Eschborn. Um den Schutz mindestens der unter deutscher Flagge fahrenden Schiffe zu verbessern, wird nun ein neues Zulassungsverfahren für private Sicherheitsdienste auf den Weg gebracht. Ab dem 1. Dezember dieses Jahres dürfen auf Schiffen unter deutscher Flagge nur noch Sicherheitsunternehmen arbeiten, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) zugelassen worden sind. Die Bundesbehörde in Eschborn bei Frankfurt hat vor wenigen Wochen das Zulassungsverfahren begonnen. Ein knappes Dutzend Sicherheitsunternehmen habe bereits einen Antrag gestellt, berichtet die zuständige Referatsleiterin Claudia Topp. Sie rechnet mit mindestens 40 Interessenten, darunter auch viele Unternehmen aus den USA oder Großbritannien, die bislang den weltweiten Markt für Sicherheitsdienstleistungen auf Schiffen beherrschen.
Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW), sieht auch Marktchancen für Mitglieder seines Verbandes. Etwa zehn Unternehmen interessierten sich für die Zulassung, schätzt er. Und sieht den Schutz vor Piraten nur als kleinen Teil einer Internationalisierungsstrategie für Sicherheitsunternehmen, die exportorientierten Unternehmen im Ausland bei vielen Problemen zur Seite stehen könnten. Das Bafa-Siegel brauchen künftig auch deutsche Sicherheitsunternehmen, die Schiffe unter fremder Flagge beschützen wollen.
Zugelassen wird das einzelne Unternehmen, das dann für den Einsatz qualifizierter Mitarbeiter verantwortlich ist, erläutert die Bafa-Expertin Topp. „Wir überprüfen vor allem die betriebliche Organisation. Klare Strukturen sind die halbe Miete.“ Die Zuverlässigkeit des Personals ist dann Sache der Unternehmen. Olschok sieht hier ein neues Arbeitsfeld für deutsche Zeitsoldaten mit Auslandserfahrung. „Die würden wir gerne einstellen.“
Schwere Waffen sind verboten
An Bord müssen die Sicherheitsleute ohne schwere Waffen auskommen, Kriegswaffen sind gleich ganz tabu. Die seien auch gar nicht nötig, sagt Reederverbands-Sprecher Christof Lauer, denn die Piraten drehten beim kleinsten Anzeichen von Widerstand bei. Noch nie sei ein Schiff mit Sicherheitsleuten an Bord aufgebracht worden. Nach deutschem Recht dürfen sie ihre Waffen aber nur zur Notwehr und Nothilfe einsetzen. Die deutschen Waffenscheine stellt zentral die Freie- und Hansestadt Hamburg aus.
Reeder sind zufrieden
Reeder und Sicherheitsbranche loben, dass die Politik darauf verzichtet hat, die Sicherheit auf dem Meer neu zu erfinden. „Das meiste ist ohnehin von der Internationalen Seefahrtsorganisation IMO geregelt“, sagt Lauer. Ein wichtiges Wort sprechen auch die mächtigen Transportversicherer mit. Den Schiffseignern ist daran gelegen, zum Starttermin im Dezember ausreichend geeignete Dienstleister vorzufinden. Mit dem neuen Verfahren werde auch die deutsche Flagge qualitativ aufgewertet, hofft der Verband. Sie führt bislang eher ein. Schattendasein: Von den rund 3800 Schiffen der deutschen Handelsflotte tragen nur knapp 500 die schwarz-rot-goldene Flagge.
Deutlich weniger Piratenüberfälle vor Somalia
In den somalischen Küstengewässern fielen im zweiten Quartal vier Schiffe Piraten zum Opfer. Von März bis Juni 2012 waren es noch 44 gewesen. Damit verzeichnet das IMB ein Rekordtief seit dem Jahr 2006. Für den Rückgang machen die Experten die zunehmende Wachsamkeit gegenüber gewaltbereiten Piraten und somit weniger bewaffnete Raubüberfälle verantwortlich. Weltweit zählte das IMB in den ersten sechs Monaten 138 Übergriffe. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum waren es noch 177. Unter anderem sank die Zahl von Entführungen auf sieben gegenüber 20 im ersten Halbjahr 2012. Insgesamt 127 Seeleute fielen Piraten als Geiseln in die Hand. In der Vorjahresperiode waren es 334.
Im zweiten Quartal wurde kein Schiff unter deutscher Flagge angegriffen. Im entsprechenden Vorjahresquartal registrierte das IMB zwei Vorfälle mit deutscher Beteiligung. Im Golf von Guinea vor der westafrikanischen Küste ereigneten sich 31 Attacken. Die Experten verzeichneten mehr Entführungen und mehr betroffene Schiffstypen. Die Region ist bislang vor allem für Attacken auf Ölschiffe und den Raub von Öl aus Tankern bekannt. „Es gibt einen Besorgnis erregenden Trend zur Entführung von Besatzungsmitgliedern außerhalb der Territorialgebiete der Küstenstaaten im Golf von Guinea“, sagt IMB-Direktor Pottengal Mukundan. „Allein im April wurden neun Seeleute von zwei Containerschiffen entführt. Ein Schiff war 170 Seemeilen von der Küste entfernt.“ (dpa/ak)
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