Brüssel. Unter großem Zeitdruck und mit viel Streitpotenzial haben die Europäische Union und Großbritannien die Verhandlungen über ihre künftigen Beziehungen begonnen. Ziel ist ein umfassendes Handels- und Partnerschaftsabkommen bis zum Jahresende. Die Zeit ist jedoch sehr kurz und die Positionen lagen zum Auftakt sehr weit auseinander.
Großbritannien war Ende Januar aus der EU ausgetreten. Bis Ende 2020 läuft eine Übergangsphase, in der sich trotz des Brexits kaum etwas geändert hat. Für die Zeit danach ist jedoch fast alles ungeklärt, darunter sind die Wirtschaftsbeziehungen, Migrations- und Reiseregeln, der Zugang zu Fischgründen und die gemeinsame Verbrechens- und Terrorbekämpfung. Gelingt kein Vertrag, drohen Verwerfungen für die Wirtschaft und Unsicherheit für die Bürger.
Die Verhandlungen zu den komplizierten Einzelfragen werden in elf Arbeitsgruppen gleichzeitig geführt. Großbritannien schickt nach offiziellen Angaben neben Chefunterhändler David Frost bis zu 100 Experten. Auf EU-Seite führt ein Team unter dem Franzosen Michel Barnier die Gespräche. Dafür hatten die EU-Staaten vorige Woche ein detailliertes Mandat erteilt.
Fairer Wettbewerb ist oberstes Ziel
Priorität für die EU ist ein Freihandelsabkommen mit Verpflichtungen für einen fairen Wettbewerb, also gleichen Umwelt-, Sozial-, Steuer- und Subventionsstandards. Großbritannien will zwar ebenfalls ein Handelsabkommen, doch ohne die Pflichten zur Angleichung seiner Gesetze an EU-Recht. Weiterer Streitpunkt: Die EU will den für sie wichtigen Zugang zu britischen Fischgründen im Gesamtpaket regeln; Großbritannien will darüber getrennt verhandeln.
Vor dem Brexit hatten beide Seiten bereits einen Trennungsvertrag geschlossen, der unter anderem die Übergangsfrist vorsieht. Vereinbart ist zudem eine Lösung für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. (dpa/ja)