München. Wenn sich CDU/CSU und die SPD bei ihren Gesprächen auf die Einführung eines gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde einigen, müssten vor allem Frachtführer mit nur einer Handvoll LKW den Gürtel enger schnallen. Diese Befürchtung äußern Transport- und Logistikunternehmer in der aktuellen Ausgabe der VerkehrsRundschau. Vor allem im Ostdeutschland ist die Sorge groß, dass das Güterverkehrsgewerbe die Zeche des gegenwärtigen Koalitionspokers bezahlen muss.
Lediglich ein Drittel zahlt nach Tarif
Während Gewerkschaften argumentieren, ein gesetzlicher Mindestlohn sei dringend notwendig, um den Wettbewerb über Niedriglöhne einzudämmen, sind 8,50 Euro den meisten Arbeitgebern zu viel des Guten. „Die Forderung der Gewerkschaften nach einem gesetzlichen Mindestlohn schadet der Tarifautonomie und ist insbesondere für die Speditions- und Logistikbranche nicht notwendig“, betont Andreas Stommel, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Spedition und Logistik Deutschland (ASL).
Zwar werden die Löhne bereits heute in weiten Bereichen durch Flächentarifverträge gesichert, deren Niveau über der aktuell diskutierten Marke liegt. Doch lediglich gut ein Drittel der Speditions-, Transport- und Logistikunternehmen unterliegt einer Tarifbindung. Das schätzt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi). Wie hoch die Stundenlöhne der nicht tarifgebundenen Unternehmen sind, darüber gibt es keine offiziellen und belastbaren Erhebungen. Im Osten liegen sie nach der Erfahrung von Branchenkennern teilweise unter 8,50 Euro – selbst in den Unternehmen, die im Arbeitgeberverband organisiert sind.
Ein bis zwei Euro mehr pro Stunde
Weil zu wenige Unternehmen einem Arbeitgeberverband angehören, ist es bisher nicht möglich gewesen, einen allgemein verbindlichen Branchentarif zu vereinbaren, der auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber und -nehmer des Transport- und Logistikgewerbes gilt. Damit eine solche Lohnuntergrenze wirksam ist, müssen nämlich die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50 Prozent der Arbeitnehmer beschäftigen, die unter den Geltungsbereich des Branchentarifvertrages fallen würden. „Allein in Nordrhein-Westfalen sind nur 30 Prozent der Speditions-, Transport- und Logistikunternehmen in einem Arbeitgeberverband organisiert“, erklärt Ulrich Bönders, Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen.
Der Spediteur befürwortet zwar einen Mindestlohn. Von einer Festsetzung durch die Politik über alle Branchen und Regionen hinweg hält er aber wenig. „Einige Unternehmen könnten in finanzielle Schieflage geraten“, warnt er. Vor allem die kleinen Betriebe und mittelständische Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern hätten seiner Ansicht nach große Schwierigkeiten, kurzfristig ein bis zwei Euro mehr pro Mitarbeiter zu schultern.
Derzeit diskutieren die Parteien in Berlin noch darüber, ob man eine politische Vorgabe in Euro und Cent braucht. Mit welchem Szenario die Transport- und Logistikwirtschaft rechnet, wenn sich der SPD-Vorschlag durchsetzt, und welche Alternativen führende Interessenvertreter der Branche vorschlagen, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der VerkehrsRundschau. (ag)
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