Mit Apps die Staus bekämpfen

Die Situation in Hamburg ist ohne Frage eine besondere: Der Hafen liegt mitten in der City. Während die Containerterminals in Rotterdam oder erst recht in Bremen weit entfernt von der Innenstadt liegen, bekommen die Hamburger die volle Breitseite des Hafen zu spüren. Die besondere Situation in Hamburg Nicht zuletzt auch deshalb treibt der Hafen sein Digitalisierungsprojekt vehement voran, um die verkehrliche Belastung möglichst gering zu halten. Seit etwa zwei Jahren entwickelt die Hamburg Port Authority (HPA), welches für die Infrastruktur des Hafens zuständig ist, das Konzept Smart Port Hamburg. Lutz Birke, Leiter Unternehmenssteuerung bei der HPA, steht dabei vor der Herausforderung, bei steigendem Verkehrsaufkommen sowohl die Effizienz des Hafens als wichtigen Teil der Lieferkette zu erhöhen als auch die Belastung der angrenzenden Stadtgebiete auf das Notwendigste zu beschränken. "Die begrenzten Flächen im Seehafen wie auch dessen zentrale Lage im Stadtgebiet erfordern besondere Aktivitäten zur Effizienzsteigerung", sagt Birke. Mit dem Konzept soll eine Infrastruktur entwickelt werden, um damit die Informationszuflüsse zur Abwicklung der Warenströme zu optimieren. "Dabei arbeiten wir eng mit der Hafenwirtschaft zusammen", betont er. "Das Beschleunigen der Prozesse im Hafen kann nur im Zusammenspiel mit den Terminals gelingen. Hier kommt es heute noch regelmäßig zu zeitaufwendigen Engpässen", beklagt Oliver Matthiesen, Prokurist bei der IGS Intermodal Container Logistics. Daher verfolgt er die Bemühungen Hamburgs mit großem Interesse. Die Steuerung der Containertransporte per Lkw steht besonders im Fokus. Um den Andrang der täglich über 40.000 Lkw-Fahrten zu entzerren und die Güterströme zu optimieren, hat die HPA das cloudbasierte Informations- und Kommunikationssystem Smart-Port-Logistics (SPL) eingeführt. Dabei greift SPL auf bestehende IT-Strukturen zurück, die auf einer neuen Plattform zusammengeführt und weiter optimiert werden. SPL besteht aus einer Webapplikation und einer mobilen App, über die Hafenbetreiber, Transportund Logistikunternehmen alle relevanten Verkehrs-, Infrastruktur- und Logistikdaten in Echtzeit teilen können. Zudem ermöglicht das System den Lkw-Fahrern, Auftragsdaten einzusehen und direkt mit den Disponenten zu kommunizieren. Wenn beispielsweise eine von mehreren Klappbrücken im Hafen gerade für den Schiffsverkehr geöffnet ist, was in der Regel zu einer 20-minütigen Unterbrechung des Straßenverkehrs führt, kann für die betroffenen Lkw-Fahrer eine Alternativroute angeboten und über die SPL-App abgerufen werden. Auch bei Einschränkungen des Verkehrs durch Baustellen und Staus werden die Fahrer und Disponenten in Echtzeit darüber informiert. Sensoren und Induktionsschleifen liefern die entsprechenden Informationen. Im Rahmen von SPL realisiert die HPA zudem ein intelligentes Parkraummanagement, um Lkw-Stellplätze optimal auszulasten. Auf diese Weise sollen Suchverkehre im Hafengebiet reduziert werden. Mit dem dynamischen Parkraummanagement verbessert sich nicht nur die Wirtschaftlichkeit der Lkw-Touren. Darüber hinaus werden auch die Verkehrs- und Umweltbelastung in den Stadtgebieten verringert. So wird gerade ein sogenannter PrePort-Parkplatz mit 100 Stellplätzen vor dem Hafen in Moorfleet eingerichtet, der im Frühjahr 2016 in Betrieb genommen werden soll. Die Lkw werden über die App nach ihrer jeweiligen Abfahrtszeit in die richtige Reihenfolge eingeteilt. Wenn dann ein Fahrer auf der Fahrt von Berlin zum Hafen Hamburg merkt, dass er aufgrund von Staus einen gebuchten Slot zur Ablieferung seines Containers nicht einhalten kann, fordert er einen neuen Slot an. Kommt er dann justin-time im Hamburger Hafen an, wird er von der SPL-App auf der optimalen Strecke direkt zu seinem Entladeterminal geleitet. Trifft er wider Erwarten früher ein, teilt ihm die SPL-App einen Platz auf dem Pre-Port-Parkplatz zu. Von dort wird er fristgerecht zum jeweiligen Terminal weitergeleitet. Auf diese Weise erfolgt eine Optimierung der Verkehrsfluss und es werden die Lieferzeiten verkürzt. Durch übergreifende Kommunikation sind alle an der Transportkette Beteiligten stets über die aktuelle Situation informiert und wissen genau, wann ein Lkw bei einem Hafenbetrieb sein wird. Langfristiges Ziel von SPL ist, alle Verkehrsträger miteinander zu verbinden, sodass die gesamte Logistikkette vernetzt wird. Thomas Schröder, stellvertretender Geschäftsführer vom Verein Hamburger Spediteure (VHSp), sieht die Entwicklung grundsätzlich positiv, wirft aber ein: "Die Verkehrswirtschaft benötigt keine zweite Datenplattform neben dem bewährten System Dakosy. Sofern sich die zusätzlichen Informationsangebote von SPL sinnvoll damit verknüpfen lassen, steht der VHSp den Entwicklungen positiv gegenüber." Er stellt heraus, dass die im Laufe dieses Jahres zwingende Vorbuchung von Lkw beim Containerumschlag in den Terminals der HHLA und Eurogate von den Terminals selbst ausgeht. Die SPL-App könne dabei einen Zusatznutzen für die Transportunternehmer, insbesondere aus Osteuropa, bieten, die mangels einer Vorbuchung auf Parkplätze ausweichen müssen. Mehr zum Thema im Dossier "Hafen Hamburg" www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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