland aufmischen. In New York gibt es dieses Angebot schon. Und in Kürze soll der Markteintritt auch in Deutschland erfolgen. Wann genau, darüber wird im Moment kräftig spekuliert. Entscheidend ist nur: E-Food wird kommen. Und: "Wer die künftige Entwicklung kennt, kann die besten Angebote entwickeln und langfristig erfolgreich agieren", betonte Ulrich Schöpker, Vorstand von Schmitz Cargobull, bei der Eröffnung des Symposiums. Das Wachstum ist exponentiell Fakt ist aber auch: Den Unternehmen bleibt nicht viel Zeit, sich darauf einzustellen. Denn Endverbraucher sind anspruchsvoll: "Ich will die Güter sofort - Stichwort ,Sofort-Auslieferung' - das ist heute der Anspruch", sagte Professor Christian Kille von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt. Noch aber sei der traditionelle Wirtschaftsprozess nicht tot, wie wir ihn aus Handel und Logistik kennen, betonte er. Noch würden nur zehn Prozent des Handelsumsatzes online erwirtschaftet. Allerdings handele es sich im E-Commerce um ein exponentielles, nicht um ein lineares Wachstum, warnte der Wissenschaftler. Sprich: Die Entwicklung könne die Firmen sehr viel schneller einholen, als viele glauben. Um so wichtiger sei es, mahnte der Handelsexperte, dass die Händler ihre Geschäftsmodelle der neuen Realität anpassen. "Da muss sich etwas bewegen." Wohin da im Einzelhandel die Reise gehen könnte, führte Benjamin Brüser aus, der mit Sebastian Diehl in 2011 mit "Emmas Enkel" ein Lebensmittelgeschäft der etwas anderen Art eröffnet hat. In einem virtuellen Verkaufsregal kann ein Endkunde hier zum Beispiel via Smartphone Produkte ordern und nach Hause liefern lassen, indem er die abgebildeten QR-Codes einscannt. Im Geschäft selbst kann er traditionell einkaufen oder in der ,Guten Stube' von Emmas Enkel den Einkauf via I-Pad ordern. Kaffee und Kuchen verkürzen die Wartezeit, bis der Einkauf vom Servicepersonal verpackt ist. Wie sich solche Neuerungen auf die Verkehrsinfrastruktur, die künftigen Warenströme und die Zustellung der Ware auswirken - auch darüber diskutierten die Experten. Entscheidend sei, dass die klassische Verkehrsinfrastruktur wie Straßen und Brücken mit dem prognostizierten Wachstum mithalte. Nur dann könne dieses auch logistisch bewältigt werden, mahnte Rainer Kirch, Logistikchef von Boehringer Ingelheim Pharma. Zumal es eher unwahrscheinlich sei, so Kirch, dass Endverbraucher ihre Medikamente künftig zu Hause per 3D-Drucker ausdrucken. Selbst Drohnen seien da kein Ausweg, waren sich alle einig. Josef Warmeling, der bei Schmitz Cargobull das internationale Key Account Management verantwortet, zeigte sich daher überzeugt: "Der klassische Transport und die klassische Logistik fallen auch in Zukunft nicht weg, sondern werden nur um zusätzliche Aufgaben erweitert." Selbst wenn es noch mehr Online-Supermärkte geben sollte, betonte er. Denn nicht hinter jedem Emmas Enkel wachse das Gemüse, das die Endkunden kaufen, formulierte er es. Das müsse immer noch geliefert werden. Fest stand für die Experten außerdem: Der Lieferverkehr müsse möglicherweise künftig neu organisiert werden. Denn Auslieferungen an den Endkunden seien in der Regel kleinteiliger und vielleicht gehen sogar mehr Pakete in Zukunft von den Herstellern direkt an Endkunden, ohne über ein Lager gebündelt zu werden. Nachbesserungsbedarf sieht Kille da gerade bei kleineren Start-ups. "Es kann nicht sein, dass erst ein Lieferdienst von Hello Fresh ein Paket beim Kunden ausliefert, dann der Rewe-Lieferdienst und dann kommt DHL." Hier müssten die Lieferdienste kleinerer Start-ups das Volumen mit anderen besser bündeln, meint Kille. "So lange die Letzte Meile nicht wirklich gelöst ist, gerade im Frischesegment, wird es im E-Commerce-Wachstum eine Sättigung geben", sagt er. Wenn diese einmal aber geknackt ist, da waren sich alle Experten sicher, "dann fällt der Hebel. Dann geht im E-Commerce die Post ab." Auch im E-Food. Bleibt nur die Frage: Wann fällt der Hebel? Wird Amazon Fresh das Thema treiben? Darauf hofft zumindest Brüser von Emmas Enkel. "Jeder neue Anbieter, der in das E-Food-Segment einsteigt, ist hilfreich, um das Thema in Deutschland zu treiben." Mehr zum Thema finden Sie im Dossier E-Commerce www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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