Frankfurt am Main. Die Deutsche Lufthansa hat die Bundesregierung und die EU-Kommission dazu aufgefordert, den Golf-Fluglinien keine weiteren Start- und Landerechte in Europa einzuräumen, sollten diese ihre staatlich subventionierte Verdrängungspolitik nicht umgehend beenden.
In ihrem jüngsten Politikbrief – ein regelmäßig erscheinender Newsletter zu politischen Themen - beruft sich die Gesellschaft bei ihrem Vorstoß unter anderem auf das zwischen der Bundesrepublik und den Vereinigten Arabischen Emiraten bestehende Luftverkehrsabkommen. Darin heißt es in Absatz 2 unter anderem: „Jedes Unternehmen (nimmt) auf die Unternehmen der anderen Vertragspartei Rücksicht, damit der von diesem Unternehmen auf den gleichen Linien oder Teilen derselben betriebene Fluglinienverkehr nicht ungebührlich beeinträchtigt wird“. Und weiter zitiert die Lufthansa Absatz 3 der Vereinbarung: „Der internationale Fluglinienverkehr dient vor allem dazu, ein Beförderungsangebot bereitzustellen, das der voraussehbaren Verkehrsnachfrage nach und von dem Hoheitsgebiet der Vertragsparteien entspricht“.
Speziell was den letztgenannten Punkt angeht, wirft die deutsche Fluglinie den Golf-Airlines eine dauerhafte und massive Verletzung des geltenden Luftverkehrsabkommens vor. „Die Golf-Carrier zielen auf Verdrängung, da ihre Quellmärkte mit ganz wenigen Einwohnern für ihre gigantischen Flugkapazitäten nicht ausreichen“, steht wörtlich in dem Politikbrief. Stattdessen nutzten sie die liberalen deutschen Luftverkehrsregeln, die neben jenen Frankreichs, Großbritanniens und Italiens zu den großzügigsten weltweit gehörten, ganz gezielt für einen Verdrängungswettbewerb aus. Als Ergebnis habe sich die Lufthansa inzwischen weitgehend aus Strecken von und nach Südostasien zurückziehen müssen, wird in dem Papier ausgeführt.
Zinslose Kredite und Finanzhilfen
Als Beleg und unter Verweis auf die Analyse der US-Gesellschaften Delta, United und American werden in dem Politikbrief Zahlen präsentiert. Danach erhielt die in Abu Dhabi ansässige Etihad Airways seit 2004 bis heute staatliche Finanzhilfen in Höhe von 6,3 Milliarden US-Dollar. Hinzu kommen neben vielerlei infrastrukturellen Vergünstigungen am Flughafen von Abu Dhabi etwa Kredite von 4,6 Milliarden USD, die der Gesellschaft zinslos gewährt wurden.
Bei Qatar Airways belaufen sich amerikanischen Untersuchungen zufolge die staatlichen Direkthilfen auf bislang 17 Milliarden US-Dollar sowie zinslose Darlehen von insgesamt 8,4 Milliarden US-Dollar. Bei Emirates nennen die US-Linien mindestens 7 Milliarden US-Dollar an direkten oder indirekten Subventionen. Dies setze die Fluglinie in die Lage, selbst verlustreiche Routen längerfristig zu bedienen, wie etwa Dubai-Dallas. Auf dieser Route setzt die Gesellschaft einen Doppelstock-Airbus A380 ein, der laut Untersuchung im Schnitt allerdings nur zu 38 Prozent mit Passagieren ausgelastet sei. Durch diese Praxis würden einheimische Gesellschaften vom interkontinentalen Markt verdrängt oder in ihrer Netzwerkpolitik stark behindert, folgern die drei US-Fluglinien. Als Konsequenz wird dort eine Neuverhandlung des geltenden Open-Skies-Abkommens mit den arabischen Linien verlangt.
Araber kritisieren ihrerseits US-Airlines
In Reaktion auf die Vorwürfe wettbewerbswidrigen Verhaltens hatten namhafte Vertreter der Golf-Linien wiederholt darauf hingewiesen, dass sie außer einer legalen Anschubfinanzierung keine direkte staatliche Bezuschussung erhielten. Sie nannten diesbezüglich speziell die Klagen der US-Linien scheinheilig, da die großen amerikanischen Gesellschaften allesamt für sich die so genannte Chapter III-Regel in Anspruch genommen hätten. Sie gewährt US-Gesellschaften temporären Schutz vor dem Zugriff von Gläubigern und ermöglicht den Firmen eine Restrukturierung bei hohem Schuldenerlass. Nach Ansicht von Emirates, Qatar Airways und Etihad sind dies ebenfalls wettbewerbsverzerrende Praktiken. (hs)