Berlin. Am Dienstag, 3. März 2020, hat der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) zu einem Logistik-Talk mit dem Thema „After Brexit – Herausforderungen des zukünftigen Handels zwischen EU und UK“ eingeladen. Das Ergebnis: Die Verhandlungen gestalten sich schwierig, viel Zeit bleibe nicht mehr und selbst der „No-Deal-Brexit“ steht noch im Raum. Die Beteiligten diskutierten etwa, welche Auswirkungen der Brexit auf den Handel und logistische Warenströme haben wird. Teilgenommen haben unter anderem Frank Huster (DSLV-Hauptgeschäftsführer), Nick Alexander (Stellvertretender Botschaftsrat für die EU in der Britischen Botschaft), Thomas Hacker (Mitglied des Bundestags) und Sven Mossler (Leiter der Arbeitseinheit Koordinierung Brexit im Auswärtigen Amt).
Die Zeit wird knapp
Übereinstimmende Zweifel bestanden demnach laut Verband an der Realisierung der mehr als ambitionierten Zeitplänen für die Erarbeitung eines Freihandelsabkommen, das in der Regel sieben bis elf Jahre benötigt. Im vorliegenden Fall blieben für ein Rahmenwerk hingegen nur sechs Monate. Eine Blaupause für die Sondersituation gebe es nicht. Dies, so Mossler, würde die negativen Folgen der fehlenden, aber für die Logistik und die gesamte Wirtschaft dringend erforderliche Planungssicherheit verschärfen. Huster betonte, dass Speditionen Drittlandverkehre, wie sie auch für die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und UK anzunehmen sind, professionell abwickeln können. Die kurze Übergangzeit mache es aber schwierig, hierfür Ressourcen aufzubauen und die erforderlichen Prozesse zu installieren.
Hacker und Mossler betonten, dass Bundestag und Bundesregierung darin übereinstimmen zwar ein Handelsabkommen anzustreben, dies aber nicht um jeden Preis. Der EU werde ihren Binnenmarkt nur öffnen, wenn London auch künftig bei Umwelt- und Arbeitsstandards und im Beihilfenrecht nicht hinter EU-Standards zurückgehe. Erleichterte Bedingungen (Null-Zölle und Null-Quoten) erfordern unbedingt faire Bedingungen (Null-Dumping). Einen möglichst fairen Wettbewerb unter Freunden strebt auch das Vereinigte Königreich an, so Alexander. Er verwies auf teilweise sogar oberhalb des EU-Niveaus liegende UK-Standards und bemühte sich Befürchtungen zu zerstreuen, dass der Brexit das EU-Level aufweiche. Hacker bezweifelte diese Sichtweise, bedeuteten höhere Standards doch in der Regel auch höhere Produktionskosten. Nach Alexander habe sich die Regierung, die heute mit einer sehr stabilen Mehrheit im britischen Parlament ausgestattet ist, damit abgefunden, dass es für den grenzüberschreitenden Warenverkehr zu Zollkontrollen mit möglichen Friktionen kommen werde. Die Zollunion sei für das Vereinige Königreich Geschichte.
„No-Deal-Brexit“ nicht vom Tisch
Der „No-Deal-Brexit“ sei immer noch nicht auszuschließen, so die Diskutanten. Schließlich handle es sich um die schwierigsten und kompliziertesten Verhandlungen in der Geschichte der EU. Das Vereinigte Königreich einerseits und Deutschland und die EU auf der anderen Seite würden nicht jeden Kompromiss mittragen können. Mit dem Austrittsvertrag und der Back-Stop-Lösung habe man allerdings auch eine adäquate Folgelösung gefunden, die das Schlimmste verhindern könne. (ja)