Hamburg. Die Hansestadt Hamburg soll für Deutschland im Jahr 2021 den internationalen Weltkongress für Mobilität und Logistik ausrichten. Sie setzte sich in einem internationalen Wettbewerb gegen vier andere Städte durch, wie Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) in der Nacht zum Mittwoch aus Montreal (Kanada) mitteilte. Dort tagt noch bis zum 2. November der 24. Kongress zu Intelligenten Transportsystemen (ITS) der Zukunft.
Die Hansestadt hat für den ITS-Weltkongress 2021 mit mehreren Verkehrs- und Technologieunternehmen schon einige Projekte ins Rollen gebracht, etwa Busse ohne Fahrer oder Fahrscheine ohne Kleingeld. Mit dem Zuschlag für die Veranstaltung, die mit dem Bundesverkehrsministerium ausgerichtet wird, erhöht sich der Druck, umwelt- und ressourcenschonende Vorhaben umzusetzen.
„Hamburg wird in den nächsten Jahren Deutschlands Modellstadt für urbane Mobilitäts- und Logistiklösungen“, kündigte Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) an. Der Verkehr solle mithilfe neuer Technologien und breitgefächertem Wissen für die Bürger „effizienter, umweltfreundlicher und komfortabler“ werden.
Hamburg als „City of Solutions“
Kritiker verlangen dagegen ein Umdenken: Mehr Mut zur Auseinandersetzung über andere Fortbewegungs- und Mobilitätsformen forderte die verkehrspolitische Sprecherin der Linken-Bürgerschaftsfraktion, Heike Sudmann. „Technik allein kann nicht die Lösung sein.“ Umweltbelastungen sowie der Flächenverbrauch durch den Autoverkehr müssten reduziert werden. Der CDU-Fraktionsvertreter Dennis Thering kritisierte, dass ein Kongress in vier Jahren die aktuellen Verkehrsprobleme nicht lösen könne: „So ist beispielsweise die Staustadt Hamburg bittere Realität und kein Science-Fiction.“
Seit 2015 liefen in der Hansestadt die Vorbereitungen für die Bewerbung unter dem Titel „City of Solutions“. An den jährlichen Kongressen für Intelligente Transportsysteme (ITS) nehmen rund 10.000 Vertreter aus den Bereichen Verkehr, Telekommunikation, IT, Wissenschaft und Politik teil – eine lukrative Veranstaltung für das dann neugestaltete Hamburger Congress Centrum (CCH).
Erste Projekte im Nahverkehr
Im Rahmen der 2016 beschlossenen ITS-Strategie des Senats kooperiert die Stadt mit Unternehmen wie VW, BMW, Daimler, Deutsche Bahn und Here Technologies. Dass Hamburg den Zuschlag bekommen habe, sei eine Bestätigung dafür, dass die Stadt die richtigen Weichen gestellt habe, sagte Verkehrssenator Frank Horch (parteilos).
Zu den ersten Projekten gehört im öffentlichen Nahverkehr an mehr als einem Dutzend Haltestellen das Umsteigen von Bus und Bahn auf ein Leihfahrrad („Stadtrad“) oder -auto („Switch“), so dass ein eigenes Fahrrad oder Fahrzeug überflüssig werden kann. Zudem lassen sich per App (Park and Joy) freie Parkplätze in Hamburg finden.
In Planung sind des weiteren Tests mit autonomen kleinen Shuttlebussen ohne Fahrer im Metropolverkehr, von denen die Deutsche Bahn derzeit schon einen im niederbayerischen Bad Birnbach in Fahrt gebracht hat. Der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) will ausprobieren, wie gefahrene Bus- und Bahnstrecken per Smartphone erfasst und zum Monatsende zum günstigsten Tarif mit dem Fahrgast („check in/be out“) abgerechnet werden können.
Logistik braucht leistungsstarke Infrastruktur
Für den ADFC Hamburg als Stimme der Radfahrer wird sich durch den Kongress jedoch nichts am Mobilitätsverhalten verändern. Das „Prestige-Objekt Auto“ werde lediglich durch E-Fahrzeuge ersetzt und hierbei die extrem hohen Kosten und der Ressourcenverbrauch für die Herstellung von Elektro-Autos verschwiegen, sagte der stellvertretende ADFC-Vorsitzende Dirk Lau der Deutschen Presse-Agentur. „Das Fahrrad wird bei E-Projekten unter den Tisch fallen gelassen. Um mehr Verkehrssicherheit für Fußgänger und Radfahrer geht es nicht.“ Der ADFC verlangt, Nahverkehrskonzepte zu stärken.
Handelskammer-Präses Tobias Bergmann mahnte, „möglichst rasch die Zukunft der Stadtmobilität zu erproben.“ Dies setze eine ambitionierte Projektplanung und entsprechende Mittel seitens der Stadt voraus. Gerade die Logistikwirtschaft sei in einer wachsenden Stadt zwingend auf eine leistungsfähige Infrastruktur angewiesen, ergänzte Willem van der Schalk, Vorsitzender des Ausschusses für Hafen und Schifffahrt der Handelskammer. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) will sich in vier Jahren als ein „digital-innovativer Knotenpunkt auf der maritimen Seidenstraße“ präsentieren.
Im kommenden Jahr wird der ITS-Weltkongress vom 17. bis 21. September in Kopenhagen ausgerichtet. (dpa)