Luftfracht

Luftfracht Wird alles teurer? Wie werden sich in diesem Jahr die Luftfracht-Raten entwickeln? Auf welchen Destinationen stehen möglicherweise Erhöhungen an? Von diesen Entwicklungen gehen Verlader und Luftfracht-Kenner aus. Bei einem Pressegespräch im Januar gab sich Produkt- und Vertriebschef Andreas Otto von Lufthansa Cargo kämpferisch. In diesem Jahr wolle das Unternehmen, kündigte der Top-Manager an, die beförderte Tonnage um fünf Prozent steigern. Branchenveteranen beurteilen die optimistischen Prognosen aus Frankfurt/Main allerdings skeptisch. „Der Markt ist nicht so berauschend“, sagt Dieter Haltmayer, Geschäftsführer von QCS Quick Cargo Service, Mörfelden-Walldorf. Immerhin sei das Luftfracht-Aufkommen von Lufthansa Cargo im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2012 sogar leicht zurück gegangen. Was auch daran liege, dass vor allem Airlines aus den Golfstaaten wie Emirates dem Kranich-Konzern auf Strecken nach Indien und Asien derzeit massiv Konkurrenz machen, so Haltmayer. Vor diesem Hintergrund wird der Preisanstieg in den kommenden Monaten wohl moderat ausfallen – zumindest in Europa. Haltmayer wörtlich: „Ich erwarte bei den Raten keine großen Steigerungen – auch wenn die Airlines das gerne hätten“, erklärt der Geschäftsführer. Die Luftfahrtunternehmen selbst machen zu ihren künftigen Preisen allerdings keine Prognosen. Außerhalb Europas wird es hingegen teurer werden, Sendungen per Luftfracht zu verschicken. „Auf der Langstrecke werden die Preise steigen, auf der Kurzstrecke bleibt alles beim Alten“, schätzt zum Beispiel Detlef Symanski, Unternehmensberater aus Essen und Kenner des Luftfracht-Marktes. Der Grund: Während Güter auf der Kurzstrecke immer häufiger per LKW transportiert werden (auch viele als Luftfracht deklarierte Sendungen), steigt die Nachfrage bei Übersee-Destinationen weiter an. Dadurch verknappt sich der Laderaum auf einigen Strecken, was wiederum die Preise treibt. „Ich rechne damit, dass die USA-Raten am schnellsten anziehen“, so Symanski. Ausgenommen von dieser Entwicklung seien allerdings noch die Routen in den Nahen Osten, da hier schneller zusätzliche Landekapazitäten geschaffen werden könnten. Auch die Verlader stellen sich darauf ein, dass die Transportkosten in diesem Jahr erneut anziehen. „Der Anstieg wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen, da der Welthandel sich bis 2020 verdoppeln soll“, sagt Anke Schmidt, Leiterin Vertrieb Innendienst bei Peiker. Der Mittelständler aus dem hessischen Friedrichsdorf beliefert die Automobilindustrie mit Mikrofonen für Freisprecheinrichtungen und Mobilfunk-Modulen. Schmidt, die bei Peiker für die Logistik zuständig ist, erwartet, dass sich vor allem Transporte nach China sowie innerhalb der asiatischen Freihandelszone Asean verteuern werden. „Die vorhandenen Kapazitäten reichen nicht.“ Mit sinkenden Preisen dagegen rechnet sie bei keinen Destinationen. Passage deckt häufig nicht die Kosten Warum Luftfracht teurer wird, ist auf den ersten Blick kaum nachzuvollziehen, schließlich hat sich der Kerosinpreis im letzten Jahr kaum verändert. Um die Gründe zu verstehen, hilft ein Blick auf die Hintergründe des Airline-Geschäfts: Ein Großteil der Luftfracht wird nach wie vor mit Passagiermaschinen befördert, und zwar im Unterflurladeraum. Hier gibt es auf einigen Linien noch reichlich Kapazitäten: Zwischen Europa und New York etwa verkehren fast stündlich Maschinen, und bei nahezu allen gibt es noch ungenutzten Platz im sogenannten Belly. Dieses Problem existiert auf vielen Strecken, nur 45 Prozent der weltweiten Frachtkapazitäten sind auslastet, hat der Branchenverband Iata erhoben. „Man hofft, dass die Passage die Kosten deckt, doch das ist häufig nicht der Fall“, sagt Dirk Steiger von Triple A, Hong Kong, einer auf die Luftfahrtbranche spezialisierten Unternehmensberatung. Um trotzdem noch Geld zu verdienen, greifen einige Fluggesellschaften zu einem Trick: Sie verlangen mehr Gebühren, vor allem am sogenannten Treibstoffzuschlag (Fuel Surcharge) wird gerne gedreht. Er wurde Anfang der Nullerjahre eingeführt, um die gestiegenen Kraftstoffkosten an die Kunden weiterzugeben – vergleichbar mit den Maut- oder Dieselzuschlägen im Landverkehr. Anfangs waren es bei Lufthansa Cargo 15 Cent pro Kilogramm Fracht, aktuell liegt der Wert schon weit über 1 Euro. Vielerorts übersteigt das Aufgeld sogar die eigentliche Frachtrate. „Der Zuschlag ist längst von der Kerosinpreisentwicklung abgekoppelt“, sagt Branchenkenner Steiger. Andere Experten bestätigen diese Einschätzung: Sie haben ausgerechnet, dass einige Airlines, die als Großabnehmer von den Mineralölfirmen Mengenrabatte bekommen, den Kunden häufig trotzdem ganz reguläre Kerosinpreise in Rechnung stellen. Der Aufschlag ist längst zu einem normalen Instrument geworden, um zusätzliches Geld einzunehmen. Und das werden die Airlines wohl auch 2014 weiter nutzen. Allerdings fallen genaue Vorhersagen in der Branche immer schwer, denn die Luftfracht reagiert hektisch auf jede Störung der Weltwirtschaft und Geopolitik. Kommt es zu einer Krise, fallen die Preissprünge drastisch aus. Und Gefahrenherde gibt es reichlich – Russland zum Beispiel. Moskau ist bekannt dafür, mit den Überflugrechten für ausländische Airlines geradezu zu pokern. So saß Lufthansa Anfang 2012 zum Beispiel wochenlang auf heißen Kohlen, weil Moskau einfach ein Drittel der geplanten Überflüge nicht genehmigen wollte. Angenommen, Russland startet eine Militäraktion auf der Krim und wird als Gegenreaktion vom Westen aus der G8-Gemeinschaft ausgeschlossen, könnten die Überflugrechte wieder zum politischen Faustpfand werden. Die Folge: Maschinen auf dem Weg nach China müssten einen großen Umweg um das Gebiet der russischen Föderation fliegen, die Frachtpreise würden dramatisch ansteigen. Und das ist nur ein Risikoherd von vielen. Der Regionalkonflikt zwischen China und Japan etwa schwelt ebenfalls weiter, genau wie der zwischen Taiwan und der Volksrepublik. Für die Spediteure, die Luftfracht anbieten, wären solche Schocks existenzbedrohend, schließlich stellt sich das Geschäft schon so sehr schwierig da. Da sich die Kerosin- und Sicherheitszuschläge nahezu täglich ändern, können sie ihren Kunden oft nur grob sagen, wie viel ein Transport in der Summa kosten wird. Dann heißt es zum Beispiel: ein Kilogramm nach Schanghai kostet 40 Cent plus X. Einige Großkonzerne ärgert das. Sie steuern dagegen, indem sie den Kerosinaufschlag einfach nach einer eigenen Methode selbst kalkulieren – und dann nur noch dieses Aufgeld zahlen. Verlangt die beauftragte Airline mehr, muss sich der Spediteur eine andere suchen, oder die Differenz aus eigener Tasche zahlen. Allerdings ist diese Praxis bisher noch nicht allzu verbreitet. Für die Spediteure wichtiger ist ein anderer Trend. „Immer häufiger wird dazu übergegangen, dass der Empfänger die Frachtraten zahlt“, beobachtet QCS-Chef Haltmayer, „deshalb müssen wir mehr Import verkaufen“. Konkret bedeutet das: Auch für mittelständische Speditionen, die Luftfracht anbieten, wird es wichtiger, Akquisiteure im Ausland zu haben. QCS beispielsweise beschäftigt sechs Mitarbeiter rund um die Welt, um Leistungen zu vermarkten. Insgesamt aber – das ist die gute Nachricht – bleibt die Luftfracht als Geschäftsfeld für Spediteure interessant, schließlich wächst der Verkehr laut einer Studie von Airbus in den nächsten zwei Dekaden um 4,8 Prozent pro Jahr. Allerdings verschiebt sich das Frachtgeschäft nach Osten: Während heute noch der inneramerikanische Luftverkehr die größte Rolle spielt, werden die wichtigsten Routen im Jahr 2032 folgende sein: China–USA, Europa–China und China–Europa. Und dies dürfte wiederum deutschen Cargo-Spezialisten in die Hände spielen. ❙❚■ Constantin Gillies, freier Journalist Interview „Die Zuschläge werden wohl steigen“ Wie sich Sendungsmengen und -raten entwickeln werden, sagt Thomas Reuter, Geschäftsführer Air & Sea Logistics bei Dachser. Wie wird sich Ihrer Einschätzung zufolge das Luftfrachtvolumen in diesem Jahr entwickeln? Thomas Reuter: Wir erwarten keine signifikante Veränderung zum Vorjahr, nur eine marginale Steigerung von ein bis zwei Prozent. Welche Destinationen gewinnen, welche verlieren tendenziell an Bedeutung? Für die asiatischen Trades ist aller Voraussicht nach mit weiterem geringfügigen Wachstum zu rechnen. Die Entwicklungen in Nord- und Südamerika gilt es sehr genau zu beobachten, hier gehen wir momentan von ei-ner Stagnation aus. Bei einigen europäischen Ländern ist damit zu rechnen, dass sich der negative Trend des Vorjahres fortsetzt bzw. eine Erholung nur langsam voranschreitet. Für Indien und Afrika ist mit keiner signifikanten Veränderung zum Vorjahr zu rechnen. Wie werden sich die Raten Ihrer Meinung nach entwickeln? Einige Airlines haben bereits ihr Bestreben zu Ratenerhöhungen zum Ausdruck gebracht, obwohl steigende Kapazitäten normalerweise dazu führen, dass Luftfrachtkosten und somit die Raten sinken oder zumindest nicht steigen. De facto ist aber damit zu rechnen, dass Zuschläge wie Fuel aufgrund des Ölpreises im Laufe dieses Jahres steigen. 2013 haben wir feststellen müssen, dass es generell schwieriger wird, die durch Zuschläge gestiegenen Luftfrachtkosten eins zu eins an Kunden weiterzugeben. Wie entwickelt sich die Nachfrage der Kunden auf lange Sicht? Kunden suchen heute weitaus öfter nach alternativen Lösungen zu Luftfrachttransporten (Modal Shift von Air to Sea). Ein klares Indiz hierfür ist die positive Entwicklung im Seefrachtbereich. All diese Faktoren führen derzeit zu der Annahme, dass die Kundennachfrage auf lange Sicht nur marginal zunehmen wird. cg Nur 45 Prozent der weltweiten Frachtkapazitäten sind laut IATA-Berechnungen ausgelastet „Ich rechne damit, dass in der Luftfracht die USA-Raten am schnellsten anziehen“ Detlef Symanski, Inhaber Consulting Management Symanski „Immer häufiger wird dazu übergegangen, dass der Empfänger die Luftfrachtraten zahlt“ Dieter Haltmayer, Geschäftsführer von QCS Quick Cargo Service

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