Warschau. Die Entscheidung der Bundesregierung, den Mindestlohn auszusetzen, stößt in Polen auf ein unterschiedliches Echo. Grundsätzlich ist man überrascht, weil die deutsche Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) noch am Donnerstag betont hatte, dass „die Vorschriften nicht aufgeweicht werden”.
Die polnische Regierungschefin Ewa Kopacz hat sich zufrieden über die vorläufige Aussetzung des Mindestlohns für ausländische Transit-Lkw-Fahrer in Deutschland geäußert. „Aber man muss diese Sache zweifellos lösen“, sagte sie polnischen Journalisten am Freitag am Rande der polnisch-französischen Regierungskonsultationen in Paris. „Die Lösung liegt bei der Europäischen Kommission. Wir haben von unserer Seite aus alles getan.“
Bei den Transportunternehmen ist die Erleichterung groß: „Darauf haben wir gewartet”, freute sich der stellvertretende Vorsitzende der polnischen Vereinigung für den Straßengüterverkehr ZMPD, Piotr Mikiel, im Gespräch mit der polnischen Nachrichtenagentur IRA. Aus seiner Sicht verletzt Deutschland mit der Anwendung des Mindestlohns auf Fahrer ausländischer Unternehmen das EU-Recht. „Deswegen ist diese Information positiv zu bewerten”, sagte der Funktionär.
Unabhängig davon lägen die Ursachen für diesen Streit aber in Polen und nicht in Deutschland, findet hingegen der Transport-Gewerkschaftsfunktionär Tadeusz Kucharski. Aus seiner Sicht hätten die Arbeitgeber schon von 1991 nach der politische Wende ihre Gewinne mit den Arbeitnehmern teilen müssen. „Die hätten ihnen etwas mehr zahlen müssen, dann wäre es der Unterschied zu Deutschland nicht so groß”, so Kurcharski im Polnischen Radio 24. (bec)