Transport Logistic 2013

Transport Logistic 2013 Der Teamgedanke rückt nach vorne Neuer Rekord für die Transport Logistic 2013: Nie kamen mehr Besucher nach München als bei der diesjährigen Veranstaltung. Und noch nie wurde so viel über Netzwerke gesprochen und neue Kooperationen vorgestellt wie in diesem Jahr. Wie das ist, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, mussten in den vergangenen Tagen viele Menschen in Deutschland leidvoll erfahren. Doch immer wieder war zu hören, dass die Not zusammenschweißt, dass man gemeinsam anpackt, um die Folgen der Hochwasserkrise abzufedern. Eine Hochwasserkrise gibt es in der Transport- und Logistikbranche nicht. Aber das Zusammenarbeiten, die Bildung von neuen Bündnissen, das war auch auf der Messe Transport Logistic in München eines der vorrangigen Themen, womöglich sogar das Trendthema überhaupt. Dass das Thema Kooperationen so stark in den Vordergrund gerückt ist, hat sicher auch mit der schwierigen wirtschaftlichen Lage zu tun, über die in den Münchener Messehallen natürlich auch eifrig diskutiert wurde. Doch dazu später mehr. Zunächst zum Thema Kooperation. Sicher ist das kein neues Thema, aber eines, das offenbar an Tempo aufnimmt, wenn man dazu die diversen Aussagen auf der Messe hört. So ist in München die Gründung eines „European Food Network“ bekannt gegeben worden. Dazu haben sich zwölf mittelständische europäische Lebensmittel-Logistikdienstleister unter der Systemführerschaft von Dachser zusammengeschlossen. Zu den weiteren Speditionen zählen Marktgrößen wie Raben, Brummer Logistik, Karlhubert Dischinger und Galliker. Jeder einzelne Partner ist in „seinem“ Land jetzt schon stark. Gemeinsam decken die Partner den Großteil Europas ab und erzielen einen Umsatz von 1,2 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Branchengröße Nagel Group erwirtschaftete im letzten Jahr 1,4 Milliarden Euro. In einem kleinen, aber feinen Nischensegment warteten auch die Logistikgruppe Sigloch, Transoflex und TLS mit einer kleinen Sensation auf: Sie haben soeben das gemeinsame Kompetenznetz Fashion-Logistik für den Transport von hängender Bekleidung gestartet. „Läden erhalten damit sowohl Paket- als auch Hängeware in nur einer Anlieferung“, nennt Oliver Rupps, Vorsitzender der Geschäftsführung von Trans-o-flex, den großen Vorteil der gemeinsamen Zusammenarbeit. Jedes der drei Unternehmen wird dafür nun seine jeweiligen Stärken einbringen. So holen Sigloch und TSL die Ware bei den Kunden ab, verteilen sie von drei regionalen Logistikzentren auf die Auslieferstandorte von Trans-o-flex und stellen größere Sendungspartien zu. „Als Mittelständler kann ich nicht alles selbst machen. Dazu brauche ich Partner,“ begründet Sigloch-Chef Christoph Schaupp die Zusammenarbeit mit TLS und Trans-o-flex. Und wenn es nach ihm geht, werden solche Kooperationen mittelfristig in der Logistikbranche noch zunehmen. Dieser Ansicht sind offenbar auch der Stückgutverbund Star und Elvis, Anbieter eines Teil- und Komplettladungsnetzes. Auch sie wollen künftig auf operativer Ebene vermehrt zusammenarbeiten, sagte Elvis-Vorstand Jochen Eschborn gegenüber der VerkehrsRundschau. So könnten nun Star-Partner ihre Teilladungen in das Elvis-Netz einspeisen, während Elvis-Partner ihre Stückgutsendungen über Star versenden. Auch in den Hauptläufen könne die Zusammenarbeit auf operativer Ebene Optimierungspotenziale erschließen, so Eschborn. Eine gesellschaftliche Verflechtung beider Verbünde schließt er indes aus. Eine Kooperation, die es schon länger im Markt gibt, ist X-Rail. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von sieben europäischen Staatsbahnen in Europa, die das vorantreiben wollen, was sie alleine nicht geschafft haben: einen funktionierenden Einzelwagenverkehr in Europa auf die Beine stellen. X-Rail gehören die Staatsbahnen aus Schweden, Luxemburg, Belgien, Schweiz, Österreich, Tschechien und Deutschland (DB Schenker Rail) an. Und wer in Europa in dem Verbund nicht mitmacht, der muss sehen, wo er bleibt: So könnte man die Ankündigung der Bahnen verstehen, zum Ende des Jahres auch in Italien als X-Rail-Gruppe Einzelwagenverkehre anzubieten, nachdem die italienische Staatsbahn Trenitalia sich aus diesem Geschäft mehr und mehr zurückzieht. Dass Kooperationen auch völlig neue Welten eröffnen kann, zeigt das Beispiel SBB Cargo. Die Schweizer wollen innerhalb ihres Landes eine City-Logistik auf die Beine stellen, bei der große Städte mit Handelsgüter im Nachtsprung per Bahn miteinander verbunden werden. Erste Linien laufen bereits. Nicolas Perrin, CEO von SBB Cargo, sprach sich in München für eine engere Kooperation mit dem Straßengüterverkehr aus: „Es geht um ein leistungsfähiges Gesamtsystem, ohne Straßenpartner funktioniert die Logistik nicht.“ Ganz offensichtlich bewegen sich da zwei Wettbewerber aufeinander zu, die sich ehemals spinnefeind waren. Dass Kooperationen gerade im Eisenbahnverkehr nicht ganz einfach sind, weil viele Akteure eingebunden werden müssen, zeigt eine neue regelmäßige Güterzugverbindung zwischen der zentralchinesischen Metropole Chengdu und Lodz in Polen, die während der Messe vorgestellt wurde. Organisiert und durchgeführt werden die Transporte vom polnisch-chinesischen Gemeinschaftsunternehmen Chengdu Hatrans YHF Intermodal Logistics. Zu den Nutzern dieser interkontinentalen Verbindung gehören die Unternehmen DHL und die Spedition Hellmann. Deren Eigner, Klaus Hellmann, sprach von einer Renaissance des Schienentransports, weil anders als noch vor zehn Jahren qualitativ hochwertige Dienste angeboten würden. Chemielogistik mit Defiziten Damit die Züge über zahlreiche Landesgrenzen hinweg eine konkurrenzfähige Transitzeit erreichen, müssen viele Räder ineinandergreifen: Spediteure, Eisenbahnunternehmen, Zollbehörden und Operateure. „Das Wichtigste ist die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten“ betonte Hellmann. Sofiane Rachedi, Präsident des chinesisch-polnischen Betreiberkonsortiums, wies auf die zentrale Rolle des digitalen Datentransfers hin. Er kündigte an, dass in west-östlicher Laufrichtung spätestens im April 2014 wöchentliche Transporte stattfinden würden. Kooperation ist auch ein wichtiges Thema in der Chemielogistik. Oder, wenn es nach Professor Carsten Suntrop, Mitautor der Studie Chemielogistik, geht, sollte sie es zumindest sein. Denn seiner Ansicht nach besteht in der Branche ein deutliches Defizit in der Integration der Partner in der Wertschöpfungs- oder Logistikkette. Hier sieht Suntrop noch ein Potenzial für Dienstleister mit Vorteilen für beide Seiten. „So langsam bewegt sich aber etwas im Markt“, sagte Suntrop auf einem Diskussionsforum des Wiley-VCH Verlages. Als Beispiel für kooperatives Vorgehen nannte er das Unternehmen Log4chem, das Bertschi, De Rijke und Hoyer Ende Mai gegründet hatten und Lösungen in allen Bereichen der Logistik ohne eigenes Equipment anbieten soll. Solche Initiativen sind offenbar auch notwendig, da der Druck im Transport- und Logistikmarkt weiterhin hoch ist. Das schwierige erste Quartal 2013 drückt viele, auch wenn noch keiner von Krise sprechen will. Stattdessen zeigt sich jeder vorsichtig, wie etwa IDS-Logistik-Chef Michael Bargl, der im deutschen Stückgutmarkt in diesem Jahr eher stagnierende Umsätze erwartet. Lediglich Hellmann-Geschäftsführer Klaus Hellmann, sprach offen aus, was derzeit viele denken: Die gesamte Logistikbranche brauche aufgrund der steigenden Kosten dringend Preiserhöhungen: „Ansonsten laufen wir alle Gefahr, dass wir mit 100 gegen die Wand fahren“, so der Hellmann-Chef. Auch Vertriebsvorstand Andreas Otto von Lufthansa Cargo sieht dunkle Wolken am Horizont: „Die Luftfrachtbranche ist derzeit mit massiven Schwierigkeiten konfrontiert“, sagte er auf der Aircargo Europe Conference im Rahmen der Transport Logistic in München. Otto: „Es gibt nur wenige Airlines, die wirklich rentabel arbeiten.“ Ausgebuchte Logistikhallen Aber auf der Messe waren auch andere Stimmen zu vernehmen: So hat Thomas Karmann vom Logistikimmobilienentwickler Prologis den Eindruck, dass es den Logistikdienstleistern derzeit nicht richtig schlecht geht. Seine Hallen sind in Deutschland komplett vermietet und „die mal vorhandene Unterauslastung in den vermieteten Hallen ist abgebaut.“ Karmann räumt aber ein, „dass die Anfragen nach neuen Lagerflächen im ersten Quartal verhaltener waren als im vergangenen Jahr.“ Insgesamt sei die konjunkturelle Lager unbestimmt, in Europa aber grundsätzlich gut. Die Immobilienentwickler liefern ein weiteres Indiz dafür, dass die Wirtschaft nicht am Rande des Abgrunds steht. „Wir bauen auch wieder spekulativ, besonders gerne dann, wenn es durch Vorvermietungen schon eine gewisse Grundauslastung gibt“, sagt Andreas Fleischer vom Logistikimmobilienentwickler Goodman. Spekulatives Bauen war im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 gänzlich zum Erliegen gekommen. Ein anderes Vermietgeschäft profitiert von der Verunsicherung unter den Logistikdienstleistern. „Während der LKW-Markt insgesamt schrumpft, steigt der Mietanteil“, sagt Peter Ström, Geschäftsführer des LKW-Vermieters Pema. Im Moment herrsche eher Unsicherheit als gute oder schlechte Stimmung unter den Transportunternehmen. Prognose für 2013: Geringes Plus Diese Unsicherheit spiegelt sich auch in der aktuellen Hochrechnung für den Logistikmarkt in Deutschland wider, die die Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS in Nürnberg für das laufende Jahr abgegeben hat. Demnach werden die Umsätze voraussichtlich nur leicht wachsen oder sogar stagnieren. Die Wissenschaftler gehen von einem Prognosekorridor zwischen minus 1 Prozent (Worst Case) und plus 3 Prozent (Best Case) für den Gesamtmarkt aus. In den Jahren 2010 und 2011 wuchs der Logistikmarkt noch jeweils um 6 Prozent. Allerdings ging 2009 krisenbedingt ein drastischer Markteinbruch von 9 Prozent voraus. Noch düsterer fällt die Prognose für den Logistikdienstleistungsmarkt aus. Von den 228 Milliarden Euro Gesamtmarktvolumen entfällt etwa die Hälfte auf die Logistikdienstleister (Outsourcing-Anteil), der Rest auf die Leistungen, die Industrie- und Handelsunternehmen mit ihren eigenen Logistikabteilungen erwirtschaften. Für die Leistungen der Transporteure, Spediteure sowie Lager- und Umschlagsunternehmen von insgesamt rund 114 Milliarden Euro (2012) prognostiziert Kille für 2013 eine Entwicklung von brutto minus zwei bis plus zwei Prozent. Inflationsbereinigt bedeutet dies mindestens eine Stagnation oder sogar einen Rückgang des Logistikdienstleistungsmarktes. Schwierige Zeiten also, die da offenbar auf die Branche zukommen. Ob das der Grund war, dass Größen wie Deutsche Post DHL, DPD, Fiege, GLS und Logwin auf einen Stand verzichteten? Oder waren sie nicht in München, weil Logistikmessen im Vergleich zu Branchenmessen an Bedeutung verlieren? Diese Frage lässt sich in zwei Jahren beantworten, wenn vom 5. bis 8. Mai die nächste Transport Logistic stattfindet. ❙❚■ Michael Cordes, Eva Hassa, Andre Kranke, Serge Voigt, Dietmar Winkler Transport Logistic 2013 Neuer Besucherrekord Die endgültige Zahl steht noch nicht fest, aber sicher ist, dass die Messe Transport Logistic einen neuen Besucherrekord verzeichnet hat: 53.000 Besucher sollen es nach Angaben der Münchner Messe gewesen sein. 2011 hatten 51.310 Besucher den Weg zur weltweit größten Messe für Transport und Logistik gefunden. Das Wachstum beruht vor allem auf mehr Besucher aus dem Ausland: Mittlerweile kommen fast 40 Prozent der Besucher aus dem Ausland. Mit 2013 (2011: 1893) Ausstellern aus 63 Ländern auf 110.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche wächst die Transport Logistic aber auch bei den Ausstellern und der Fläche. Der Zuwachs kommt ebenfalls vor allem aus dem Ausland. cd DSLV-Forum zur Unsicherheit in den Lieferketten Die Risiken für Spediteure und Transporteure nehmen zu Je globaler Logistiker agieren, desto unwägbarer werden die Risiken für die Lieferkette. Welche Ereignisse die zunehmend komplexere Supply Chain bedrohen und wie Unternehmen plötzliche Unterbrechungen durch vorausschauendes Management verhindern können, erörterte der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) gemeinsam mit Rechts- und Wirtschaftsexperten im Rahmen eines Forums. Störungen treten nicht nur in Form von Naturereignissen auf, wie die jüngste Hochwasserkatastrophe, sondern sind oft auch politisch bedingt: So informierte DSLV-Geschäftsführerin Jutta Knell über Anti-Terror-Maßnahmen und Embargos. Diese würden vielfach unterschätzt. Auch nationale Transporte könnten unter internationale Handelsverbote wie das Iran-Embargo fallen. „Wer dies vernachlässigt, darf sich nicht wundern, wenn eines Tages die Staatsanwaltschaft an die Tür klopft“, warnte Knell. Auf rechtliche Gefahren ging Professor Thomas Wieske vom Institut für Logistikrecht und Risikomanagement (ILRM) aus Bremerhaven ein. Demnach sehe das derzeitige Frachtrecht nur eine limitierte Haftung vor und decke die wirtschaftlichen Folgekosten von Transportverzögerungen nur unzureichend ab. Logistiker seien eben keine Frachtführer mehr, betonte Wieske. Darum plädierte er für die Übertragung des Logistikrisikos auf die Kaufvertragsebene und die Übernahme der Notfallplanung als eigenen Punkt in die Ausschreibungsverfahren. Die versicherungstechnischen Möglichkeiten zur Absicherung logistischer Risiken zeigte Uwe Lukas von Meles Insurance aus Kempten am Beispiel der DSLV-Logistikpolice auf, die für Mitglieder des Verbandes entwickelt wurde. ag BGL-Forum zu den Problemen des wachsenden Straßengüterverkehrs Kommt die Elektrifizierung der Autobahnen? Wie können die Probleme des wachsenden Güterverkehrs auf der Straßen bewältigt werden? Diese Frage diskutierte der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) bei einer Veranstaltung im Rahmenprogramm. Bei den Bemühungen, den wachsenden Gütertransport umweltfreundlicher zu gestalten, zeigt sich allzu deutlich die Diskrepanz zwischen Wunschdenken und Realität. Darauf verwies Professor Tobias Bernecker vom Institut für Nachhaltigkeit in Verkehr und Logistik. Das im Weißbuch Verkehr der EU-Kommission festgeschriebene Ziel, 30 Prozent des Straßengüterverkehrs mit Distanzen über 300 Kilometern bis zum Jahr 2030 auf die Schiene zu verlagern, hält Bernecker ebenso wie der wissenschaftliche Beirat des Bundesverkehrsministeriums für unrealistisch. Mathias Samson, Referatsleiter im Bundesumweltministerium, hält es nicht für möglich, dass die Ziele der Bundesregierung zur Reduzierung der Treibhausgase mit dem Festhalten am Verbrennungsmotor im LKW zu erfüllen sind. Gegenüber dem Niveau von 2011 könnten die Verbräuche der Motoren maximal um 30 Prozent auf 23 Liter/100 Kilometer gesenkt werden. Als einzige realistische Möglichkeit zur Erreichung des Emissionsziels sieht er die Elektrifizierung der wichtigsten Autobahnen mit Oberleitungen, um LKW elektrisch zu betreiben. Entsprechende Pilotprojekte seien vielversprechend verlaufen. Dass die Verkabelung von 5700 Kilometern Autobahnen machbar ist, glaubt auch BGL-Präsident Adalbert Wandt: „Aus unserer Sicht ist das ein vielversprechender Ansatz.“ Etwa ein Drittel Dieselkraftstoff spart die Spedition Ansorge Logistik aus Biessenhofen im Allgäu durch den Einsatz von Lang-LKW im Vergleich zu herkömmlichen LKW. Erste Auswertungen über 528 Rundläufe (140.448 Kilometer) im Vor- und Nachlauf des Kombinierten Verkehrs zeigte Ansorge-Geschäftsführer Wolfgang Thoma. „Alle Ziele, die wir mit dem Lang-LKW erreichen wollten, haben sich erfüllt, sowohl ökonomisch als auch ökologisch“, bilanzierte Thoma. diwi Zwölf Spediteure schließen sich zum European Food Network zusammen Ein neuer Zug zwischen China und Europa, den DHL und Hellmann nutzen