Ein Berglöwe als Tausendfüßler

Schade, dass die deutsche Gesetzgebung keine fünfachsigen Solofahrzeuge zulässt. Dieses Fazit muss man nach einem Vormittag mit dem MAN TGS 41.480 10x4 in einem Schweizer Kieswerk ziehen.Vor allem beim Anfahren und Verzögern merkt man, dass statt 32 knapp 40 Tonnen zu bewegen sind. Trotz der immer noch vergleichsweise langsamen Schaltzeiten verlässt sich die Tipmatic voll auf das Stehvermögen des Motors und springt schnell von der dritten über die fünfte in die siebte Fahrstufe, bevor sie sich in der Grube dann Gang für Gang weiter hochtastet.Dabei kommt man bereits in der Standardstellung vergleichsweise weit, bis der Boden etwas weicher wird. Hier helfen die verkürzten Schaltzeiten der Dx-Stellung merklich. An steileren Stichen und auf weichem Untergrund verliert der Fünfachser naturgemäß schneller Tempo als der Vierachser, zumal hier drei Lenk- zwei Antriebsachsen gegenüberstehen.Spannend wird es dann in einer engen Mulde der Grube mit teilweise weichem Schotteruntergrund mit zwei parallel liegenden Zufahrten. Der zuvor gefahrene Vierachser schafft hier gerade noch einen U-Turn, verliert dabei aber so viel Schwung, dass er an der Ausfahrtsrampe hängen bleibt. Also heißt es: Zurücksetzen, Schwung holen und raus aus der Senke.Der Fünfachser kommt um den Rangiervorgang ohnehin nicht herum. Die Ausfahrt in der normalen D-Stellung scheitert an der großzügigen Hochschaltung in die nächste Fahrstufe, die im weichen Kies nicht gehalten werden kann.Der zweite Versuch in Dx sorgt für unnötige Hektik ohne Ergebnis. Bleibt als dritte die klassische "manuelle" Variante: Schwungholen, selbst eine Stufe hochschalten, anschließend den Gang halten und der TGS klettert mit scharrenden Hufen aus der Mulde. Damit steht er dem Vierachser nicht nach, der sich mit der gleichen Taktik aus der Situation gerettet hat. Fazit: In der Grube bleibt das manuelle Schalten unabdingbar. Dort lässt sich der lange Lulatsch trotz ungünstigerer Hinterachslasten und etwas größerem Wendekreis also nicht so leicht abhängen.Geringe Unterschiede zum 8x4Dafür liegt er auf der befestigten Straße eine Idee satter, was durch die exakte erschütterungs- und servopulsfreie Lenkung unterstützt wird, die hier drei statt zwei Achsen ansteuert. Aber egal, ob er mit vier oder fünf Tatzenpaaren antritt - hier macht dem Baulöwen keiner etwas vor. Ansonsten spürt man nicht viel von der zusätzlichen Länge: An engen Kehren sollte man mehr Platz einplanen, ansonsten läuft der TGS wie alle seine Brüder. Mit ihnen teilt er auch das wertige Ambiente und die luftige Kabine, die genug Platz für die Utensilien des Alltags bietet.Kleine Einschränkungen müssen die Eidgenossen beim vorderen Böschungswinkel hinnehmen: Um andere Verkehrsteilnehmer nicht unter sich zu begraben, wurde dem Löwen ein massiver Unterfahrschutz unter den dreiteiligen Stoßfänger gehängt, der auch eine niedrige, massiv montierte erste Trittstufe beinhaltet, welche den Einstieg erleichtert. Leicht tut man sich dank massiver Reling und breitem Tritt auch mit dem Durchstieg zur Kippbrücke.Dann könnte man optional auch auf die integrierte Leiter der glattwandigen Moser Rockbox umsteigen. Letztere punktet mit glatten Wänden und eidgenössisch-penibel gezogenen Schweißnähten. Gelagert ist sie wie die meisten Kippbrücken auf Kugeln hinten und Gabeln vorn. Kotflügel und Tank sind komplett in Hahnentrittblech gekleidet, was ebenfalls sehr sauber und verschnittfrei ausgeführt wurde. Die Hydrauliksteuerung stammt von OMFB und sitzt in der schmalen Lücke zwischen Tür und Sitz. Dort bedient man auch die Bordmatic, die per Wippschalter und Druckknopf gesteuert wird.Davor ragt beifahrerseitig die Abgasbox samt Filter in den Himmel, während MAN die Chemiefabrik in dem Fall unter den Rahmen bekommen hat, ebenso wie den 300-Liter-Tank. Bleibt zum Schluss der größte Trumpf gegenüber dem 8x4: 23,6 Tonnen darf der TGS legal schultern und bietet damit gut 6000 Kilogramm mehr als der um eine Achse kürzere Bruder.

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