Oslo. Bis zu 40 Prozent der Lastwagen, die auf norwegischen Straßen unterwegs sind, werden von ausländischen Fahrern gelenkt. Viele dieser Fahrer sind von den winterlichen Straßenverhältnissen in den Gebirgsregion überfordert. Ihre LKW rutschen von der Straße, stellen sich quer oder kommen nicht mehr vom Fleck. Deswegen fordert der Verband der Spediteure auch für ausländische Fahrer Schulungen für die besonderen Verkehrsbedingungen im Land.
Auch für Norweger ist der Winter kein Kinderspiel, doch sie lernen das Fahren auf Schnee und Glatteis, wenn sie ihren Führerschein machen. Ausländische Fahrer sollen deshalb nachträglich geschult werden, fordern die Spediteure. „Unternehmen, die auf dem norwegischen Markt operieren, müssen dafür sorgen, dass ihre Fahrer die Kompetenz haben, mit unseren winterlichen Straßenverhältnissen klar zu kommen, egal ob es norwegische oder ausländische Fahrer sind“, sagt Geir Mo, der Direktor des Verbandes.
„Man kann nicht einfach im Winter nach Norwegen fahren, ohne das vorher geübt zu haben“, sagt auch Thorsten Rathje. Der Transportunternehmer aus Langenhorn in Nordfriesland ist seit 17 Jahren mit seinem LKW im Norden unterwegs und hat viel erlebt. Doch die Meldungen findet er oftmals übertrieben. „Ich sehe immer wieder, dass Fahrer mit ihrem Laster stecken bleiben, aber an der Nationalität kann man das nicht festmachen.“ Er empfindet die Berichterstattung in den Medien als Hetze. Es seien nicht nur die Ausländer, die im Winter für Chaos sorgten. „Ich bin oft genug an Norwegern vorbeigefahren, die weder vor noch zurück kamen. Meiner Meinung nach sind viele einfach zu faul, rechtzeitig die Ketten aufzuziehen.“
Und tatsächlich lässt es sich nicht an Zahlen festmachen, dass ausländische Lastwagenfahrer häufiger in Unfälle verwickelt sind als norwegische. „Ausländische Fahrzeuge sind wirklich nicht so oft in Unfälle verwickelt“, stellt Frits Karslen vom staatlichen Verkehrswesen klar. «Aber sie bleiben an den Berghängen liegen, und das hat häufig gravierende Konsequenzen, weil keiner an ihnen vorbeikommt.“
Der Unterschied zwischen Ausländern und Norwegern sei vielleicht, dass die Ausländer stecken bleiben, die Norweger eher weiterführen und sich dabei überschätzten, meint Kirsten Steenberg von DB Schenker Norwegen. Jeden Tag sind im Auftrag des Unternehmens der Deutschen Bahn 1100 LKW in Norwegen unterwegs, und negative Schlagzeilen können die Kunden nicht gebrauchen. „Wir stellen hohe Anforderungen an unsere Subunternehmer, wenn es um den Zustand des Fahrzeugs und die Kompetenz des Fahrers geht“, betont Steenberg. Natürlich wäre es schön, wenn alle europäischen Länder Glatteiskurse anböten, so Steenberg weiter, „aber das hilft auch nicht, wenn die Erfahrung fehlt“. Und die bekomme man nur, wenn man regelmäßig auf norwegischen Straßen fahre.
Trygve O. Schjerpen vom Verkehrsübungsplatz Vålerbanen, 170 Kilometer nördlich von Oslo, hat eine ähnliche Auffassung. Auf der Anlage des Verkehrsclubs NAF trainieren jährlich 2700 LKW-Fahrer - darunter 150 ausländische - das Fahren, Bremsen und kontrollierte Rutschen auf Schnee- und Eisbahnen. „Wir erklären den Kursteilnehmern nicht groß, was sie machen müssen. Wir wollen, dass sie durch Erfahrung lernen“, sagt Schjerpen. So ein Tageskurs kostet 6000 norwegische Kronen (700 Euro).
Der neue Verkehrsminister Ketil Solvik-Olsen befürwortet solche Schulungen. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Fahrer schwerer Lastfahrzeuge dafür auch die Eignung haben“, sagte er in einer Debatte im norwegischen Fernsehen NRK. Doch auf Pflichtkurse für alle Fahrer will er sich nicht festlegen.
Ein erster Schritt zu mehr Sicherheit ist allerdings getan. Seit dem 15. November müssen LKW über 3,5 Tonnen mindestens fünf Millimeter Profil auf allen Reifen haben, um im Winter auf norwegischen Straßen fahren zu dürfen. Bisher lag das Mindestprofil bei drei Millimetern. Außerdem gibt es strengere Vorschriften zum Gebrauch von Schneeketten.
Ob sich die Brummifahrer daran halten, wird seit der Einführung des neuen Gesetzes vor allem an den Grenzen verschärft kontrolliert. Doch viele schwarze Schafe rutschen durch. Allein den schwedisch-norwegischen Grenzübergang Svinesund überqueren täglich 2000 Schwerlastfahrzeuge. Kontrolliert wird dem „Transportmagazin“ zufolge gerade mal ein halbes Prozent. (dpa)