Berlin. Für Ausbau und Erhalt des deutschen Fernstraßennetzes soll künftig zentral der Bund zuständig sein. Die Länder gaben ihren bisherigen Widerstand auf und akzeptierten die Einrichtung einer „Infrastrukturgesellschaft Verkehr“. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) machte am Freitag in Berlin deutlich, dass dies Teil des gesamten Kompromisses zu den künftigen Finanzbeziehungen mit dem Bund sei. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering
(SPD) betonte, es werde keine Privatisierung geben. Die Beschäftigten müssten sich auch keine Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt begrüßte die grundsätzliche Einigung. Die Bündelung der Kompetenzen von Finanzieren, Planen und Bauen in einer Hand sei „ein bedeutender Schritt“, sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Die Details müssten noch erarbeitet werden. Wichtig sei, dass Investitionen angesichts höherer Mittel langfristig in Projekte umgesetzt werden könnten.
Bisher: Bund gibt das Geld, Länder planen
Eine künftige Bundesfernstraßengesellschaft soll die bisher geteilten Zuständigkeiten vereinen und Reibungsverluste beseitigen. Derzeit gibt der Bund das Geld, während die Länder fürs Planen, Bauen und den Erhalt zuständig sind. Der Fokus soll auf den 13 000 Kilometern Autobahn liegen. Für die insgesamt 39.000 Kilometer Bundesstraße soll es auch Ausnahmemöglichkeiten („opt out“) geben. Geplant ist eine „unter staatlicher Regelung stehende privatrechtlich organisierte Infrastrukturgesellschaft“. Das „unveräußerliche Eigentum des Bundes an Autobahnen und Straßen“ soll im Grundgesetz festgelegt werden. Die Ausgestaltung und der Zeitplan sollen noch geklärt werden.
SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte: „Es geht um bessere Steuerung bei den Investitionen des Bundes in die Infrastruktur und nicht um das Verscherbeln der Bundesstraßen an private Investoren.“ Die neue Gesellschaft werde es nur zusammen mit der Privatisierungsbremse im Grundgesetz geben. Der Autofahrerclub ADAC begrüßte, dass der Bund angesichts vieler maroder Straßen und Brücken die Kompetenzen für einen Fernstraßenbau aus einem Guss bekomme.
Von der Opposition im Bundestag kam Kritik. Linke-Verkehrsexperte Herbert Behrens warnte vor einem „Ausverkauf der öffentlichen Infrastruktur zulasten des Steuerzahlers und der Belegschaften in den Straßenbauverwaltungen“. Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler sagte, gegründet werden solle ein riesiger intransparenter Schattenhaushalt, der vom Parlament nur schwer zu kontrollieren wäre. (dpa)