-- Anzeige --

Union und SPD nehmen große Hürde – aber auch nicht mehr

10.03.2025 09:56 Uhr | Lesezeit: 4 min
Von Links: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von der CSU, Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU und die SPD-Führungsspitze Lars Klingbeil und Saskia Esken am 8. März 2025 bei einer Pressekonferenz
Von Links: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von der CSU, Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU und die SPD-Führungsspitze Lars Klingbeil und Saskia Esken am 8. März 2025 bei einer Pressekonferenz
© Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber

Finanzen, E-Auto-Prämie, Stromsteuer: In einigen Fragen sind sich Union und SPD nun mit dem Ende der Sondierungsgespräche einig. Viele haben sie aber noch gar nicht behandelt. Der Weg zur Koalition ist noch lang und steinig.

-- Anzeige --

Union und SPD haben mit ihrer Einigung in den Sondierungsgesprächen die erste große Hürde auf dem Weg zu einer gemeinsamen Regierung genommen. Die wichtigen Finanzfragen sind geklärt, der Migrationskurs abgesteckt und die Reform des Bürgergelds beschlossen.

Man will hohe Milliardenschulden machen, um mehr Geld für Verteidigung und die Instandsetzung der Infrastruktur zu haben. Zusätzlich gibt es Einigungen in vielen kleineren Bereichen. Zum Beispiel soll das bisherige Bürgergeldsystem verändert werden. „Für Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz.

Zur Unterstützung der tief in einer Krise steckenden deutschen Wirtschaft sollen die Energiekosten gesenkt werden. Konkret soll die Stromsteuer gesenkt werden. Das soll nicht nur Unternehmen, sondern auch private Haushalte entlasten.

CDU, CSU und SPD wollen in einer möglichen Bundesregierung zudem die schleppende Nachfrage nach Elektroautos wieder stärker ankurbeln. Wie die Parteien nach ihren Sondierungsgesprächen mitteilten, wollen sie die E-Mobilität durch „einen Kaufanreiz“ fördern. Eine bestehende Kaufprämie war Ende 2023 wegen Haushaltsnöten von der Ampel-Koalition abrupt gestoppt worden, danach sackte die Nachfrage spürbar ab.

Grün kann Schwarz-Rot den Start verhageln

Damit gibt es eine Grundlage für Koalitionsverhandlungen, die von den Spitzengremien der CDU, CSU und SPD heute beziehungsweise morgen beschlossen werden sollen. Es gibt aber noch viele Stolpersteine, bevor CDU-Chef Friedrich Merz als Kanzler und seine Minister vereidigt werden können.

Das fängt bei den Finanzen an. In den zentralen Finanzfragen hatten die Unterhändler mit der Lockerung der Schuldenbremse und einem gigantischen Sondervermögen für Infrastruktur eine Einigung erzielt. Die Union kam der SPD dabei sehr weit entgegen und warf dafür sogar Wahlkampfversprechen über den Haufen.

Aber da sind auch noch die Grünen, die für die notwendige Grundgesetzänderung durch den alten Bundestag bis zum 25. März zwingend gebraucht werden. Wenn die sich nicht überzeugen lassen, ist die Grundlage für die Koalitionsverhandlungen hinüber, bevor diese richtig begonnen haben. Denn im neuen Bundestag bräuchte man für eine Zwei-Drittel-Mehrheit AfD (Zusammenarbeit ausgeschlossen) oder Linke (Zusammenarbeit extrem schwierig).

Die Grünen werfen Union und SPD vor, ihre Wahlversprechen durch die neuen Finanzmittel finanzieren zu wollen, statt das Geld für tatsächliche Verbesserungen einzusetzen. „Das ist Gift für unser Land“, sagte Parteichefin Franziska Brantner am Samstag, den 8. März.

Co-Parteichef Felix Banaszak betonte: „Von einer Zustimmung sind wir heute weiter entfernt als in den letzten Tagen.“

(Update, 10. März, 12 Uhr)

Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, sagte dann am Montag, den 10. März, in Berlin, sie und die Co-Vorsitzende Britta Haßelmann hätten der Fraktion empfohlen dem milliardenschweren Verteidigungs- und Infrastrukturpaket von CDU/CSU und SPD nicht zuzustimmen.

(Update Ende)

Fallstrick bei Migration: die Nachbarländer

Auch die zweite große Grundsatzeinigung - beim Thema Migration - beinhaltet einen Fallstrick. Die Union hat zwar ihren Willen bekommen, dass auch Asylbewerber an den Grenzen zurückgewiesen werden sollen. Ob das aber für die von ihr geforderte Wende in der Asylpolitik sorgen wird, muss sich noch erweisen. Denn die Zurückweisungen, für die mehr Polizisten an den Grenzen kontrollieren sollen, sind „in Abstimmung mit den europäischen Nachbarn“ geplant. Und wie die darauf reagieren, ist offen.

Vieles ist ungeklärt

Und dann gibt es noch eine Reihe weiterer schwieriger Fragen, die bisher gar nicht oder nur ansatzweise besprochen wurden. Einige Beispiele:

Laut Sondierungspapier wollen Union und SPD „im Rahmen der Haushaltsberatungen auch Einsparungen vornehmen". Welche Bereiche das betreffen könnte, wird für heftige Kontroversen sorgen. Außerdem offen: Ob nach dem riesigen Schuldenpaket noch Steuern erhöht werden.

Bei der Rente haben beide Seiten zwar die Sicherung des Niveaus vereinbart, aber nicht auf welcher Höhe. Die Außen- und Sicherheitspolitik ist im Sondierungspapier praktisch kein Thema. Offene Fragen sind: Werden kurzfristig Waffenlieferungen für drei Milliarden Euro in die Ukraine genehmigt? Bleibt das Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern? Was ist mit der Wehrpflicht? Und wie steht Deutschland zu einem europäischen nuklearen Schutzschirm und einer europäischen Friedenstruppe für die Ukraine?

Das gerade erst reformierte Wahlrecht soll überprüft werden. Wie es geändert werden könnte, wäre noch zu klären.

Wie geht es jetzt weiter?

Schon einen Tag nach der Einigung der Sondierer haben der CSU-Vorstand und die SPD-Führung jeweils einstimmig der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zugestimmt. Damit fehlt nur noch das Ja der CDU-Führung, die am Montag entscheiden will. Danach beginnt die eigentliche Arbeit am Koalitionsvertrag. Erst wenn ein Koalitionsvertrag steht und von den Parteien beschlossen ist, steht auch die Regierung.

Was muss denn nun überhaupt noch vereinbart werden?

Sondierungen, also die bisherigen Treffen, sind ein Abtasten der Parteien. Passen wir zusammen? Können wir vernünftig miteinander sprechen? Sie suchen eine gemeinsame Erzählung, entwickeln ein gemeinsames Ziel. Besonders strittige Themen, wie hier etwa Finanzen und Migration, werden schon mal aus dem Weg geräumt.

Doch in einem Koalitionsvertrag steht später noch viel mehr. Um den zu formulieren, werden nun zahlreiche Arbeitsgruppen gebildet, zum Beispiel zur Verkehrspolitik, zu Familienpolitik, zur Umwelt- und Klimapolitik. In den Sondierungen der Ampel-Regierung 2021 gab es 22 solcher Arbeitsgruppen.

Einigen müssen sich die Verhandler auch über den Zuschnitt der Ministerien. Soll es etwa künftig ein eigenes Ministerium für Digitalisierung geben? Auch welche Partei welche Ministerien übernimmt, wird normalerweise ausgehandelt und im Koalitionsvertrag geregelt.

Wie lange kann das Verhandeln dauern?

Üblicherweise dauert das mehrere Wochen. Beim letzten Mal - und da wurde vergleichsweise geräuschlos verhandelt - vergingen zwischen dem Ende der Sondierung und der letzten Sitzung der Koalitionsverhandlungen fast eineinhalb Monate. Der wahrscheinlich künftige Kanzler Merz hat das Ziel ausgerufen, bis Ostern fertig zu sein.

Wann steht dann endgültig eine Regierung?

Über den Koalitionsvertrag und damit die Beteiligung an einer gemeinsamen Regierung stimmen die Parteien ganz am Ende des Prozesses ab. Bei der CDU passiert das auf einem kleinen Parteitag, bei der CSU reicht ein Vorstandsbeschluss. Die SPD plant dagegen eine Abstimmung aller Mitglieder - auch, weil die Zusammenarbeit mit CDU-Chef Merz nicht überall in der Partei so gern gesehen wird.

-- Anzeige --
-- Anzeige --

HASHTAG


#Politik

-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Die VerkehrsRundschau ist eine unabhängige und kompetente Abo-Fachzeitschrift für Spedition, Transport und Logistik und ein tagesaktuelles Online-Portal. VerkehrsRunschau.de bietet aktuelle Nachrichten, Hintergrundberichte, Analysen und informiert unter anderem zu Themen rund um Nutzfahrzeuge, Transport, Lager, Umschlag, Lkw-Maut, Fahrverbote, Fuhrparkmanagement, KEP sowie Ausbildung und Karriere, Recht und Geld, Test und Technik. Informative Dossiers bietet die VerkehrsRundschau auch zu Produkten und Dienstleistungen wie schwere Lkw, Trailer, Gabelstapler, Lagertechnik oder Versicherungen. Die Leser der VerkehrsRundschau sind Inhaber, Geschäftsführer, leitende Angestellte bei Logistikdienstleistern aus Transport, Spedition und Lagerei, Transportlogistik-Entscheider aus der verladenden Wirtschaft und Industrie.