Programm komplettiert

Ohne ein breites Angebot hat auch das beste Produkt auf Dauer keine Chance in einem umkämpften Marktfeld. Das weiß man auch bei Volkswagen. Zwar zeigen sich die Verantwortlichen zufrieden mit der bisherigen Marktentwicklung des neuen Crafter, allerdings ließ sich mit den bisherigen Derivaten längst nicht jede Kundengruppe erreichen. Denn bislang gab es Volkswagens größten Transporter als Kastenwagen nur in drei Varianten und nur mit Frontantrieb. Nun legen die Niedersachsen nach: Neben den Fahrgestellen und Pritschenversionen in zahlreichen Konfigurationsmöglichkeiten sind beim Kastenwagen nun drei verschiedene Längen und drei Dachhöhen lieferbar, was Ladevolumina zwischen 9,9 und 18,4 Kubikmetern ermöglicht. Auch die immer beliebtere Version halb Kastenwagen, halb Kombi kann VW mit der "Kastenwagen-Doppelkabine" erfüllen. Nachgelegt wurde ebenso unterhalb des Blechkleids: Bei den 3,5-Tonnern hat der Kunde jetzt die Wahl zwischen Front-, Heck- und Allradantrieb. Letzterer ist für traktionssensible Einsätze die richtige Wahl. Vor dem Griff zum Hecktriebler sollte man aber genau überlegen, denn abgesehen von der um 500 auf 3500 Kilo erhöhten Anhängelast haben die angetriebenen Hinterräder im Vergleich zum Fronttriebler eigentlich nur Nachteile. So gesellt sich beim Fahren das typische Singen des Hinterachsdifferenzials in die ansonsten angenehm leise Crafter-Akustik und beim Auskuppeln meldet sich mitunter die Kardanwelle klappernd zu Wort. Auch das Sechsgang-Getriebe, das bei den heckgetriebenen Modellen ZF zuliefert, flutscht nicht ganz so leichtgängig durch die Gassen, wie man das von den Fronttrieblern gewohnt ist. Höheres Gewicht, kleinerer Laderaum Für Letzteren sprechen auch blanke Zahlen: Die Nutzlast fällt beim Hecktriebler nach Herstellerangabe um knapp 100 Kilogramm niedriger aus als bei den Modellen mit Frontantrieb, die schon nicht als leichtgewichtig gelten. Zudem benötigen Kardanwelle und Hinterachsdifferenzial Platz, was sich im Laderaum mit einem zehn Zentimeter hohen Zwischenboden rächt und die Kubikmeterangaben der Frachträume entsprechend kleiner ausfallen lässt. Preislich wird der Heck-, den Fronttriebler dagegen deutlich überbieten, wie Volkswagen ankündigt, ohne bereits konkrete Zahlen zu nennen. Weshalb man im polnischen Wrzesnia, wo alle Crafter-Modelle gebaut werden, auch mit einem Produktionsanteil der frontgetriebenen Modelle von mindestens 50 Prozent rechnet. Soll der Crafter aber fünf Tonnen Gesamtgewicht tragen, führt am Antrieb hinten kein Weg vorbei. Die nötigen Reserven stellt VW hier mittels Zwillingsbereifung an der Hinterachse bereit. Wer das umgehen will, kann alternativ zum auf vier Tonnen aufgelasteten 3,5-Tonner greifen und spart sich damit die bauartbedingt weit in den Laderaum stehenden Radkästen. Auf der Straße gerät das höhere Gesamtgewicht schnell in Vergessenheit, der Fünf-Tonnen-Crafter vermittelt das gleiche Pkw-Ambiente wie seine leichteren Brüder. Lediglich bei Leerfahrt reagieren die Blattfedern der Hinterachse mit harten Schlägen auf Fahrbahnunebenheiten. Dafür lässt sich das Fahrwerk selbst von plötzlichen Ausweichmanövern nicht aus der Ruhe bringen. Auch eine Automatik ist jetzt zu haben Der Komfort ließe sich durch die Achtgang-Automatik, die ab sofort ebenfalls bestellbar ist, noch steigern. Das Wandlergetriebe schaltet DSG-mäßig schnell und kaum merklich, sollte allerdings mehr auf das hohe Drehmoment der TDI-Motoren vertrauen, wodurch es sich manche Rückschaltung ersparen könnte. Kleinigkeiten, die einem Erfolg nicht im Wege stehen sollten. Auch weil VW plant, das Programm kontinuierlich weiter auszubauen. Im nächsten Jahr wird beispielsweise noch eine Version mit 5,5 Tonnen Gesamtgewicht nachgeschoben. Alle Tests und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank VW Crafter mit Allradantrieb Unauffälliger Begleiter abseits befestigter Straßen Wie die Allrad-Derivate von Caddy und T6 macht auch der Crafter-4-Motion äußerlich auf unauffällig. Und diese Strategie dürfte für Volkswagen aufgehen. Schließlich benötigt kaum ein Gewerbekunde grobschlächtige Allradler, sondern vielmehr Transporter, welche die nötigen Traktionsreserven für schwieriges Gelände mitbringen, auf normalen Straßen aber ähnlich fahren beziehungsweise verbrauchen wie das Normalmodell und vor allem in der Anschaffung bezahlbar bleiben.Genau in diese Marktlücke sollen die Allrad-Crafter fahren, bei denen die 4-Motion-Technik des T6 Pate stand. Sobald die Vorderräder die Traktion verlieren, werden innerhalb weniger Millisekunden die Hinterräder per Lamellenkupplung bedarfsgerecht zugeschaltet.Auf diese Weise erklimmt der Crafter auch beängstigend steile und verschlammte Rampen ohne Probleme. Es sind schon eher die profilarmen Straßenreifen und die eingeschränkte Bodenfreiheit, die der Geländetauglichkeit Grenzen setzten. Deshalb hat das 2750 Euro teure"Protection"-Paket mit Alu-Schutzplatten für Motor, Getriebe, AdBlue-Tank und Hinterachsdifferenzial durchaus seinen Sinn. Für die Allradler wird ein humaner Aufpreis von 3575 Euro zum Fronttriebler fällig.bj

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