Paris. Bei der französischen Staatsbahn SNCF haben sich letztes Jahr zwei Dinge positiv ausgewirkt: Dank scharfer Kostenkontrolle konnte sie einen Produktivitätsgewinn von 825 Millionen Euro erzielen und insbesondere der Ende 2015 in den USA getätigte Zukauf im Logistikbereich in Gestalt der Firma OHL hat dem Gesamtumsatz zu mehr Glanz verholfen. Bei konstanten Parametern hätte er hingegen ein Minus von 1,5 Prozent ausgewiesen. So aber verzeichnete der Umsatz einen Anstieg um 2,8 Prozent auf 32,3 Milliarden Euro - und dies in einem schwierigen konjunkturellen und politischen Umfeld: Auf fast 700 Millionen Euro beziffert das Unternehmen die Umsatzeinbußen 2016 infolge der diversen Attentate, der massiven Streikbewegungen vom Frühjahr und im Frachtsektor wegen der Krisen im Stahl- und Cerealienbereich.
Nach Jahren ständigen Niedergangs hatte der Bahnfrachtsektor im Vorjahr erstmals einen positiven Umsatz gezeigt und erlitt nun wegen der genannten unvorhersehbaren Effekte einen Rückschlag. Für Fret SNCF verringerte sich der Umsatz dadurch um 13 Prozent. Die seit 2011 laufenden Bemühungen zur Verringerung der operativen Verluste bekamen einen Dämpfer. Konnten sie im Jahr zuvor auf minus 86 Millionen Euro reduziert werden, lautete die Zahl im letzten Jahr minus 129 Millionen Euro.
SNCF Logistics profitiert von Geodis
Die Logistik- und Gütertransportbranche SNCF Logistics profitierte von der Dynamik der Tochter Geodis und kam mit 55 Prozent internationalem Anteil auf einen Umsatz von mehr als 10 Milliarden Euro. Der Anstieg lag bei 10,7 Prozent und hätte bei gleichen Parametern einen Negativwert von minus 0,7 Prozent gezeigt. Der operative Gewinn stieg von 295 auf 490 Millionen Euro, das sind 4,8 Prozent Umsatzanteil gegenüber 3,2 Prozent ein Jahr zuvor. Das Bahntransportvolumen im Europaverkehr erhöhte sich um 12 Prozent.
Unter den Bereichen, die es im laufenden Jahr besonders zu fördern und hochzubringen gelte, rangiert für SNCF die Bahnfracht an vorderster Stelle, heisst es in der Jahresfinanzmitteilung. So soll das „end-to-end“-Angebot für die Verlader weiter ausgebaut werden.
Ausbau des Kombiverkehrs geplant
Für SNCF Logistics inklusive Geodis und Fret SNCF strebt Generaldirektor Alain Picard mittelfristig an, die Investivkosten mittels der operativen Marge decken zu können. Dazu müsste diese aber um rund 40 Millionen Euro zulegen. Reinkommen sollen sie vor allem durch weiteren Ausbau des Kombitransports, durch Innovationen und die Positionierung im Bereich des transnationalen Warenaustausches. Hierauf entfielen derzeit schon mehr als 50 Prozent des SNCF-Transports per Schiene. Der kürzlich erfolgte Erwerb von 45 Prozent am selbständigen Schweizer Bahnfracht-Spezialisten BLS Cargo zeige in diese Richtung.
Treibender Motor bei SNCF Logistics ist die Geodis-Gruppe mit 80 Prozent vom Spartenumsatz und 40.000 der insgesamt in dem Konzernbereich 52.000 Beschäftigten. Auf die traditionellen Tätigkeitsfelder Straßentransport und KEP-Service kommen heute nur noch 23 Prozent vom Umsatz. Logistik und Freight Forwarding haben inzwischen die früheren Schwerpunkte überholt, weisen laut Picard weltweit ein starkes Wachstum auf und bringen bessere Margen ein als diese. Zu mehr als 55 Prozent ist Geodis heute schon international tätig und der Erwerb von OHL in den USA hat diese Tendenz noch verstärkt.
Mit Blick auf die zunehmend globalisierte Warenerzeugung und ihren Vertrieb verweist Picard auf die damit steigende Zahl von Ausschreibungen vor allem in Europa, aber auch sonst in der Welt. Dies zwinge Geodis auf Dauer dazu, seine Positionierung diesem Prozess durch weiteres Wachstum im Ausland anzupassen. Die USA, China und Deutschland hat er im Visier, um damit unter die fünf führenden Anbieter weltweit zu kommen. Hierzu müsste der Umsatz allerdings verdoppelt und auf 15 Milliarden Euro erhöht werden. In ihrem Strategieplan für die nächsten Jahre hat sich die französische Staatsbahn jedoch als Ziel gesetzt, die Schuldenlast zu stabilisieren und nicht noch mehr zu erhöhen. Ob es Alain Picard gelingen wird, Bahnchef Guillaume Pepy und den Staat als Hauptaktionär zugunsten neuer Gelder für weitere externe Zukäufe umzustimmen, bleibt abzuwarten. (jb)