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Der Gesetzgeber hat das Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe besonders ins Visier genommen: Bestimmte Wirtschaftszweige, die man als anfällig für Schwarzarbeit und Niedriglöhne einstuft, trifft eine besondere Aufzeichnungspflicht. Diesbezüglich verweist das Mindestlohngesetz auf das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, das in diesem Zusammenhang neben der Speditions-, Transport- und Logistikbranche unter anderem das Gastronomie- und das Baugewerbe nennt. Für Arbeitgeber dieser Wirtschaftszweige heißt das: Damit der Zoll künftig überprüfen kann, ob sie den Stundenlohn von mindestens 8,50 Euro brutto pro Stunde zahlen, müssen die betroffenen Unternehmen ab 1. Januar 2015 Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jedes Mitarbeiters aufzeichnen. Die Unterlagen müssen in deutscher Sprache abgefasst sein, der Prüfbehörde jederzeit vorgelegt werden können und zwei Jahre lang aufbewahrt werden. Dokumentation auf allen Ebenen Jedes Speditions-, Transport- und Logistikunternehmen trifft diese Dokumentationspflicht, und zwar für jeden Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob er im Führerhaus eines LKW, im Lager, im Büro oder in der Chefetage arbeitet. Auch für geringfügig Beschäftigte, die auf 450- Euro-Basis arbeiten, soll dies gelten. Lagerarbeiter, Packer und Kommissionierer müssen bereits jetzt in vielen Betrieben ihre Arbeitszeit erfassen. Die von der Stechuhr, der Fingerprint-Software oder der Zeiterfassungs-App dokumentierten Daten genügen den Anforderungen des Mindestlohngesetzes. Denn eine ausdrückliche Form der Dokumentation ist im Gesetz nicht niedergeschrieben. Wichtig ist nur, dass die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden abzüglich Pausenzeiten festgehalten sind. Ob auch die Arbeitszeiten der Mitarbeiter im Innendienst - Bürokräfte, Disponenten, Fuhrparkmanager - bereits festgehalten werden, unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen. Häufig vertraut man hier einfach darauf, dass der Mitarbeiter seine vertragliche Wochenarbeitszeit einhält. Unüblich ist bislang die Aufzeichnung der Arbeitszeiten der leitenden Angestellten eines Betriebs. Bis in die Chefetage ist dies aber künftig nötig, auch wenn es dort wohl keine Niedriglohnbezieher gibt. "Zweck der Dokumentationspflicht ist es, die Zahlung des Mindestlohns überprüfen zu können. Arbeitnehmer, die in höhere Gehaltsstufen einzuordnen sind und mit dem Mindestlohn nicht in Berührung kommen können, sind daher nicht Adressat dieser Regelung", kritisiert Andreas Stommel vom Arbeitgeberverband Spedition und Logistik Deutschland (ASL) die strenge Regelung im neuen Mindestlohngesetz. In Zweifel genügt eine Liste auf Papier Fest steht: Alle Unternehmen, die bisher keinerlei Aufzeichnungen über die Arbeitszeiten der Mitarbeiter führen, müssen sich umstellen. Streng genommen reichen handschriftliche Notizen aus. Dies kommt aber allenfalls für kleine Betriebe infrage. Ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl müssen technische Vorrichtungen zur Zeit erfassung angeschafft und Mitarbeiter entsprechend geschult werden. Damit können aber auch Betriebsvereinbarungen über Überstunden, Kern- und Gleitzeit, Arbeitszeitkonten und Freizeitausgleich notwendig werden, die mit dem Betriebsrat auszuhandeln sind. Bestehende Arbeitsverträge müssen gegebenenfalls angepasst werden. "Für die Unternehmen würde die Umsetzung des Paragraf 17 Mindestlohngesetz auf alle Arbeitnehmer enorm hohe Kosten verursachen, die sich durch den Gesetzeszweck nicht rechtfertigen lassen", so Stommel weiter. "Die Leidtragenden wären auch die Arbeitnehmer, die die Vorteile einer Vertrauensarbeitszeit dann nicht mehr in Anspruch nehmen könnten." Zudem würden die betroffenen Branchen im Wettbewerb um Arbeitskräfte benachteiligt. Bei den LKW-Fahrern im Straßengüterverkehr zeichnet in der Regel das digitale Kontrollgerät mit Fahrerkarte bereits jetzt die Arbeitszeit auf. Die erfassten Daten sind bei Kontrollen des Bundesamts für Güterverkehr ausreichend. Bei den Kontrollen nach Mindestlohngesetz, für die die Zollbehörden zuständig sind, muss allerdings neben der Arbeitszeit auch der Lohn für die geleistete Arbeit überprüft werden. Wie dies zum Beispiel bei Kontrollen auf Fernstraßen möglich sein soll, dazu schweigt das Gesetz. Auch ist die Einstufung von Bereitschaftszeiten unklar. "Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales geht wohl derzeit von einer Berücksichtigung dieser Zeiten bei der Berechnung des Mindestlohns aus", sagt ASL-Geschäftsführer Stommel. "Einige Tarifverträge der Spedition und Logistik und auch viele Arbeitsverträge sehen hier eine Kürzung der Vergütung, auch unter 8,50 Euro, vor. Derzeit ist dies eine zulässige und gängige Praxis. Eine Berücksichtigung dieser Zeiten würde einen Widerspruch zwischen der Anwendung des Mindestlohngesetzes und der bisherigen Rechtsprechung auslösen", formuliert der ASL in seiner Stellungnahme an das Bundesfinanzministerium. Es gibt einige Ausnahmen Zwar hat das Ministerium in der gerade vorgelegten Mindestlohn-Aufzeichnungs-Verordnung (siehe Kasten auf Seite 43) Arbeitnehmer mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten begünstigt. "Nach unserer Einschätzung wird die Verordnung in der vorgelegten Fassung aber keine Erleichterung für die Unternehmen der Spedition und Logistik sowie des Güterverkehrs darstellen", so Rechtsexperte Stommel. Der Zoll will genau hinschauen Auch bei den Mindestlohnkontrollen will sich der Zoll auf die für Schwarzarbeit und Niedriglöhne besonders sensiblen Branchen fokussieren und mindestens 70 Prozent aller Prüfungen dort durchführen. Der Personalbedarf bei den Zollbehörden steigt dadurch enorm, man spricht von 1600 neuen Stellen bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Doch die Ausbildung der Kontrolleure ist aufwendig: Sie müssen nicht nur juristische Kenntnisse erwerben, sondern unterliegen auch einer speziellen Waffenträgerausbildung. Entsprechend lang dauert es, bis sie einsatzfähig sind. Sie werden sich auch mit der Kontrolle ausländischer Fahrer beschäftigen müssen. Denn auch Speditionen mit Sitz im Ausland müssen für Leistungen, die sie auf deutschem Boden erbringen, ihren Fahrern ab 2015 den deutschen Mindestlohn von 8,50 Euro zahlen. Dies gilt nicht nur für Kabotagetransporte, sondern auch für den grenzüberschreitenden und Transit-Verkehr. Eigentlich ist im Gesetz neben der Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit des Fahrers vorgesehen, jede Fahrt schriftlich in deutscher Sprache bei der Bundesfinanzdirektion West anmelden zu müssen; eine Versicherung, den deutschen Mindestlohn einzuhalten, ist beizulegen. Die ebenfalls jetzt vorgelegte Mindestlohnmeldeverordnung besagt hingegen aber, dass allgemeine Einsatzplanungen für einen Sechsmonatszeitraum ausreichen. "Der Verordnungsentwurf vereinfacht das Meldeverfahren für gebietsfremde Arbeitgeber in geradezu grotesker Weise dahingehend, dass eine Kontrolle der Mindestlohnzahlung bei ausländischen Arbeitnehmern faktisch unmöglich wird", sagt Karlheinz Schmidt vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung. "Bei dieser Sachlage droht, dass sich Kontrollen auf deutsche Unternehmen konzentrieren werden, das heißt: faktische Inländerdiskriminierung", so der Hauptgeschäftsführer. Dadurch verpuffe der grundsätzlich lobenswerte Ansatz, den Dumpingangeboten aus dem Ausland den gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland entgegenzusetzen. Die Serie Das Mindestlohngesetz richtig umsetzen - VR 49: Dokumentation und Kontrollei- VR 50: Bezahlung und Umrechnung- VR 51: Haftung und Absicherung Mindestlohn-Verordnungen Der Bund kommt Arbeitgebern einzelner Branchen entgegen Das Bundeskabinett hat Mitte November zwei Verordnungen auf den Weg gebracht, die im Detail die gesetzlichen Pflichten nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) regeln. Beide Verordnungen sollen zum 1. Januar 2015 in Kraft treten, eine Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt erfolgt in Kürze. Arbeitgebern bestimmter Branchen wird dadurch laut dem Bundesfinanzministerium die Umsetzung des Mindestlohngesetzes erleichtert. Und Zollkontrollen würden dadurch effizienter.Aufzeichnungspflicht vereinfachtArbeitgeber und Entleiher sind gemäß MiLoG ab 2015 verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer regelmäßig genau aufzuzeichnen. Mit der neuen Verordnung zur Abwandlung der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung nach dem Mindestlohngesetz und dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (Mindestlohnaufzeichnungsverordnung) wird dies vereinfacht. Für Arbeitnehmer mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten, die keinen Vorgaben zu Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit unterliegen und die sich ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen, entfällt die Aufzeichnung von Beginn und Ende der Arbeitszeit. Liegen diese drei Voraussetzungen vor, reicht es aus, nur die Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen. Diese Erleichterungen gelten zum Beispiel für Zeitungszusteller und Kurierdienste - allerdings nicht für das Gütertransportgewerbe. Sie sei wegen der Unterschiede der von einer Aufzeichnungspflicht betroffenen Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige im Hinblick auf die Organisation der Arbeitsabläufe erforderlich, heißt es in dem Entwurf der entsprechenden Verordnung.Davon unberührt bleiben demnach Aufzeichnungspflichten in sonstigen Rechtsvorschriften, insbesondere die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes sowie der Sozialvorschriften im Straßenverkehr über die Aufzeichnung von Arbeits-, Lenk- und Ruhezeiten.Meldepflichten gelockertDie ebenfalls neue Verordnung über Meldepflichten nach dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (Mindestlohnmeldeverordnung) vereinfacht die ab 2015 vorgeschriebenen Meldepflichten. Nach dem MiLoG sind Arbeitgeber mit Sitz im Ausland sowie Entleiher im Falle der Überlassung von Arbeitnehmern durch einen Verleiher mit Sitz im Ausland nämlich verpflichtet, für ihre nach Deutschland entsandten oder die grenzüberschreitend entliehenen Arbeitnehmer vor Beginn einer Werk- oder Dienstleistung dem Zoll eine schriftliche Anmeldung vorzulegen. Die nun vorgesehene Lockerung der Informationspflicht betrifft Tätigkeiten, bei denen in Schichten oder am selben Tag an mehreren Orten sowie ausschließlich mobil oder kurzzeitig und grenznah gearbeitet wird. Ein Beispiel ist der Güterverkehr, der grundsätzlich der gesetzlichen Meldepflicht unterliegt. Jede einzelne Fahrt zu melden, würde in diesem Fall effektive Kontrollen erschweren, heißt es in der entsprechenden Verordnung.Deswegen ist hier die Zusammenfassung mehrerer Arbeitseinsätze in einer Meldung an die Zollverwaltung erlaubt. Statt einer Einzelmeldung reicht zum Beispiel bei wechselnden Einsatzorten und bei Schichtarbeit die Übermittlung einer allgemeinen Einsatzplanung für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten aus. Für mobile Tätigkeiten genügt es, in der Einsatzplanung Angaben zum Arbeitgeber, zum Beginn und zur voraussichtlichen Dauer der Werk- oder Dienstleistung, zu den voraussichtlich eingesetzten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie zur Anschrift, an der Unterlagen bereitgehalten werden, zu machen. Diese Angaben können für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten gemeldet werden. Sofern die Unterlagen im Ausland bereitgehalten werden, ist der Einsatzplanung eine Versicherung beizufügen, dass die Unterlagen auf Anforderung der Behörden der Zollverwaltung für die Prüfung in deutscher Sprache im Inland bereitgestellt werden.Änderungen der Einsatzplanung bei wechselnden Einsatzorten und bei Schichtarbeit sind künftig erst zu melden, wenn sich der Einsatz um mindestens acht Stunden verschiebt. Für ausschließlich mobile Tätigkeiten entfällt eine Änderungsmeldung. Dies soll die betroffenen Unternehmen entlasten.Änderungen sind unwahrscheinlichDas Bundeskabinett hat die Verordnungen zur Kenntnis genommen. Nun muss sie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) noch zeichnen. Änderungen sind laut dem Bundesfinanzministerium unwahrscheinlich. ag

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