Pick-up mit Sternchen

Am 18. Juli 2017 war es so weit, Weltpremiere im südafrikanischen Kapstadt: Als X-Klasse schickt Daimler einen auf Mercedes getrimmten Nissan Navara als ersten eigenen Großserien-Pick-up ins Rennen. Damit besitzt der Pick-up mit dem Stern allerdings gute Gene. Denn der Navara hat 2016 das VerkehrsRundschau-Umweltranking Green Light Truck gewonnen (siehe Verkehrs-Rundschau 12/2016). In jedem Fall haben die Stuttgarter Designer und Ingenieure einiges dafür getan, dass sich auch der Neue einmal selbst ein Sternchen verdienen kann und dem Premiumanspruch der Marke gerecht wird. Nissan-Motoren sorgen für den Vortrieb So haben die Designer die Front- und Heckpartie neu gezeichnet. Zudem hat die Inneneinrichtung der Doppelkabine fast nichts mehr mit dem Ursprungsfahrzeug zu tun, sondern sieht jetzt aus wie ein Mercedes. Einzig ein paar Schalter und die für einen Benz unübliche Anordnung von Gangwahlhebel beziehungsweise Schalthebel nebst Handbremse in der Mittelkonsole sind dem Nissan geschuldet. Insgesamt liegt die Materialanmutung über der des Nissans, erreicht aber nicht ganz das Niveau der Mercedes-Benz-Pkw. Die Techniker haben sich unterdessen vor allem das Fahrwerk vorgeknöpft, das mit einer anderen Feder-Dämpferabstimmung und einer breiteren Spur für mehr Fahrkomfort sorgen soll. Vorne und hinten kommen Schraubenfedern zum Einsatz. Das Fahrwerk besteht aus einer Doppelquerlenker-Vorderachse und einer laut dem Hersteller "bestens zum Transport schwerer Lasten geeigneten Mehrlenker-Hinterachse mit starrem Achsanteil und hoher Verschränkungsfähigkeit". Zudem setze Mercedes als einziger Hersteller in diesem Segment serienmäßig auf große, innenbelüftete Scheibenbremsen an beiden Achsen. Die Einstiegsmotoren indes stammen aus dem Nissan-Regal. Einzig der für nächstes Jahr geplante V6-Diesel kommt von Daimler selbst (siehe Kasten technische Daten). Die Technik-Kur hat dem Auto gutgetan. Bei einer ersten Mitfahrt auf der privaten Rennstrecke eines Weingutes vor den Toren Kapstadts überzeugt das Fahrwerk auch bei schnellen Kurvenfahrten und dynamischen Ausweichmanövern - nichts schwankt oder schaukelt. Die von einem Leiterrahmen getragene Karosserie ächzt und knarzt nicht. Das bleibt auch auf den kernigen Geländepassagen neben der Rennstrecke so. Motor, Wind und Abrollgeräusche sind vernehmbar, bewegen sich aber eher auf SUV- als auf Nutzfahrzeugniveau. Apropos Nutzfahrzeug: Bei der X-Klasse handelt es sich um einen sogenannten Midsize-Pick-up. Das sind Fahrzeuge mit einer Zuladung von gut einer Tonne. An den Haken kann er, je nach Version, 3,5Tonnen nehmen. Zwar passt eine Europalette quer zwischen die Radkästen auf das serienmäßig beleuchtete Ladebett. Wäre sie aber mit den zulässigen 1,5 Tonnen beladen, wäre der Benz überladen. In dem mit schwarzem Kunststoff ausgekleideten Heckabteil finden sich ein Zwölf-Volt-Anschluss und, in der am ehesten für den Einsatz als Nutzfahrzeug georderten Basisausstattung (Pure), vier Zurrösen zur Ladungssicherung. Erst in den gehobenen Ausstattungslinien (Progressive und Power) gibt es serienmäßig Zurrschienen an den Seiten des Ladebetts. Zurrschienen im Boden sind aufpreispflichtig. Verfügbar sind zudem ein Trennsystem für das Ladeabteil aus Aluminium sowie verschiedene Lösungen zu dessen Abdeckung (Soft-, Hard- und Rollcover) und eine Staubox. Preislich im Mittelfeld eingeordnet Mehr Style, wertigere Materialanmutung und renovierte Technik haben ihren Preis. Die X-Klasse liegt im Einstieg etwa 6000 Euro über dem Navara, der dann zusätzlich noch Allrad an Bord hat. Dennoch ist der Benz günstiger als sein hiesiger Hauptkonkurrent. Der VW Amarok überspringt bereits die 40.000er-Marke. Allerdings erreicht die Optionsliste der X-Klasse Pkw-Niveau, sodass kaum ein Fahrzeug für unter 40.000 Euro den Besitzer wechseln dürfte. Alle Tests und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank