Nachfolge

Nachfolge Ein heißes Eisen Das Thema Nachfolge wird von vielen Firmenchefs verdrängt oder auf die lange Bank geschoben – ein fataler Fehler. Warum das so ist und wie es besser laufen könnte, zeigte der dritte Kongress der Kooperation Transcoop 09 in Darmstadt. Als mir mein Firmenchef vor über zehn Jahren anbot, mit seinem Sohn gemeinsam das Unternehmen zu übernehmen, sagte ich sofort zu. Das Unternehmertum bot mir eine sehr interessante Perspektive“, erzählt Ulrich Scharrenweber, geschäftsführender Gesellschafter der Spedition Lübker in Hamburg, im Rückblick. Und seine Entscheidung hat der 53-Jährige nie bereut. „Die Übergabe lief damals sehr fair ab – auf einer sehr großen Vertrauensbasis aller Beteiligten.“ Nicht in allen Unternehmen wird die Nachfolgefrage so gut gelöst. Grund genug für die Organisatoren des dritten Kongresses der Mittelstandskooperation Transcoop 09 in Darmstadt, das Thema auf einer Podiumsdiskussion mit Experten zu diskutieren – moderiert von der VerkehrsRundschau. „Uns war bewusst, dass wir ein heißes Eisen anpacken“, sagt Josef Perisa, Gremiumsvorsitzender der Transcoop 09 und einer der Geschäftsführer der Allgaier Spedition (siehe Interview Seite 25). „Das Thema ist für viele Firmenchefs tabu, weil es so emotional ist.“ „Es geht da ja auch um das Loslassen ihres Lebenswerks“, weiß Matthias Berendt, Prokurist der Unternehmensberatung SVG Consult. Deshalb packen dem Berater zufolge viele Unternehmer das Thema viel zu spät an. Es braucht immer einen Notfallplan Doch dieses Aufschieben ist gefährlich. Ein Firmenchef kann immer überraschend krankheitsbedingt ausfallen oder gar versterben. „Dafür braucht es in der Firma einen Notfallplan, der bestimmte Fragen für den Fall der Fälle regelt, etwa Handlungsvollmachten, Testament, Ehe- und Gesellschaftervertrag“, sagt Rechtsanwalt Rainer Metschke, Partner der Kanzlei Röhrich & Partner in Schwäbisch Hall. „Gibt es diesen Plan nicht, bricht das einer Firma schnell das Genick und der Familie, die hinter dem Betrieb steht“, warnt der Jurist. Um diesen Risiken vorzubeugen, helfe nur eines: „Der Unternehmer muss merken, dass er etwas tun muss“, so Metschke. Dies sei der Ausgangspunkt für alle darauf folgenden Maßnahmen und im nächsten Schritt müsse er für sich klären, wohin er in Zukunft sein Unternehmen entwickeln will – ob alleine oder im Zusammenspiel mit Anderen wie dem eigenen Nachwuchs, Prokuristen oder sonstigen Partnern. „Ziel muss es immer sein, die Struktur einer Firma mit entsprechenden Regelungen so zu gestalten, dass das Unternehmen im Fall der Fälle weiter arbeiten und existieren kann“, empfiehlt Berater Berendt. Frühzeitig angegangen, sei dies aber „kein Hexenwerk“. Und ganz wichtig: Alles das muss Kunden, Mitarbeitern und Geschäftspartnern wie Banken kommuniziert werden – idealerweise in einem genau definierten zeitlichen Ablaufplan. Klingt in der Theorie einfach, ist es in der Praxis aber nicht. „Da kann viel Schreckliches passieren“, bringt es Scharrenweber auf den Punkt. Allein an der Frage, zu welchem Zeitpunkt sollte der Senior seinem Nachfolger welche Aufgaben übergeben, sei schon so manche Firma zerbrochen, weiß Metschke. „Da spielen oft auch nicht aufgearbeitete Geschichten innerhalb der Familie eine Rolle“. Ein weiteres Versäumnis sei es, dass viele Firmenchefs ihre zweite Führungsriege als potenziellen Nachfolger nicht im Blick haben und zu wenig fördern. Darauf verweist Martina Schlichte, Personalberaterin bei Möckel & Partner.„Achten Sie auf Ihre Rohdiamanten.“ Das Wichtigste aber sei, resümiert Anwalt Metschke, dass die Mitglieder der Transcoop 09 die Bedeutung des Themas Nachfolgeregelung erkannt haben. Das habe der Kongress gezeigt. „Denn diesen Prozess kann man nie früh genug beginnen“, sagt Perisa. „Letztlich beginnt dieser schon damit, wenn ich meinen Azubis eine Zukunft im Unternehmen zusagen kann.“ ❙❚■ Eva Hassa Interview „Für viele Chefs ist das Unternehmen die einzige Altersvorsorge“ Die Suche nach potenziellen Nachfolgern in Transportbetrieben ist schwierig. Wie die Kooperation Transcoop 09 ihre Partnerfirmen unterstützen will, sagt Josef Perisa, Beiratsvorsitzender des Verbunds. Warum hat die Mittelstandskooperation Transcoop 09 auf ihrem diesjährigen Kongress das Thema „Nachfolgeregelung“ auf die Agenda genommen? Josef Perisa: In vielen Firmen wird dieses Thema viel zu spät angegangen: entweder weil es der Unternehmer verdrängt oder weil ihm im Tagesgeschäft dafür die Zeit fehlt. Für uns als Kooperation ist es aber wichtig, dass ein Partnerbetrieb weiter existiert. Inwieweit kann eine Kooperation wie Transcoop 09 ihren Partnern gerade in der Nachfolgefrage weiterhelfen? In erster Linie ermöglichen wir den Erfahrungsaustausch. Unsere Partner haben mittlerweile ein so enges Vertrauensverhältnis aufgebaut, dass ein Firmenchef andere nach ihren eigenen Erfahrungen fragen kann. Denkbar ist auch die Gründung eines Beirats mit Transcoop-09-Partnern. Darüber hinaus plant unsere Kooperation den Aufbau einer Karrierebörse, in der wir alle Positionen innerhalb unseres Netzes für Mitarbeiter transparent machen. Sucht eine Firma einen Nachfolger, hat möglicherweise auch ein Kandidat eines unserer Partner darauf Zugriff. Entscheidend ist zudem, dass wir innerhalb der Transcoop 09 das Potenzial unserer zweiten Führungsriege erkennen und diese Mitarbeiter qualifizieren. Möglicherweise gründen wir sogar eine eigene Aus- und Weiterbildungsakademie. Aber wollen junge Leute überhaupt noch ein Transportunternehmen übernehmen? Das ist schwierig. Das liegt an der Betriebsstruktur der Transportbranche und ihrem Image, aber auch daran, dass viele Firmenchefs den Wert ihres Betriebs überschätzen. Alles das gestaltet nicht nur die Suche nach einem Nachfolger schwierig, sondern auch den Verkauf einer Firma. Denn letztlich stellen nur die Mitarbeiter und Kundenverträge einen Wert dar. Das ist gefährlich, weil für viele Firmenchefs das Unternehmen die einzige Form der Altersvorsorge ist. Was raten Sie also? Möglicherweise könnten sich mehrere verkaufswillige Betriebe zusammentun und so für einen Käufer attraktiver werden. Alternativ könnte Transcooop 09 einzelne Betriebe übernehmen. eh Transcoop 09 Gemeinsam auf Wachstumskurs Transcoop 09 ist eine Kooperation von mittelständischen Transport- und Speditionsbetrieben. Der Verbund wurde 2009 gegründet und umfasst heute 46 Partner mit insgesamt 50 Standorten in Europa und der Türkei sowie rund 3000 ziehende Einheiten, 500.000 Quadratmeter Lager- und Umschlagflächen und 50.000 Quadratmeter Gefahrgutlager. Rund 3500 Mitarbeiter erwirtschafteten in 2013 insgesamt einen Jahresumsatz von 750 Millionen Euro. Alle Partnerbetriebe erfüllen folgende Kriterien: Sie sind mittelständisch strukturiert, inhabergeführt, verfügen über einen eigenen Fuhrpark und sind bereit, sich tatkräftig an dem Verbund zu beteiligen. eh

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