Tauglicher Kraftstoff, kleines Netz

Die VerkehrsRundschau 12/2018 gab einen Überblick über das Angebot an E-Lkw. Strom ist theoretisch überall verfügbar. Das Problem bei den E-Trucks ist eher die Verfügbarkeit der Fahrzeuge.Beim Thema Gas ist die Situation anders: Es gibt inzwischen zahlreiche, durchaus ansprechende und praxistaugliche Anwendungen. Nur fehlt es aktuell - zumindest in Deutschland - an einer passablen Infrastruktur. Das Erdgasnetz umfasst nahezu ausnahmslos CNG (Erdgas unter Druck)-Zapfstellen. LNG (flüssiges Erdgas, Voraussetzung für adäquate Reichweiten) ist aktuell nur an zwei Tankstellen in Deutschland verfügbar. Immerhin plant zum Beispiel Linde zeitnah weitere Stationen zu errichten. Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches DVGW als zuständiger Verband geht davon aus, dass man 40 Stationen in Deutschland braucht, um die flächendeckende Versorgung des Schwerverkehrs sicherzustellen.Die Vorteile von Erdgas: Es ist im direkten Vergleich günstiger, die CO2-Emissionen im Vergleich zum Diesel reduzieren sich um rund zehn Prozent. Der Stickoxidausstoß, aktuell stark in der Diskussion, liegt um 35 Prozent niedriger. Zudem hat der Gasmotor nahezu keine Rußemissionen und läuft wegen seiner weicheren Verbrennung deutlich leiser. Größtes Problem war bislang die Reichweite. Mit flüssigem Erdgas (-160 Grad Celsius) lassen sich - abhängig von der Tankgröße - problemlos 1000 km und mehr realisieren. Gerade im Fernverkehr spielt das sogenannte Blow-By-Gas (Erdgas, das durch Erwärmung des Tanks austritt) keine Rolle, da der Effekt durch die permanente Fahrzeugnutzung so gut wie nicht auftritt.Erdgas-Pionier kommt aus ItalienPionier beim Gas-Lkw ist Iveco. Früh kamen die Italiener mit einem Achtliter-Sechszylinder mit maximal 330 PS. Die Nachfrage südeuropäischer Kunden nach mehr Leistung führte zur Indienststellung des Stralis "NP" mit 400 PS.Mit automatisierter Schaltung und Retarder - weil der Gasmotor kaum Bremsmoment aufbaut - lässt sich der NP sehr gut fahren. Im VerkehrsRundschau-Test benötigte er 17,3 Kilo Erdgas auf 100 Kilometer. Das entspricht einem Dieselverbrauch von knapp 22,5 l/100 km. Der NP fährt also die 100 km rund elf Euro billiger als ein Diesel, kostet aber auch gut 52.000 Euro mehr. Sein Nutzer müsste 450.000 km fahren, ehe der Mehrpreis kompensiert ist. Zudem fallen die Wartungskosten höher aus, weil der NP alle 90.000 Kilometer zum Service muss. Dabei fallen unter anderem regelmäßige Zündkerzenwechsel an.Selbst mit 400 PS sah sich Iveco relativ schnell mit Kundenforderungen nach mehr Leistung konfrontiert. Aktuell präsentierte der Hersteller deshalb eine Version auf Basis des 13-Liter-Sechszylinders mit 460 PS.Auch Scania legte jüngst Leistung zu und betrat mit ebenfalls 13 Litern Hubraum die Klasse über 400 PS - konkret 410 PS. Die Schweden setzen auf gleiche Zutaten: automatisierte Schaltung und Retarder. Einen eigenen Weg geht Volvo. Die Intention der Göteborger war die Reduzierung der Wartungskosten durch Wegfall der Fremdzündanlage sowie eine Diesel-ähnlichere Fahrbarkeit. Realisiert wurde das über die sogenannte Zündstrahltechnik. Mit rund fünf bis zehn Prozent der eigentlichen Dieseleinspritzmenge eines konventionellen Motors entsteht eine Flammfront, an der sich das Gas entzündet. Tatsächlich machen die LNG-Volvo im Test einen sehr kräftigen Eindruck - allerdings mit dem Nachteil einer komplexen Abgasreinigungstechnik und dreier Betriebsmittel (LNG, Diesel und AdBlue), die der Nutzer einfüllen muss.Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Grüne Logistik www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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