Neues Regelwerk als Feuerlöscher

Wenn das Feuer richtig lodert, knackt und zischt, dann ist das nur im Kamin schön anzusehen. Denn wenn das, was da knackt und zischt, nicht Buchenholzscheite sind, sondern die Lagerhalle ist, droht Gefahr für Mensch und Inventar. Daher ist der Brandschutz von Logistikimmobilien ein wichtiger Aspekt im Baurecht. Hier aber hat sich im vergangenen Jahr einiges geändert. Diese Neuerungen sind in der Muster-Industriebaurichtlinie 2014 (M-IndbauRL) zu finden, welche die Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz (IS-Argebau) 14 Jahre nach der letzten Überarbeitung veröffentlicht hat. Zu beachten ist: Die M-IndbauRL 2014 ist nicht automatisch geltendes Recht, denn Baurecht ist Ländersache. Die einzelnen Bundesländer können dieses Muster in ihre Liste der technischen Baubestimmungen aufnehmen. Erst damit sind die Regeln bauaufsichtlich eingeführt. Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt haben diesen Schritt bereits getan. Die anderen Bundesländer folgen voraussichtlich sukzessive - bis dahin gilt dort noch die Vorgängerregelung. Länder können die Regeln ändern "Baurechtlich relevant ist immer nur die Fassung ab dem Zeitpunkt, zu dem sie im jeweiligen Bundesland bauaufsichtlich eingeführt wurde", sagt Dietrich Bank, Obmann des Arbeitskreises Brandschutz bei der Arbeitsgemeinschaft Industriebau (AGI). Bank weist darauf hin, dass die Länder jedoch nicht verpflichtet sind, diese Musterrichtlinie als technische Baubestimmung einzuführen. Sie können einzelne Regelungen ändern. Planer und Bauherren müssen daher die Landesbauordnung des Bundeslandes beachten, in dem gebaut wird. Was aber ist neu an der M-IndbauRL 2014? Zum einen wurde die Richtlinie an die DIN-Norm 18230-1 (Baulicher Brandschutz im Industriebau - Teil 1: Rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer) angepasst. In diesem Zuge wurden auch Begriffe wie Geschoss, Ebene und Einbau präziser gefasst. "Zudem wurden einzelne Anforderungen mit den überarbeiteten Musterversammlungsstätten-/ Verkaufsstättenverordnungen harmonisiert", ergänzt Markus Frost, Brandschutzingenieur bei WTM Engineers, Hamburg. Ein dritter wesentlicher Punkt: Die Richtlinie berücksichtigt auch die Anforderungen des Grundsatzpapiers der Fachkommission Bauaufsicht zum Thema Entrauchung. Aus diesen drei Oberpunkten resultieren zahlreiche Änderungen im Detail. Ein Regelkatalog gegen den Rauch Einen Paradigmenwechsel gab es bei der Entrauchung. Eine funktionierende Entrauchung ermöglicht die Rettung von Menschen aus brennenden Gebäuden und unterstützt das Löschen. Dazu muss am Boden eines Lagerraumes bei einem Feuer durch geeignete Maßnahmen eine raucharme Schicht geschaffen werden. Die bisherige Richtlinie machte hierzu lediglich Zielvorgaben. Beispielsweise war in Räumen mit mehr als 1600 Quadratmetern Grundfläche eine raucharme Schicht von mindestens 2,5 Metern nachzuweisen. Den rechnerischen Nachweis, dass die dazu getroffenen Maßnahmen ausreichend sind, mussten die Planer im Zuge des Genehmigungsverfahrens erbringen. Das war relativ aufwendig. Die M-IndbauRL 2014 hat deshalb einen Regelkatalog etabliert. Dieser beschreibt präzise, welche Maßnahmen - beispielsweise Einrichtung von Zu- und Abluftöffnungen, natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte (NRWG), maschinelle Rauchabzugsgeräte (MRA) - zur Erreichung des Schutzziels ausreichen. "Natürlich" bedeutet, dass die Anlage ohne zusätzlichen Lüftungsantrieb auskommt. Der Katalog erhält auch Angaben zur Dimensionierung der Geräte und Öffnungen. Das erleichtert die Planung spürbar. Ein anderer Aspekt dürfte besonders bei Logistikern, die sich mit Kleinteile-Lagerung und Kommissionierung befassen, weniger Beifall finden. WTM-Brandschutzexperte Frost weist auf Abschnitt 5.5 der Richtlinie hin, die klare Vorgaben über Einbauten beinhaltet. Unter Einbauten sind begehbare Bühnen oder Galerien zu verstehen, die in Logistikhallen häufig aus Gründen der Platzeffizienz zu finden sind - im Gewerbe oft als Mezzaningeschosse bezeichnet. Je nach Sicherheitskategorie ist die maximale Grundfläche je Einbau auf 400 Quadratmeter bis 1400 Quadratmeter beschränkt. Mehrere dieser Einbauten dürfen zwar nebeneinander angeordnet werden, müssen aber durch eine brandlastfreie Zone von fünf Metern getrennt sein. Weiterer Nachteil: Die Gesamtsumme der Flächen solcher Einbauten darf nicht mehr als 25 Prozent der gesamten Geschossfläche des betreffenden Brandbekämpfungsabschnittes, der Grundfläche der Ebene oder des Teilabschnittes betragen. In der Summe schränken diese Vorgaben die Flexibilität bei der Nutzung von Einbauten spürbar ein. Hochhausrichtlinie gilt selten für Lager Von Vorteil ist die M-IndbauRL 2014 für Logistiker, die Hochregallager oder andere hohe Lagergebäude errichten. Die IndbauRL gilt auch für Industriegebäude mit einer Höhe von mehr als 22 Metern, sofern oberhalb dieser Höhe keine oder nur vorübergehend zu Kontroll- und Wartungszwecken genutzte Aufenthaltsräume eingerichtet sind. Für solche Industriebauten müssen die strengeren Vorschriften der Muster-Hochhausrichtlinie nicht angewendet werden, erklärt der öffentlich vereidigte Sachverständige für vorbeugenden Brandschutz, Bank. Für Regallager mit brennbarem Lagergut und einer Oberkante des Ladegutes von mehr als neun Metern Höhe können allerdings weitergehende Anforderungen gestellt werden, als in der Richtlinie vorgesehen. Lagergebäude und Gebäude mit Lagerbereichen müssen bei Lagerguthöhen von mehr als 7,5 Metern durch selbsttätige Feuerlöschlangen geschützt sein. Ein weiteres wichtiges Detail: Brennbare Stoffe wie Verpackungsmaterial, Paletten oder Abfälle müssen mit sechs Metern Abstand zur Außenwand oder deren Öffnungen gelagert werden, wenn die Außenwand aus schwer entflammbaren Baustoffen besteht. Der Abstand darf beim Einsatz nicht brennbarer Baustoffe auf drei Meter verkürzt werden. Direkt an der Außenwand dürfen die Stoffe nur gelagert werden, wenn die Außenwand und ihre Öffnungsverschlüsse feuerbeständig sind und aus nicht brennbarem Material bestehen. -- Wichtige Änderungen im Überblick Die Neuerungen verbessern vor allem den Brandschutz - Der Anwendungsbereich wurde angepasst. Die Richtlinie gilt auch für Industriebauten, die keine Aufenthaltsräume in Höhe von mehr als 22 Metern haben oder nur solche Aufenthaltsräume, die nur vorübergehend für Wartungs- und Kontrollzwecke genutzt werden. Somit gelten die strengeren Bestimmungen der Muster-Hochhausrichtlinie nicht.- Weitergehende Anforderungen als in der Industriebaurichtlinie können gestellt werden für Regallager mit brennbarem Lagergut und einer Oberkante Lagerguthöhe von mehr als neun Metern. Grundsätzlich können diese jedoch nach den Abschnitten 5 und 6 der M-IndBauRL 2014 beurteilt werden. Bisher gab es dazu nur die privatrechtlichen VDI-Richtlinien.- Produktions- und Lagerräume mit mehr als 200 Quadratmetern Grundfläche müssen zur Unterstützung der Brandbekämpfung entraucht werden. Mit den neuen Regelungen zur Rauchableitung wurde ein Beispielkatalog geschaffen, der die Verwendung alternativer Lösungsmöglichkeiten eröffnet, um das Schutzziel (Unterstützung der Brandbekämpfung) zu erfüllen.- Die Begriffe Geschoss, Ebene und Einbauten sind definiert und auf die DIN 18230 abgestimmt. Einbauten wie Bühnen, die in Lagern häufig genutzt werden, dürfen nur auf maximal 25 Prozent der Grundfläche stehen. Einbauten dürfen mehrfach nebeneinander angeordnet werden, wenn sie durch brandlastfreie Zonen von mindestens fünf Metern Breite (Freistreifen) getrennt sind; sie dürfen nicht übereinander angeordnet werden.- Die Lauflänge auf dem Einbau oder der Ebene bis zu einer Treppe darf höchstens 25 Meter betragen. Ist eine Alarmierungseinrichtung vorhanden, die mit einer automatischen Brandmeldeanlage oder einer selbsttätigen Feuerlöschanlage mit zusätzlicher Handauslösung ausgestattet ist, erhöht sich die maximal zulässige Entfernung auf einer Treppe auf 35 Meter. In Brandbekämpfungsabschnitten mit geringer Brandlast (weniger als 15 kWh/m²) sind bis zu 50 Meter Entfernung bis zur Treppe gestattet. hel

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