Moskau. Die russische Regierung hat als Gegenreaktion auf die diversen westlichen Sanktionen am Donnerstag umfangreiche Importsperren für Lebensmittel erlassen. Sie treten sofort in Kraft, gelten für ein Jahr und betreffen Produkte aus den EU-Staaten, den USA, Kanada, Australien und Norwegen.
Präsident Wladimir Putin hatte am Vortag die Regierung aufgefordert, detailliert herauszuarbeiten, welche Warengruppen von einem Importverbot betroffen sein sollen. Der dann veröffentlichte Katalog an Produktgruppen stellte sich aber eher als Rundumschlag und nicht als filigrane Auswahl heraus.
Nicht mehr importiert werden dürfen demnach:
- Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch sowie Wurstwaren
- Fisch, Krebse und Weichtiere (auch lebend)
- Milch und Milchprodukte
- Gemüse, Obst, Früchte, Beeren und Nüsse
- Fertigprodukte und Lebensmittel aus Pflanzenfetten
Kindernahrung aus dem gesperrten Produktspektrum darf allerdings weiterhin eingeführt werden. Außerdem erlaubt ist die Einfuhr der genannten Waren für den Eigenbedarf im Rahmen der bisher im Personenreiseverkehr geltenden Freimengen, erklärte Premierminister Dmitri Medwedew. Der Importstopp bezieht sich sowohl auf Frischware, als auch auf gekühlte, tiefgefrorene oder konservierte Waren.
Entgegen vorheriger Spekulationen verzichtete die russische Führung darauf, alkoholische Getränke, Getreide und Getreideprodukten auf die Sanktionsliste zu setzen. Auch lebendes Vieh kann weiterhin importiert werden, ebenso Obstsäfte. Nicht betroffen sind auch Mehl, Malz, Eier, Gewürze, Honig, Zucker, Kakao, Kaffee, Tee und Ölsaaten, die daraus hergestellten Produkte sowie lebende Pflanzen, Blumen und Saatgut.
Fleisch aus Brasilien, Käse aus Neuseeland
Landwirtschaftsminister Nikolai Fjodorow erklärte, die Liste der verbotenen Lebensmittel könne gekürzt werden, eine Ausweitung sei hingegen unwahrscheinlich. Auch werde sich Russland darum bemühen, verstärkt Lieferungen aus anderen Ländern zu erhalten – etwa Fleisch aus Brasilien und Käse aus Neuseeland. Die Regierung informierte die Botschafter mehrerer südamerikanischer Länder in Moskau, dass Russland an verstärkten Importen von dort interessiert sei. Ein Sprecher des Verbands der türkischen Obst- und Gemüseexporteure sprach in Ankara von einer „äußerst vorteilhaften Situation“, um die Lieferungen nach Russland zu erhöhen.
Kein Schleichweg durch Weißrussland
Eine Umgehung des selbstauferlegten Embargos durch die Weiterleitung von Importen in die mit Russland in einer Zollunion verbundenen Länder Weißrussland und Kasachstan soll durch geeignete Maßnahmen unterbunden werden, erklärte das russische Landwirtschaftsministerium. Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko hat nach Angaben seines Pressedienstes seinem russischen Kollegen Wladimir Putin zugesagt, dass an der Grenze „völlige Transparenz im Geiste partnerschaftlicher Beziehungen“ garantiert werde. (ld)