Mit Web und Psychologie gegen die Krise

Zu Grenzgängern werden viele gebrauchte LKW, wenn deutsche Spediteure und Transportunternehmer ihren Fuhrpark erneuern. Die alten landen dann oft in Polen, Rumänien, Russland und der Ukraine. Das war einmal. "Die schlechte Marktsituation in Russland und der Ukraine schlägt auch bei den deutschen Händlern auf", sagt Stefan Page, Business Development Manager bei Autoscout 24 Trucks, einer Online-Handelsplattform für Gebrauchte. Dazu hat die Handelsplattform ein Marktforschungsunternehmen untersuchen lassen, wie sich das Geschäftsklima in der Region entwickelt. Bislang sind Transporter "der Verkaufsschlager nach Osteuropa", sagte Page auf der VerkehrsRundschau-Fachkonferenz "Gebrauchte Nutzfahrzeuge professionell vermarkten" im Herbst in Hannover. Doch das bisher positive Geschäftsklima hat sich gewendet. Der Markttrend für die meisten Länder ist negativ. Er ergibt sich aus dem Prozentsatz an Händlern, die in den vergangenen zwölf Monaten mehr Nachfrage hatten, abzüglich des Prozentsatzes an Händlern, die im selben Zeitraum weniger Nachfrage hatten. Als Hauptgründe für die sinkende Nachfrage aus Russland beispielsweise nannten die befragten Händler: schwierige Einfuhr- und Zollbestimmungen, Baujahrbestimmungen und den Konflikt Russlands mit der Ukraine. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich im Bereich der LKW beobachten. Nicht ganz so dramatisch hat sich der Markttrend in Bezug auf Sattelzugmaschinen entwickelt - aber auch er ist negativ. Anfragen kommen oft aus Deutschland Page rät daher, den Kundenkreis geografisch auszuweiten. Eine andere Möglichkeit sei es, den lokalen deutschen Markt zu bearbeiten. Denn ob online oder offline, beispielsweise in Fachmagazinen: Die meisten Anfragen für Gebrauchte kommen aus Deutschland. Selbst für den hohen Fahrzeuganteil, der in den Export geht. "Darunter sind viele Mittler, die in Europa ihren Sitz haben, hier die Fahrzeuge aufkaufen und dann exportieren", weiß Philipp Schwenke, Head of Autoscout 24 Trucks. Bleibt die Frage: Was wird derzeit gesucht? Die Antworten kennt Schwenke: Bei den Lastwagen entfallen über die Hälfte der Suchen auf Kipper-, Koffer- sowie Pritschenund Planenfahrzeuge. Besonders beliebt sind sie von Mercedes-Benz, MAN und Iveco. Bei den Transportern finden vor allem Kastenwagen, Kastenwagen mit Hochdach, Koffer, Pritschen und Fahrzeuge mit Temperaturführung Anklang. Gefragte Marken sind in dieser Kategorie Mercedes-Benz vor Volkswagen und Fiat. "Bei den Sattelzugmaschinen ist überraschenderweise Scania am beliebtesten", so Schwenke. Dann folgen DAF, Mercedes-Benz und Volvo gleich auf (siehe Grafik). Ein wichtiger Indikator sind die Suchanfragen pro Anzeige. "Das zeigt, was im Markt gerade gut geht", so Schwenke. Überdurchschnittlich gefragt sind demnach LKW von Scania, Nissan und Mercedes-Benz, Transporter von Fiat, VW und Iveco sowie Sattelzugmaschinen von Scania und Volvo. "Nicht so gut laufen im Moment LKW von Renault", berichtet Schwenke. Eher wenige Suchfragen erzielen auch Anzeigen mit Peugeot-Transportern und Sattelzugmaschinen von Renault und MAN. "Wir werden uns neue Märkte suchen müssen", sagt Ingo Geerdes, Director Key Account Krone Fleet und Krone Used. Denn die alten schwächeln. Bislang war Russland der größte Absatzmarkt für gebrauchte Trailer. Der ist von 22.000 Einheiten in 2012 auf 10.700 in 2013 eingebrochen. "Für das laufende Jahr rechnen wir mit zwischen 6000 und 7000 Fahrzeugen", prognostiziert Geerdes. Das sei eine Herausforderung, denn die Höfe stünden voll und es gebe wenig Bewegung im Markt. Dennoch gibt es Hoffnung: "Wir gehen davon aus, dass sich der Markt in absehbarer Zeit erholen wird", sagt er. Es ergebe daher keinen Sinn, wie bei der letzten Krise, "nervös zu werden, alles rauszuhauen und die Preise zu zerstören". Aufgrund des aktuell geringen Zinsniveaus ließen sich diesmal "gewisse Dinge aussitzen". Die schlechte Nachricht für potenzielle Käufer: Bislang, so hat Geerdes beobachtet, sind die Preise lange nicht so deutlich gefallen wie 2009. Auch die hiesigen Preise für gebrauchte Trailer seien von der Marktentwicklung in Russland abhängig. Fehlt der Bedarf, so die Lehre aus der Vergangenheit, lassen sich Trailer auch nicht zu Niedrigstpreisen verkaufen. Wo kein Markt ist, lässt dieser sich auch nicht über den Preis generieren. Bei hohem Bedarf zählt dagegen in erster Linie die Verfügbarkeit und der Preis ist nebensächlich. "Wir waren schon mal mit jungen Gebrauchten auf Neupreisniveau", sagt Geerdes. Gefragt seien vor allem Standard-Curtainsider, Kühlauflieger, Containerchassis und Kofferauflieger. Eher Hofhüter seien Volumentrailer, Wechselverkehrsanhänger, Spezialfahrzeuge und Leichtbaufahrzeuge. Gebrauchte steuerfrei in der EU absetzen Wenn gebrauchte LKW nicht nach Russland gehen, bleibt unter anderem noch die EU als Absatzmarkt. Mit der seit dem 1. Oktober 2013 gültigen Gelangensbestätigung bleiben diese Exporte steuerfrei. "Bis die aber vorliegt, bleibt der Verkäufer mit der Umsatzsteuer im Risiko. Das lässt sich über eine Kautions- oder Depotlösung abfangen", rät Stan Guthmann, Steuerberater bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner. Die sei zwar nicht vorgeschrieben, aber wirtschaftlich sinnvoll. Denn im Zweifel muss sonst der Verkäufer die Umsatzsteuer zahlen. Guthmann empfiehlt, die Gelangensbestätigung monatsweise abzugeben. Alternativ ist bei LKW auch der Nachweis mittels Rechnungsdoppel und der Zulassung auf den Erwerber im Bestimmungsland möglich - so der Käufer das Fahrzeug abholt. "Das muss aber zeitnah geschehen. Unproblematisch sind Zeitspannen von bis zu einem Monat", sagt der Steuerexperte. Schwierig sei dieses Vorgehen aber, wenn Mittler, so genannte Intermediäre, bei dem Geschäft im Spiel sind. Sie sind zwar der Käufer innerhalb der EU, lassen das Fahrzeug aber in der Regel nicht auf sich, sondern direkt auf ihren Kunden zu. In dem Fall hat der ursprüngliche Verkäufer ein Erklärungsproblem beim Fiskus. Kommen solche Mittler zum Einsatz - im Gebrauchtfahrzeughandel nicht unüblich - entstehen schnell Reihengeschäfte. Und sind steuerlich problematisch. Hier schließen mehrere Unternehmen, zum Beispiel Verkäufer, Mittler und Endkunde, Verträge über den gleichen LKW ab. Der Verkäufer liefert aber direkt an den Endkunden. Sitzt der Mittler im EU-Ausland, kann es sich um eine umsatzsteuerfreie Lieferung handeln. Das hängt davon ab, welchem Geschäft die Warenbewegung zugeordnet wird. "Hier gibt es unterschiedliche Auffassungen zwischen der deutschen Finanzverwaltung und dem Europäischen Gerichtshof", sagt Guthmann. Nur wenn die Warenbewegung dem ersten Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Mittler zugeordnet wird, handelt es sich um eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Der Experte rät daher, Reihengeschäfte zu vermeiden oder sich im Zweifel mit einem Steuerberater zu besprechen. Bewertungen im Web werden wichtiger Prüfen gewinnt für Unternehmen auch im Zusammenhang mit Web 2.0 und Social Media zunehmend an Bedeutung. "Die Frage ist nicht, machen wir Social Media, sondern die Frage ist, wie weit stecken wir schon drin?", sagt Jens Helmerich, Geschäftsführer des Instituts für automobiles Marketing. Er rät, das eigene Unternehmen mindestens einmal pro Woche zu googeln, um zu wissen, was im Internet gegebenenfalls über den Händler geschrieben wird. Denn Meinungen völlig unbekannter Menschen werden auf Bewertungsportalen und in Internetforen für potenzielle Käufer interessant und wichtig. Selbst wer nur die genaue Adresse oder die Öffnungszeiten des Händlers sucht, stößt dabei heute oft auf Kommentare. Ist diese Kritik vernichtend, hilft es nichts, wenn die Produkte der vertriebenen Hersteller einen guten Ruf haben. Das Image kann schnell ruiniert sein Er warnt aber auch vor den Gefahren von Bewertungen: "Image wächst und verbessert sich nur langsam, kann aber binnen Sekunden zerstört werden." Das heißt, Händler sollten auf negative Bewertungen reagieren. Neben dem Check, ob rechtliche Schritte nötig oder möglich sind, gehört eine Stellungnahme zu der Bewertung. Eher kontraproduktiv für die Vermarktung ist es außerdem, wenn die Internetseite des Händlers nicht dem Stand der Technik entspricht: "60 bis 70 Prozent aller Suchanfragen bei Google kommen heute über Tablets oder Smartphones", berichtet Helmerich. Eine Webseite muss heute also auch auf mobilen Endgeräten funktionieren. Wer Social Media aktiv nutzen will, sollte es richtig machen. Eine Facebook-Seite macht nur Sinn, wenn dort regelmäßig etwas passiert und auf Kommentare oder Anfragen schnell reagiert wird. "Wer das personell nicht leisten kann, der sollte keine Facebook-Seite eröffnen", mahnt Helmerich. Der Einstieg in das Web 2.0 ist aber auch mit kleinen Schritten möglich. Beispielsweise mit Twitter: "Warum die Kunden nicht über den Kurznachrichtendienst über neu eingetroffene Fahrzeuge informieren?" Allerdings dürfe der Account dann nicht für sinnfreie Plaudereien à la Hollywood-Sternchen missbraucht werden. Eine andere Möglichkeit: Die Firmenwebseite in die Sprachen potenzieller Kunden übersetzen - dann finden auch ausländische Suchmaschinen einen deutschen Händler. "Ich kenne einen Leuchtmittelhersteller, der hat so seinen Umsatz um 150 Prozent gesteigert - auf einmal konnten Kunden in Asien ihn finden und verstehen", weiß Helmerich. Die ersten vier Minuten sind wichtig Eine andere Art, den Umsatz zu steigern, ist es, Routinen im Umgang mit potenziellen Kunden zu durchbrechen. Maßgeblich für den Verkaufserfolg seien die ersten vier Minuten. "In der Zeit entscheidet sich, ob es mit einem Geschäft grundsätzlich etwas werden könnte, wenn die harten Fakten dann auch stimmen", sagt Verkaufstrainer Andreas Schutkin. Am Telefon sind es übrigens nur 40 Sekunden. Er empfiehlt Händlern, nicht sofort mit dem Interessenten zum LKW zu gehen und die technischen Daten herunterzubeten. Atmosphäre schaffen sei angesagt: Ein warmes Getränk, ein weiches Sofa. "Machen Sie dem Kunden dabei Komplimente und überreichen sie ihm ein kleines Geschenk", rät Schutkin. Als Geschenk eignen sich die üblichen Give-Aways. Priming nennen Experten das dabei entstehende, unterbewusste Gefühl beim Kunden. "Warm und weich empfinden Menschen als angenehme Atmosphäre und werden wohlwollender", weiß der Experte. Gespräche über das Produkt sind in dieser Phase, die auch länger als vier Minuten dauern darf, noch tabu.

Mit Web und Psychologie gegen die Krise

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