Reibungsloser Betrieb

Ein Beitrag über Motorenöl ohne die schöne Weisheit "Wer gut schmiert, der gut fährt", ist kaum möglich. Aber was heißt "gut"? "In armen Ländern wird mehr in vernünftige Schmierstoffe investiert als bei uns in Europa", weiß Oliver Kühn, Ölexperte beim Schmierstoffspezialisten Liqui Moly. "Dort muss man die Autos am Laufen halten - denn man hat kein Geld für neue." Das impliziert, dass wir uns in Europa zu wenige Gedanken ums passende Schmiermittel machen. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir den Überblick verloren haben. Ein gutes Motorenöl soll schmieren, kühlen, dichten, reinigen und schützen. Zudem führen das inzwischen auch bei Lkw-Motoren übliche Downsizing - aus immer kleineren Hubräumen wird immer mehr Leistung gewonnen - sowie Abgasrückführung und steigende Ölwechselintervalle zu zusätzlichen Belastungen. Heute wären zwei Grundöle zu wenig Es gab eine Zeit, da genügten zwei Grundöle, definiert nach der API(American Petroleum Institute)-Norm, um alle Anforderungen zu erfüllen. Heute gibt es - inklusive der nicht offiziellen Gruppe III+ - sechs Grundöl-Gruppen. Die sind definiert nach Sättigung (Neigung zur Schlammbildung), Schwefelgehalt und Viskositätsindex (Fließfähigkeit). "Man darf heute, wenn man seriös über Motorenöle spricht, nicht mehr über Hydrocracking (Verfahren zur Herstellung von Kraftstoffen), vollsynthetisch oder teilsynthetisch sprechen. Diese Begriffe stammen aus einer Zeit, als es nur zwei API-Gruppen gab", merkt Kühn an. Gleichzeitig trägt er ein wenig zur Entwarnung bei und meint: "In Deutschland spricht nichts dagegen, statt der SAE-Klasse 5W-40- ein 15W-40-Öl zu verwenden. Außerdem kann man getrost auf eine Kraftstoff-Additivierung verzichten." Doch bereits in den Nachbarländern sind die Kraftstoffqualitäten durchaus nicht unbedenklich und bereiten - im Winter- , was die Flockneigung betrifft, Probleme oder führen zu Verunreinigungen an den Einspritzdüsen. Doch das ist ein Problem, das den Kraftstoff betrifft - oft aber auch die Erklärung, warum es immer wieder zu Problemen mit dem Motorlauf kommt. Beim Öl rät Kühn dazu, "nie nur nach der SAE-Klasse zu gehen. Die Motoröle werden immer dünnflüssiger, um den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren. Das klappt aber nur, wenn die Motorölhersteller das Additivpaket anpassen." Additive sind Substanzen, die unter anderem das Haftvermögen auf glatten Oberflächen verbessern, Ablagerungen verhindern, die Viskosität über einen breiten Temperaturbereich stabilisieren oder Oxidation und Korrosion des Öls verhindern, um lange Ölwechselintervalle zu realisieren. "Das Öl selbst", meint der Schmierstoffexperte, "tritt immer mehr in den Hintergrund. Die Arbeit machen die Additive." Kühn weiter: "Biodiesel ist ein echtes Teufelszeug. Abgesehen von krebserregenden Verbrennungsrückständen stellt es Motoröle und die darin enthaltenen Additive vor echt schwere Aufgaben." Ein Drittel Additive sind im Motorenöl Ein modernes Motorenöl besteht nur noch aus rund 65 Prozent Grundöl. 35 Prozent der Inhaltsstoffe sind Additive und Viskositätsverbesserer. Beim Kauf ist die SAE (Society of Automotive Engineers)-Klasse nur noch schmückendes Beiwerk. Die erste Kennzeichnung (beispielsweise 10W) zeigt, wie flüssig das Öl bei Kälte ist (je niedriger, desto dünnflüssiger). Die zweite Zahl (zum Beispiel 30 oder 40) bezieht sich auf die Fließfähigkeit bei Hitze. Je niedriger, desto leichter läuft der Motor - aber umso niedriger ist der Schmierfilm belastbar. Dann gibt es noch die API-Kategorie (C= für Dieselmotoren). Aktuell sind CJ-4 (von 2010) und CK-4 (von 2016; für Motoren mit Abgasnachbehandlung). Zu dem Thema hat Kühn auch einen guten Rat: "Aufgrund der abgesenkten Hochtemperaturviskosität dürfen Motorenöle gemäß API FA-4 nicht in älteren Fahrzeugen verwendet werden. Ein Motorschaden wäre quasi vorprogrammiert." Kühn weist zudem darauf hin, dass die aus Amerika stammende API-Spezifizierung nicht mehr kompatibel ist mit den Anforderungen europäischer Motoren. "Das hat zur Entwicklung der europäischen ACEA geführt", erläutert der Ölkenner. ACEA ist die Vereinigung von 15 europäischen Automobilherstellern. Im Dezember vergangenen Jahres wurde die aktuelle ACEA 2016 veröffentlicht, samt neuer C5-Spezifikation, zur besseren Eingruppierung moderner und zukünftiger niedrigviskoser und somit sehr kraftstoffsparender Motorenöle - in der Regel SAE xW-20, die nur in den dafür vorgesehenen (Pkw-) Motoren verwendet werden dürfen. Die Spezifikationen für Nutzfahrzeug-Motorenöle werden sich erst mit der ACEA 2018 stärker ändern. Doch selbst die moderne ACEA ist nicht mehr genug. Es gibt zusätzliche Industrie- und OEM-Standards für Motorenöle. So zum Beispiel das Ende Mai veröffentlichte Update von Mercedes-Benz: die Servicespezifikation V2017.1. Dazu zählen für Diesel/Lkw die MB-Freigabe 229.61 (basierend auf ACEA C2) für kraftstoffsparende Dieselmotoren mit modernen Abgasnachbehandlungssystemen, die MB-Freigabe 229.71 (basierend auf ACEA C5 für sehr kraftstoffsparende Dieselmotoren mit modernen Abgasnachbehandlungssystemen) sowie die MB-Freigabe 228.61 (basierend auf ACEA F8 und API FA-4 für zukünftige hoch kraftstoffsparende Nutzfahrzeuge). Hybride quälen Öle Ein Ende der Entwicklung ist für Ölkenner Kühn noch nicht in Sicht: "Der Anteil an niedrigviskosen Motorenölen wird weiter zunehmen. Die Verwendung immer dünnerer Grundöle erhöht die Anforderungen an die Additivpakete - vor allem hinsichtlich des Verschleißschutzes im Bereich der Grenzreibung." Kühn hält es für möglich, dass es demnächst 0W-0-Motorenöle geben wird. Und er traut sich eine weitere Prognose zu: "Auf lange Sicht wird der Verbrennungsmotor, auch mit Hybrid-Technologie, wichtig bleiben. Hybridfahrzeuge zeichnen sich durch niedrigen Verbrauch und teilweise rein elektrischen Antrieb aus. Das hat zur Folge, dass der Motor häufig im kalten Zustand betrieben sowie oft gestartet und gestoppt wird." Eine Herausforderung für das Öl. Damit auch künftig gut fährt, wer gut schmiert, bietet Liqui Moly einen Ölratgeber ( https://www.liqui-moly.biz/service/oelwegweiser-fuer-geschaeftskunden.html#). Der gewährleistet, dass Unternehmer sich im Öl-Dickicht zwischen API, SAE, ACEA und Additiven zurechtfinden. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Schmierstoffe www.verkehrsrundschau.de/dossiers Neuheiten Die neuen Motorenöle für den API-CK-4-Standard ExxonMobil hat aktuell zwei neue spezifische Motorenöle für leichte Nutzfahrzeuge (Freigabe unter anderem von: Peugeot, Citroen, Volkswagen, Ford und Mercedes-Benz) ins Programm aufgenommen. Mobil Delvac City Logistics 5W-30 wurde speziell für die anspruchsvollen Bedingungen in der City-Distribution entwickelt. Das neue Mobil Delvac Light Commercial Vehicle E 10W-40 erfüllt gleiche Anforderungen, ist aber speziell für leichte Nutzfahrzeuge älteren Datums gedacht. Zudem wurden Mobil Delvac MX ESP 15W-40 und Mobil Delvac MX ESP 10W-30 neu definiert und bieten nach Angaben des Herstellers verbesserten Motorschutz für die neuesten Lkw von Volvo, Renault sowie Cummins-Motoren und auch Daimler und MAN. Beide Öle erfüllen die neueste Schmierungsnorm API CK-4.Shell erweiterte jüngst das Produktangebot um die Nutzfahrzeug-Schmierstoffe Rimula R5 LE 10W-30 und Rimula R4 L 15W-40. Die neuen Motorenöle erfüllen die API-Spezifikation CK-4 und decken die Freigabe Volvo VDS-4.5 ab.Unter dem Vorsitz von Dan Arcy, dem globalen OEM Technical Manager von Shell, hat ein Expertenteam bestehend aus Fahrzeugherstellern sowie Schmierstoff- und Additivproduzenten die neuen Spezifikationen definiert."Mit dem neuen API-CK-4-Standard wurden die Testlimits überarbeitet, um den Veränderungen in der Motorentechnik und den operativen Einsatzbedingungen gerecht zu werden", so Dan Arcy."Einer der Tests, die speziell für diese neue Spezifikation entwickelt wurden, ist der Volvo-T13-Test - aktuell der härteste Test im Hinblick auf Oxidationsstabilität von Motorenölen. Motorenöle, die über eine hohe Oxidationsstabilität verfügen, sind weniger anfällig für altersbedingte Zersetzung, was dabei hilft, den Motor sauber zu halten, Verschleiß zu reduzieren und die Effizienz zu steigern." Die neuen API-CK-4-Motorenöle ersetzen die bisherigen API-CJ-4-Qualitäten und sind rückwärtskompatibel für den Einsatz in Motoren, die vor 2017 hergestellt wurden.gg

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