Berlin/Essen. Ökonomen erwarten im laufenden Jahr ein deutlich schwächeres Wirtschaftswachstum in Deutschland als bisher angenommen. Das Münchner Ifo Institut und das Essener RWI senkten ihre Prognosen. „Die Wirtschaft hat sich in den ersten Monaten des Jahres deutlich schlechter entwickelt als gedacht“, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser am Dienstag in Berlin.
Für 2018 erwartet sein Institut noch ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,8 Prozent. Im Frühjahr hatten die Ökonomen 2,6 Prozent vorhergesagt. Für das kommende Jahr senkten sie ihre Prognose von 2,1 auf 1,8 Prozent. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatte die deutsche Wirtschaft um 2,2 Prozent zugelegt.
Handelsstreit mit den USA bedroht Wachstum
„Am deutschen Konjunkturhimmel brauen sich derzeit kräftige Gewitterwolken zusammen“, sagte Wollmershäuser. Ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung sei die Handelspolitik der USA. So erheben die USA seit Juni Zölle auf Aluminium- und Stahl-Importe auch aus der EU. Die EU und China haben Gegenmaßnahmen angekündigt.
Eine Ausweitung von Handelsbarrieren sei zu einem Risiko geworden, das sich nicht mehr vernachlässigen lassen, warnt das Ifo-Institut. Zudem könne der Iran-Konflikt zu höheren Ölpreisen führen. Sollte der Druck der US-Regierung auf die EU so groß werden, dass auch die EU das Atomabkommen aufkündige, dürfte der Ölpreis weiter steigen.
Ein Ende des Wirtschaftsaufschwungs sei aber nicht in Sicht. „Wir glauben, dass sich der deutsche Aufschwung fortsetzt, wenn auch nicht in demselben Tempo wie 2017“, sagte Wollmershäuser. Die Forscher glauben auch, dass die Arbeitslosenzahl weiter sinken wird.
Wirtschaft profitiert von Konsumlaune
Die Wirtschaft profitiert nach Darstellung des Instituts weiter davon, dass die Menschen viel einkaufen und viel gebaut wird. Auch die Finanzpolitik der Bundesregierung stütze die Konjunktur – im kommenden Jahr etwa mit der Aufstockung der Mütterrente und dem niedrigeren Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung.
Neben dem Ifo-Institut und dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) senkte auch das in Essen ansässige Wirtschaftsforschungsinstitut RWI seine Prognosen stark. Für 2018 wurde das Konjunkturplus von 2,4 auf 1,8 Prozent reduziert und für 2019 von 1,9 auf 1,5 Prozent. Auch das RWI begründete seine Entscheidung mit dem Außenhandel. „Das außenwirtschaftliche Klima ist rauer geworden“, sagte RWI-Konjunkturchef Roland Döhrn.
„Selbst wenn nur kleine Teile des deutschen Exports von den durch die USA verhängten Zöllen betroffen sind, dürfte das Aufkeimen des Protektionismus negativ auf das Exportklima wirken und Unternehmen vorsichtiger agieren lassen“, erklärte Döhrn. Der geplante Brexit bedeute zudem eine unklare Zukunft der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU. Der Aufschwung der Binnenwirtschaft sei jedoch intakt.
Auch Bundesregierung ist pessimistischer
Auch die Bundesregierung hatte ihre Prognose heruntergeschraubt. Sie ist aber etwas optimistischer und rechnet für 2018 mit einem Wachstum von 2,3 Prozent. 2019 sollen es dann 2,1 Prozent werden. (dpa/ag)