Erfurt. Die Erfurter Staatsanwaltschaft geht einem Korruptionsverdacht bei IHK-Prüfungen für Gefahrguttransporte nach. Die Ermittlungen richteten sich gegen einen Fahrschulinhaber und zwei Prüfer, die im Auftrag der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt arbeiteten, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Hannes Grünseisen, am Samstag dem Newsportal „Thüringen24“. Er bestätigte damit einen Bericht des Fernsehsenders „MDR Thüringen“.
Den Beschuldigten wird vorgeworfen, den Prüflingen die Antworten vorab gegeben zu haben, sagte Grünseisen. Dafür könnten zwischen Januar 2013 und August 2015 Schmiergelder geflossen sein. Rund 500 Verdachtsfälle würden geprüft. Die Lastwagenfahrer, die auf diese Weise offenbar ihre Schulungsbescheinigungen erhielten, kommen laut dem „MDR“ aus ganz Deutschland. Aus Ermittlerkreisen hieß es, die Praxis habe sich unter den Fahrern schnell herumgesprochen. Es soll einen regelrechten Prüfungs-Tourismus nach Erfurt gegeben haben.
Die IHK Erfurt erklärte laut dem Newsportal, sie sei von einem Gefahrgutfahrer auf Unregelmäßigkeiten bei der Schulung und Prüfung aufmerksam gemacht worden. Danach habe die Kammer Strafanzeige gestellt. Einen solch schwerwiegenden Verdachtsfall der Korruption von ehrenamtlichen Prüfern und einem zertifizierten privaten Bildungsträger habe es in den vergangenen 25 Jahren bei der Kammer noch nicht gegeben, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer, Gerald Grusser, am Sonntag dem Onlinemedium „Thüringen24.
Der betroffenen Fahrschule und den Prüfern seien nach Bekanntwerden der Anschuldigungen weitere Schulungen und Prüfungen im Auftrag der IHK untersagt worden. Auch die von ihnen ausgestellten Gefahrgutbescheinigungen seien wieder eingezogen worden. Für die Erfurter IHK sind nach eigenen Angaben rund 2500 Prüfer aus Unternehmen und berufsbildenden Schulen ehrenamtlich tätig. Sie nehmen jährlich mehr als 8000 Prüfungen ab.
Steffen Schulze, zuständiger Abteilungsleiter in der IHK Erfurt, bestätigte nach Mitteilung des „MDR“ die Ermittlungen. Vor gut zwei Jahren sei man auf den Fall aufmerksam geworden. Nach internen Prüfungen habe die Kammer bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet und arbeite mit den Ermittlern zusammen. Seit Monaten würden bei betroffenen Fahrern die Bescheinigungen wieder eingezogen. (dsb/ag)