Berlin/Heilbronn. Die Abwicklungskosten im deutschen Stückgutmarkt werden durch Ausweitung des mautpflichtigen Straßennetzes zum 1. Juli 2018 und nach der Einführung neuer Mautsätze zum 1. Januar 2019 spürbar steigen. Dies zeigt eine Studie, die der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) bei dem Beratungsunternehmen Forlogic in Auftrag gegeben hat. Die Ergebnisse liegen der VerkehrsRundschau vor.
Für die Studie wurden 1800 Tourenprofile bei 55 Depots von zehn Stückgutkooperationen und -netzen untersucht. Aufgrund des Produktionsprozesses im Sammelgutverkehr müssen die Abwicklungskosten einer Sendung nach Flächenkosten (Sammel- und Verteilverkehre) und Hauptlaufkosten unterschieden werden. Auf Basis der eingesetzten Nahverkehrsflotte beträgt der durchschnittliche Mautsatz in der Fläche gegenwärtig 11,96 Cent. Für die Hauptlaufverkehre wurde ein Durchschnittsmautsatz von 14,08 Cent pro mautpflichtigem Kilometer ermittelt. Da sich die Lkw-Mautsätze ab 1. Juli 2018 nicht verändern, bleiben diese für die Hauptlaufverkehre bis zum 31. Dezember 2018 konstant auf dem Niveau des Jahres 2015
Maut-Ausweitung verteuert Flächenverkehre ab 1. Juli 2018
Der Transport von Sendungen über kurze Strecken wird der Studie zufolge prozentual stärker von den Mautänderungen zum 1. Juli 2018 betroffen sein, als Sendungen über weite Distanzen. Je länger der Transportweg, desto höher der Streckenanteil des Hauptlaufs, dessen Mautkosten bis Ende 2018 nicht ansteigen. Im Schnitt verteuere die regionale Mautausweitung die Abwicklungskosten einer durchschnittlichen Sendung im Sammelgutverkehr also im Vergleich zur letzten Mautänderung im Jahr 2015 um bis zu 1,3 Prozent.
Den vorliegenden Zahlen zufolge beträgt die durchschnittliche Mautbelastung einer Nahverkehrstour derzeit 11,27 Euro. Ab 1. Juli 2018 steigt diese Belastung auf 17,28 Euro (+ 53,3 Prozent). Dabei werde berücksichtigt, heißt es, dass fünf Prozent aller Sendungen im Nahverkehr mit mautfreien Fahrzeugen bis 7,49 Tonnen befördert werden. Daraus sei aber kein Trend erkennbar. Im Gegenteil, im Nahverkehr werde eine Zunahme der Fahrzeuge über 12 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht verzeichnet.
Für die durchschnittliche Sendung im Sammelgutverkehr im Gewichtsbereich zwischen 300 Kilogramm und 400 Kilogramm und einer Entfernung von 300 Kilometer bis 400 Kilometer errechnet sich damit ab 1. Juli 2018 ein Anstieg der Mautkosten gegenüber 2015 um 25,4 Prozent. Bei einem Anteil der Mautkosten in Höhe von 3,2 Prozent an den Gesamtkosten einer Sammelgutsendung wird sich damit diese Sendung um 0,8 Prozent verteuern. Gegenüber dem Vormonat Juni 2018 betrüge der Kostenanstieg 0,6 Prozent, weil das Mautkostenniveau im Juni 2018 aufgrund der beschriebenen neuen Flottenstruktur höher ist als im Jahr 2015.
Der DSLV und Studie betonen, dass dies eine reine Durchschnittsbetrachtung sei. So würde, bedingt unter anderem durch den steigenden Anteil des B2C-Geschäfts, deutlich mehr Sendungen unterhalb des Durchschnittsgewichtes darunter liegen als darüber. Für viele Sendungen werde die Erhöhung daher auch „überdurchschnittlich“ ausfallen, heißt es. Auch ein höherer mautpflichtiger Streckenanteil in der Fläche würde sich in der Teuerung niederschlagen. Läge dieser bei 95 Prozent mautpflichtiger Strecke, würden sich die Mautkosten einer Durchschnittssendung um 40,4 Prozent verteuern, was die Gesamtkosten dieser Sendung um bis zu 1,3 Prozent erhöhen würde
Zusätzlicher Kostenanstieg durch neue Mautsätze zum 1. Januar 2019
Noch deutlicher wird laut DSLV der Kostenschub für den Stückgutmarkt ab 1. Januar 2019 mit der Einführung neuer Mautsätze auf Basis des aktuellen Wegekostengutachtens ausfallen. Diese sollen mittels des 5. Bundesfernstraßenmautgesetzes umgesetzt werden, dem das Bundeskabinett am 15. Mai 2018 seine Zustimmung erteilt hat. Die neuen Sätze berücksichtigen neben einem Kostenanteil für die Infrastruktur, der sich am Gesamtgewicht sowie ab 18 Tonnen an der Zahl der Achsen orientiert, auch die externen Kosten in Abhängigkeit von der Schadstoffklasse der Nutzfahrzeuge sowie einen Lärmkostenanteil.
Die veränderten Mautsätze wirken sich ab Anfang 2019 zusätzlich auf die Kosten der Hauptläufe aus, die gegenüber der Situation im Jahr 2016 um 41 Prozent steigen werden. Auch bei den Flächenverkehren kommen die höheren Mautsätze mit einer Kostenzunahme von 127 Prozent zum Tragen. Die gesamte Mautkostenbelastung einer Sammelgutsendung wächst ab 1. Januar 2019 um durchschnittlich 65,1 Prozent, was die Gesamtkosten einer Durchschnittssendung in der Stückgutlogistik um 2,1 Prozent verteuern wird.
Die Mautkostenanalyse von Forlogic kommt unter Zugrundelegung der im Entwurf des Bundesfernstraßenmautgesetzes vorgesehen Mautsätze darüber hinaus zu folgenden Durchschnittswerten. So wird der durchschnittliche Mautsatz in der Fläche bei 14,2 Cent pro Kilometer liegen und im Hauptlauf bei 19,86 Cent. Mit einem mautpflichtigen Streckenanteil im Nahverkehr von 74,22 Prozent liegen die Mautkosten einer Nahverkehrstour bei durchschnittlich 20,52 Euro.
Allerdings hänge die genaue Höhe der Mautkosten auch ab 1. Januar 2019 vom Standort eines Unternehmens und der umgehenden Infrastruktur ab, betont der Verband. So unterliegen im Vor- und Nachlauf einer Sammelgutsendung im durchschnittlichen Gewichts- und Entfernungsbereich etwa 50 Prozent der Strecken der Mautpflicht. Die Mautkosten auf der Gesamtstrecke würden demnach gegenüber dem Jahr 2015 um über 44 Prozent steigen, was die Gesamtkosten einer Stückgutsendung um 1,4 Prozent verteuere. Seien dagegen 95 Prozent der Strecken in Flächenverkehren mautpflichtig, steigen die Mautkosten laut DSLV um über 82 Prozent und die gesamten Abwicklungskosten einer Stückgutsendung damit um 2,6 Prozent. Der durchschnittliche Kostenanstieg wird 2,1 Prozent steigen.
DSLV bietet Mautberechnungs-Tool
Für den Stückgutmarkt können allerdings, betont der DSLV, keine pauschalen Aussagen getroffen werden, weil die Kosteneffekte von unternehmens-, sendungs- und regionalspezifischen Rahmenbedingungen abhängen. Deshalb hat der Bundesverband ein Mautberechnungs-Tool entwickelt, das die Mitgliedsunternehmen des DSLV bei der individuellen Ermittlung von Mautkostenbelastungen unterstützen soll. Zudem ermögliche dieses Tool den Stückgutspeditionen eine exakte Weiterbelastung der Mautgebühren an ihre Auftraggeber. Denn letztlich stelle die Maut eine staatliche Abgabe dar, betont der Branchenverband, die von Seiten der Transport- und Speditionsunternehmen erhoben und über die Betreibergesellschaft an den Fiskus abgeführt wird. (eh)