Schienenpakt steht

Politik und Wirtschaft wollen, dass künftig deutlich mehr Güter mit der Bahn transportiert werden, und die Zahl der Fahrgäste im Personenverkehr bis 2030 verdoppeln. Dafür haben Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der Bahn-Beauftragte der Bundesregierung, Enak Ferlemann, sowie Vertreter der Bahnwirtschaft vergangene Woche in Berlin gemeinsam einen "Schienenpakt" zur Stärkung des Bahnsektors unterzeichnet. Konkretes Ziel ist es, dass der Marktanteil der Schiene im deutschen Güterverkehrsmarkt innerhalb derselben Zeitspanne von derzeit 19 auf mindestens 25 Prozent steigt. Vereinbart wurde in Berlin die zügige Umsetzung der Maßnahmen aus dem "Masterplan Schienenverkehr". Ein Bündnis mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Verbänden hatte rund zwei Jahre darüber diskutiert. Geplant sind etwa der flächendeckende Einsatz von digitalen Stellwerken und des elektronischen Zugleitsystems ETCS sowie der Strecken-, Korridor- und Knotenausbau, um die Kapazitäten auf der Schiene zu erhöhen. Auf der Agenda stehen zudem die schnellere Elektrifizierung der Schiene und die Förderung von technischen Innovationen im Schienenverkehr. Darüber hinaus sollen Lärm- und Klimaschutz vorangetrieben werden. Ein weiterer Kernpunkt ist der Deutschlandtakt für eine leistungsfähigere und pünktlichere Bahn, der in den kommenden Jahren für den Personenverkehr schrittweise eingeführt werden soll. Er sieht eine halbstündige Taktung von Fernzügen auf den Hauptverbindungen vor. Minister Scheuer: kleine Revolution Verkehrsminister Scheuer sprach bei der Unterzeichnung des Schienenpakts von einer "kleinen Revolution". Er will sich auf EU-Ebene außerdem für einen "Europatakt" einsetzen. Mit dem nun beschlossenen Konzept könne die klimafreundliche Schiene der Verkehrsträger Nummer eins in Deutschland und die Bahn zum Verkehrsmittel des 21. Jahrhunderts werden, sagte er. Richard Lutz, Chef der Deutschen Bahn, ergänzte: "Fundamental ist der Ausbau der Infrastruktur." Daher sollen nun belastete Knotenpunkte ausgebaut werden, geplant sind daneben der Aus- und Neubau sowie die Reaktivierung von Strecken. Jetzt kommt es auf die Umsetzung an Die Maßnahmen aus dem Masterplan Schienenverkehr müssten nun tatsächlich umgesetzt werden, forderten das Deutsche Verkehrsforum und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Doch noch sind viele Fragen offen - und wie so oft geht es dabei ums Geld. "Das ist noch eine Blackbox", sagte Klaus-Dieter Hommel, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die ebenfalls an der Ausarbeitung beteiligt war. "Es gibt noch keine Entscheidung und keine Vorstellungen, wie die Finanzierung künftig aussehen soll." Trotz erheblicher Mittel reiche das Geld nicht einmal dafür aus, die bestehende Infrastruktur nicht älter werden zu lassen. Bund und Deutsche Bahn (DB) hatten sich bereits im vergangenen Jahr auf ein Paket von rund 86 Milliarden Euro für den Erhalt der bestehenden Infrastruktur in den kommenden zehn Jahren geeinigt. Im neuen Plan steht nun die Forderung, die Mittel für Neu- und Ausbauvorhaben aus dem Bundesverkehrswegeplan sollten deutlich erhöht werden, von derzeit 1,5 Milliarden Euro auf bis zu vier Milliarden Euro pro Jahr. Beschlossen ist dies aber noch nicht. Bahnverbände sind noch nicht zufrieden Der Schienenpakt ist bei Branchenverbänden zwar vor allem auf Zustimmung gestoßen. Die Wettbewerber der DB im Güterverkehr fürchten aber, dass es die Regierung mit der Stärkung der Schiene nicht ernst meint, und kritisiert vor allem, dass auch der Lkw-Verkehr weiterhin subventioniert wird. "Die Schiene wird bei allen 'internen' Verbesserungen keine Marktanteile gewinnen, wenn die anderen Verkehrsmittel gleichzeitig oder gar schneller mit staatlicher Unterstützung gefördert werden", sagte Peter Westenberger, Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen. Ähnlich sieht es der Interessenverband Allianz pro Schiene, der zu den Unterzeichnern des Schienenpakts gehört. Zwar begrüßte er wesentliche Teile des Plans und sprach gerade in Corona-Zeiten von Signalen mit großer politischer Bedeutung. Den großen Wurf sieht er darin aber nicht. Weil andere Verkehrsträger weitestgehend ausgeblendet worden seien, sei der Masterplan kein Startschuss für eine umfassende Verkehrswende. Geschäftsführer Dirk Flege sagte, es sei noch viel zu tun. "Schon bei der Aufstellung des anstehenden Bundeshaushaltes 2021 werden wir aber genau prüfen, ob diese Regierung tatsächlich die Schiene von Steuern und Abgaben entastet und die Investitionen erhöht oder nur davon redet." SPD-Fraktionsvize Sören Bartol betonte indes, der Schienenpakt sei nur so viel wert, wie er reale Ergebnisse bringe. Planen und Bauen müssten schneller gehen. Auch Grünen-Bahnexperte Matthias Gastel zweifelt: "Wir kennen den Verkehrsminister und wissen, dass er viele Dinge aus seinem Haus nicht umsetzt", warnte er. Mehr zum Thema finden Sie unter #Verkehrspolitik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, der Bahn-Beauftragte der Bundesregierung, Enak Ferlemann, sowie Vertreter der Bahnwirtschaft haben einen "Schienenpakt" zur Stärkung des Bahnsektors unterzeichnet. Der symbolische Akt dokumentiert, dass der "Masterplan Schienenverkehr" nun zügig umgesetzt werden soll.

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