Mehr Grip und ein neuer Stachel

Renault Trucks hat sein Baustellenprogramm noch breiter aufgefächert: Vom Baustellenverteiler "C" (Nachfolger des Premium Lander) gibt es eine härtere "K"-Version, die die Brücke zum rahmenverstärkten Hardcore-Bauarbeiter "K" (Nachfolger des Kerax) schlägt. Diesen "Mittler" zwischen beiden Baureihen bieten die Franzosen jetzt auch wieder mit dem hydraulischen Radnabenantrieb "Optitrack" an. Das Package ähnelt im Prinzip dem des Vorgängers und kann wie bei Daimler im Notfall die Verbindung zur Pumpe kappen, um das Fahrzeug im 4x2-Modus zur nächsten Werkstatt zu bringen. Auch Renault verrohrt das System neben den Hochdruck- mit Niederdruck- und Leckageleitungen. Die Hydraulikpumpe bezieht ihre Kraft einmal mehr aus dem rückwärtigen, motorseitigen Nebenabtrieb und liegt (leider wieder) in leicht erhöhter Position (160 Millimeter über der Längsträgeroberkante) über dem Getriebe, das die Pumpe von unten gegen Steinschlag schützen soll. Da der Abstand zur Rückwand 940 Millimeter beträgt, kann es bei Tiefladern und manchen Sattelkombinationen Probleme mit dem Durchschwenkradius geben - eine Krux, die auch der Vorgänger schon mit sich herumfuhr. Das Mehrgewicht gibt Renault, ähnlich wie Mercedes-Benz, mit 450 Kilogramm an, den Mehrverbrauch benennen die Franzosen mit "marginal". Und empfehlen nach Möglichkeit, diesen mit dem "Fuel Eco Pack"zu (über)-kompensieren. Auch beim Optitrack aktiviert man die Poclain-Radnabenantriebe über einen Taster und auch hier hört man wie beim Arocs durch ein vergleichsweise lautes hydraulisches Geräusch eindeutig, dass das System aktiviert ist. Und auch hier hilft einem der Zuschaltallrad zuverlässig aus der Patsche. Intelligenter Geländetempomat Immer wieder Freude bereitet auf extrem unebenen Wegstrecken der Taster für den "Geländetempomaten", der nicht geschwindigkeits- sondern drehzahlgeregelt programmiert ist. Damit zieht der C stoisch seine Bahn. Wird es zu steil oder benötigt man mehr Kraft, kann man das durch Herunterschalten oder einen Tastendruck auf die "+"-Taste ändern. Umgekehrt lässt sich die Drehzahl durch den "-"-Button oder Hochschalten auch reduzieren. Allerdings kann dann nur Gang für Gang geschaltet werden. Bei Bedarf dreht der 13-Liter-Motor dann bis 1900 Touren, beim Elf-Liter-Aggregat ermöglicht Renault Trucks sogar 2100 Umdrehungen. Und nach unten? Wenn man beispielsweise im sechsten Gang mit 850 Touren auf einem langen holprigen Zubringer unterwegs ist, fällt die Drehzahl maximal um weitere 60 bis 70 Touren. Das haben wir bei rund 900 Touren mit einer bösen Hochschaltung ausprobiert und siehe da: Der Franzose fällt dann erst mal auf abgrundtiefe 750 Touren, regelt sich dann aber wieder ein und zieht weiter stoisch seine Bahn - Chapeau! Apropos schalten: Da Renault die Fahrpedalstellung mit der Schalt- und Steuerelektronik gekoppelt hat, soll der "C" seine Schaltstrategie ein Stück weit auf den jeweiligen Fahrer abstimmen können, den er über die Fahrerkarte erkennen soll: Damit soll der Nutzer, der eher ruhig und gelassen unterwegs ist, auch einen souverän und schnell schaltenden "C" bekommen, während der Franzose bei hitzigeren Gemütern auch mal höhere Drehzahlen zulässt. So oder so überzeugt die automatisierte Optidriver-Schaltautomatik (entspricht hardwareseitig Volvos I-Shift) mit schnellen und schlauen Schaltungen. Die Software programmiert man in Lyon anders als in Göteborg: Der Neigungssensor verhindert ein Hochschalten im Gefälle und akzeptiert notfalls kurzfristig extrem hohe Drehzahlen im roten Bereich. Dann wird ab 1800 Touren ein Gang zugegeben und per Optibrake zugebremst. Bei den Rückwärtsgängen gibt Renault nur drei statt vier Fahrstufen frei. Auch die Adaption der Gänge nahm sich Renault Trucks vor: Da die Gangadaption abnimmt, lässt der "C" die Drehzahl etwas abfallen oder wartet, bis es zum leichten Durchdrehen der Räder kommt: Bei hohen Schlupfraten (offroad werden bis zu 70 Prozent Schlupf toleriert), ist die Kupplung nicht ganz geöffnet. Im Anschluss soll dann ein beherzter Tritt auf das Fahrpedal helfen, das Auto "freizuschießen", außerdem möchte Renault die Schaltzeiten auf diese Art noch mal um rund 30 Prozent verkürzt haben. Viele schlaue Helfer fürs Gelände Auch die ABS-Regelphasen passt Renault dann an und erlaubt kurze Blockierabschnitte, um vor dem Rad das Aufschieben eines kleinen "Bremshaufens" zu ermöglichen. Die Sperren versuchen die Franzosen ebenfalls über das Lesen und Verarbeiten der Raddrehzahl zu substituieren. Auch die Sperren "wirft" Renault über 27 km/h oder bei zu geringer Schlupfdifferenz automatisch raus. Einmal mehr beweisen die Franzosen damit, dass man in Lyon mehr vom Gelände versteht, als die meisten annehmen. Tatsächlich gibt der C 460 T 4x2 K Optitrack eine überzeugende Vorstellung ab, wenn man sich erst mal an die eine oder andere Bedienbesonderheit gewöhnt hat. Die Kabine punktet, sofern man sie vierpunkt-luftgefedert bestellt hat, mit ordentlichem Komfort auch auf sehr üblem Untergrund und bietet mit dem langen Night-and-Day-Cab genug Platz für eine Kühlbox samt Liege. Über dem Motortunnel bleiben dann noch kompakte 1,4 Meter Stehhöhe. Damit erreicht er fast das Niveau der alten Premium-Lander-Hochdachkabine, streckt sich dann aber auch auf gut 3,2 Meter Außenhöhe. In puncto Leergewicht rangiert er mit knapp 7,9 Tonnen nach wie vor eher im unauffälligen Durchschnitt der Marktbegleiter, eine extra leichte Version hat Renault vorerst nur für die Mischerfahrgestelle angedacht. Trotzdem empfiehlt sich der C 460 T 4x2 K mit Optitrack als interessante Alternative zu den bekannten Bau-Platzhirschen - gestartet wird nach den Werksferien mit den Sattelzugmaschinen, Drei- und Vierachser sollen nach Bedarf folgen. Sattelzugmaschinen? Renault wollte sich doch bei den Fahrgestellen verstärken. Stimmt, das auch - siehe Kasten unten! Scorpion und Skorpion: Renaults neue Sondermodelle Die Skorpione: Renaults Stich im Baustellensegment Sie heißen "Trucks to go" oder "Xpress": Die Rede ist von extrem schnell verfügbaren, vorkonfigurierten Fahrzeugen für das Bau- und Baunebengewerbe. Dort werden die Einsatzkräfte oft extrem kurzfristig benötigt und sollten entsprechend ausgestattet sein.Renaults Angebot zu diesem Thema heißt jetzt je nach Baureihe "Scorpion" im Falle des "C" und Skorpion im Falle des "K". Der Preisvorteil gegenüber identisch ausgestatteten Serienfahrzeugen ist laut Verkaufsleiter Tarcis Berberat "gewaltig" und beinhaltet drei Jahre Antriebsstranggarantie, einen Komfort-Fahrersitz mit zwei Armlehnen, Lendenwirbelstütze und Sitzheizung, dazu eine 2kW-Standheizung, Druckluftfanfaren und Rundumleuchten. Die Serienfarbe ist ein interessantes Metallicrot, prinzipiell kann man aber auch jede andere Farbe bestellen. Beim C und K 8x4 wird in der Regel ein hellgrau lackierter 13-Kubik-Meiller-D421-Dreiseitenkipper mit 6-Millimeter-Boden und Vier-Millimeter-Wänden aufgebaut samt Bordmatic links und fertigertauglichem klappbaren Unterfahrschutz. Beim 6x4-K kommt stattdessen ein gleich ausgestatteter 10,5-Kubik-Meiller-D316 mit Fünf-Millimeter-Boden zum Einsatz. Bei den 8x4 gibt es dazu das Paket "Protect Baustelleneinsatz", während für den 8x4-Scorpion ("C") und den 6x4-Skorpion ("K") noch ein Komfort-Paket unter anderem mit Klimaautomatik, luftgefedertem Fahrerhaus elektrischer Sonnenblende, Lederlenkrad und Radio CD/MP3-Funktion samt Bluetooth- und USB-Schnittstelle erhältlich ist. Bei den Lieferzeiten nennt Renault Zeiträume zwischen "sofort" und vergleichsweise langen acht Wochen, was auch mit den Werksferien in Lyon im Sommer zu tun hat. De facto werden Fahrzeuge vorbestellt und produziert, die sofort verfügbar sein sollen (dann gern in metallic-rot oder weiß). Nach deren Abverkauf werden sie bei entsprechendem Bedarf vorkonfiguriert nachbestellt. Nur wer ein Paket dazuwählen und /oder eine spezielle Farbe möchte, braucht je nach Werksferienlage bis zu acht Wochen Geduld. Wenn der Preis so passt wie die Ausstattung, könnte sich das Warten lohnen. gs