Pharmalogistik: im Zeichen der Kühlkette

Mit Veröffentlichung der DIN SPEC 91323 "Klimatisierte Nutzfahrzeuge für die Distribution von Arzneimitteln (human und veterinär) - Leitlinien für die Qualifizierung" im März 2016 liegt nun ein abgestimmtes Grundsatzpapier über die Durchführung von Fahrzeugqualifizierungen vor. Eine DIN SPEC beinhaltet Empfehlungen eines Experten-Gremiums zu einem bestimmten Sachverhalt und gilt mit Veröffentlichung als aktueller Wissensstand zu einem Fachthema. So ist auch die DIN SPEC 91323 zu verstehen: Sie fungiert als abgestimmte Handlungsempfehlung und legt die Prüfanforderungen für die Funktionsqualifizierung von klimatisierten Frachträumen in Nutzfahrzeugen fest. Spezielle Anforderungen an die Qualifizierung dieser Nutzfahrzeuge zur Distribution spezifischer Arzneimittel werden in der Regel vom Betreiber selbst und unter Berücksichtigung seines individuellen Anwenderprofils durchgeführt. Eigenverantwortung maßgeblich Transportunternehmen, die im Auftrag der Pharmaindustrie tätig sind, sind auch dafür zuständig, dass sie ihre eingesetzten Transportmittel so wählen, dass eine Kühlkette sowohl gewährleistet wie auch nachweisbar ist. Andreas Klotz ist bei der TÜV SÜD Industrie Service GmbH Abteilungs- und Prüfstellenleiter für Kälte- und Klimatechnik. Er empfiehlt Transportunternehmen die DIN SPEC als verbindliche Grundlage für die Fuhrparkausstattung: "Die DIN SPEC 91323 legt Prüfanforderungen an die Funktionsqualifizierung von klimatisierten Nutzfahrzeugen fest, die für die Distribution von Arzneimitteln, die innerhalb eines bestimmten Temperaturbereichs transportiert werden sollen, bestimmt sind. Dabei werden alle Nutzfahrzeuge erfasst - vom kleinsten Kastenwagen, der typischerweise für die Auslieferung an Apotheken genutzt wird, bis zum 13,60 Meter langen Sattelauflieger, der in der Regel zwischen Arzneimittelhersteller und verschiedenen Großhändlern eingesetzt wird. Für Fahrzeuge mit dem Einsatzgebiet Deutschland sind dies im Wesentlichen die zu erwartenden maximalen/minimalen Umgebungstemperaturen." Unterteilung in zwei Kategorien Um den unterschiedlichen Fahrzeugtypen und -größen gerecht zu werden, werden diese in zwei Kategorien eingeteilt: - Nutzfahrzeuge der Kategorie A - Kastenwagen (einschließlich Lieferwagen) mit durchgehend geschlossener Laderaumtrennwand - Nutzfahrzeuge der Kategorie B - Kofferfahrzeuge, Wechselbehälter, Anhänger und Sattelanhänger Dabei ist zu beachten, dass Kastenwagen, also Fahrzeuge der Kategorie A, die zwischen Fahrerhaus und Laderaum mit einer luftdurchlässigen Trennwand ausgestattet sind, für die Qualifizierung nach diesem Standard nicht geeignet sind. Denn bei diesen Nutzfahrzeugen wird die Klimatisierung im Laderaum maßgeblich von der Einstellung der Klimaanlage im Fahrerhaus beeinflusst und ist somit nicht zuverlässig regelbar und hängt stark vom persönlichen Empfinden des Fahrpersonals ab. Somit beschränkt sich die DIN SPEC 91323 auf Fahrzeuge mit geschlossenen Kühlräumen, die mit einer unabhängigen Klimatisierung ausgestattet sind. Hier ergeben sich zwangsläufig Probleme für den Teil der Lieferkette, in dem oftmals die typischen "Stadtlieferwagen" ohne separat gekühlten und meist offenen Transportraum eingesetzt werden. Qualifizierung durch zwei Prüfphasen Üblicherweise werden Funktionsqualifizierungen in Klimakammern durchgeführt, um die erforderlichen klimatischen Bedingungen jahreszeitlich unabhängig simulieren zu können. Ist dies nicht möglich, gilt es, die festgelegten Sommerbedingungen mit +38 °C und die Winterbedingungen mit -17 °C zu gewährleisten, bspw. in dem die Qualifizierung in Regionen stattfindet, die diese Temperaturwerte abdecken. Der Temperaturbereich des klimatisierten Nutzraumes ist im Vorfeld der Qualifizierung festzulegen. Temperaturbereiche können bspw. +2 °C bis +8°C, +15 °C bis +25 °C, +2 °C und +30°C sein. Die Anzahl der Temperaturfühler und Position zur Aufnahme des zeitlichen Verlaufs der Temperaturverteilung wird in Abhängigkeit von der Fahrzeugkategorie und der Nutzraumlänge variiert und dokumentiert. Besondere thermische Schwachstellen und geometrische Besonderheiten werden mit zusätzlichen Messpunkten erfasst. Da die Leistung der Kühl-/Heizeinrichtung unter anderem drehzahlabhängig ist, erfolgt die Qualifizierung bei definierten Drehzahlen. Jahreszeitliche Testabläufe Der Testablauf unter Sommerbedingungen erfolgt in mehreren aufeinander folgenden Phasen, einem Abkühlversuch, einer Beharrungsphase und gegebenenfalls einem Abtauvorgang. Nach Abschluss der ersten Phase folgt in der zweiten Phase die Simulation von Störgrößen. Hierbei wird die Kühleinrichtung ausgeschaltet und die größte Tür des Laderaums für fünf Minuten komplett geöffnet. Nach dem Schließen der Tür und dem Start der Kühleinrichtung soll die ursprüngliche Beharrungstemperatur zeitnah wieder erreicht werden. Die Zeit bis zum Wiedererreichen dieser Temperatur gilt als ein Maß für die Leistungsreserve der Kühleinrichtung. Zum Abschluss der Phase 2 werden die Kühleinrichtung sowie die Einrichtung zur Luftumwälzung im Inneren abgeschaltet. Der Laderaum bleibt nun solange geschlossen, bis der erste Temperatursensor im Laderaum den angestrebten Temperaturbereich überschreitet. Der Aufheizversuch unter Winterbedingungen bei einer Temperatur von -17 °C oder kälter erfolgt in Analogie zu dem vorher beschriebenen Abkühlversuch. Unternehmer, die in Sachen Kühlkette auf Nummer sicher gehen wollen, profitieren durch das Prüfverfahren, wie es TÜV SÜD anbietet. Denn sie erhalten so eine Möglichkeit, sich mit geeigneten Fahrzeugen als Qualitäts-Dienstleister zu etablieren. Mit der Entwicklung der DIN SPEC 91323 ist es gelungen, erstmalig Prüfkriterien festzulegen, die zu validen Messwerten und daraus ableitbaren Standards führen. TÜV SÜD Ansprechpartner TÜV SÜD Industrie Service GmbH, Andreas Klotz, ATP Prüfstelle Tel.: +49 89 5190-3656 E-Mail: andreas.klotz@tuev-sued.de

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