Perspektiven erwünscht

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ließ keinen Zweifel. "Firmen versuchen, den Fachkräftemangel in Engpassberufen abzumildern, indem sie die Ausbildung verstärken: So ist die Zahl der Ausbildungsplätze in Engpassberufen seit 2012 um 13 Prozent gestiegen", konstatierten die Experten in Köln vor Jahresfrist. "Die eigene betriebliche Ausbildung ist vor allem für kleine und mittlere Unternehmen entscheidend, um Fachkräfte zu gewinnen, die auf dem Arbeitsmarkt derzeit nicht zu finden sind", erklärte IW-Wissenschaftlerin Paula Risius. Um Fachkräfte dauerhaft an sich zu binden, sollten Unternehmen aber auch nach der Ausbildung ihre Mitarbeiter für weiterführende Aufgaben qualifizieren und spezialisieren. Als positiven Nebeneffekt holen Arbeitgeber so externes Wissen ins Unternehmen, wie es sonst nur größeren Konzernen oder Firmen möglich ist. Gerade in der Logistikbranche spielt ein ausgefeiltes Angebot zur Aus- und Weiterbildung eine Schlüsselrolle, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Denn die Außenwirkung des Wirtschaftsbereichs dominieren zum einen wenige große, prestigeträchtige Namen. Zum anderen hat die Arbeit in Spedition und Logistik mit zahlreichen Vorurteilen zu kämpfen, weil vom Lkw über den Güterzug bis zum Frachtflugzeug nahezu alle Transportmittel oft als störend empfunden werden, während der gesellschaftliche Nutzen fast immer unsichtbar bleibt. Auch Jüngere suchen Sicherheit Mit langfristigen und stabilen Berufsperspektiven können Unternehmen hier ein wirksames Signal setzen. Selbst die nachwachsenden Generationen X, Y und Z sind bei aller Experimentierfreude an Sicherheit interessiert, betonte Professor Jutta Rump, Expertin für Personalmanagement und Organisationsentwicklung vom Institut für Beschäftigung und Employability IBE in Ludwigshafen, bei einem Impulsvortrag auf der LBS-Mitgliederversammlung 2019. Zur gewünschten Work-Life-Balance der Fach- und Führungskräfte von morgen gehört aus ihrer Sicht eben auch ein ordentliches Maß an Sinnhaftigkeit, welche sich wiederum über ein am individuellen Karrierewunsch ausgerichtetes Weiterbildungsangebot herstellen lässt. An dieser Stelle setzt auch an, was sich derzeit vielen Arbeitgebern als schier unlösbare Herausforderung darstellt: das kreative Recruiting junger Mitarbeiter ebenso wie von Fachkräften zur Stabilisierung des eigenen Personalstamms. Social Media sind hier fraglos ein aktuelles Mittel der Wahl, ebenso wie das Herausarbeiten von Alleinstellungsmerkmalen einzelner Arbeitsplätze oder ein Bruch mit Stereotypen: Im Hightech-Cockpit von Lkw werden wir künftig deutlich mehr Frauen sehen, als dies in der Vergangenheit je denkbar war. Der Arbeitsplatz als Markenartikel Die wahre Kreativität aber liegt darin, jene Qualität sichtbar zu machen, die sich für jeden einzelnen Mitarbeiter aus einer soliden Grundqualifikation kombiniert mit einer individuellen Personalentwicklung ergibt. Wenn Stellenbeschreibung und Lebenswirklichkeit deckungsgleich sind, wird der Arbeitsplatz zum Markenartikel. Ein attraktives Gehalt und Sicherheit sind zwar immer noch wichtig, aber andere Eigenschaften gewinnen an Bedeutung und können den Unterschied bei der Entscheidung von Bewerbern machen. "Arbeitnehmer schauen immer genauer darauf, was ein Unternehmen ihnen insgesamt bieten kann. Weiterentwicklungschancen, flexibles Arbeiten und Work-Life-Balance werden von ihnen inzwischen erwartet", fasst Richard Jager, CEO des Personaldienstleisters Randstad Deutschland, zusammen, was sich auch in der aktuellen Studie "Randstad Employer Brand Research" abzeichnet. Mehr zum Thema im Dossier "Unternehmensführung" www.verkehrsrundschau.de/dossiers In Kürze Arbeitnehmer schauen immer genauer darauf, was ein Unternehmen ihnen insgesamt bieten kann. Weiterentwicklungschancen, flexibles Arbeiten und Work-Life-Balance werden von ihnen inzwischen erwartet. Acht Faktoren zu Weiterbildung und Arbeitgebermarke Diese Fragen sollten sich gerade kleine und mittlere Unternehmen stellen, die ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern wollen:- Ist die Qualifikation unserer Mitarbeiter Teil unseres Markenkerns?- Pflegen wir das Weiterbildungsangebot als Qualitätsmerkmal?- Spielt die individuelle Karriereplanung jedes Mitarbeiters eine Schlüsselrolle bei unserer Personalentwicklung?- Nutzen wir Angebote zur Weiterbildung als besondere Anreize (Incentives) für Mitarbeiter?- Sind Weiterbildungswünsche Teil der Jahresgespräche?- Kommunizieren wir die Berufschancen, die sich durch Weiterbildung in unserem Unternehmen ergeben?- Machen wir die Attraktivität einer persönlich gestalteten Karriere in unserem Unternehmen für Nachwuchskräfte sichtbar?- Vermitteln wir die Sinnhaftigkeit unserer Arbeitsplätze anhand von Qualifizierungs- Möglichkeiten?