Berlin. Bahn-Aufsichtsratsmitglied Levin Holle, derzeit Abteilungsleiter im Finanzministerium, soll neuer Finanzvorstand beim bundeseigenen Konzern werden. Gespräche über die Personalie führe Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auf Hochtouren, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montagabend aus Bahnkreisen. Scheuer wolle nach dem Abgang des bisherigen Finanzvorstands Alexander Doll keine „langwierige Leerstelle“ im Vorstand der Deutschen Bahn. Holle sei bestens geeignet für den Posten, hieß es in den Kreisen.
Bahn-Aufsichtsratschef Michael Odenwald und der Aufsichtsrat sollen den Vorschlag machen, wie es hieß. Das Kontrollgremium tagt regulär wieder am 11. Dezember 2019. Erst kürzlich hatte das Kontrollgremium den Auflösungsvertrag mit dem bisherigen Bahn-Finanzchef gebilligt, auf den sich Doll zuvor eingelassen hatte. Vorausgegangen waren wochenlange Querelen wegen des erfolglosen Versuchs, die Konzerntochter Arriva zu verkaufen.
Holle ist derzeit Leiter der Abteilung Finanzmarktpolitik bei Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Zu seinen Aufgaben gehören etwa das Schuldenmanagement des Bundes sowie die Finanzmarktregulierung. Vor seiner Tätigkeit im Bundesfinanzministerium hatte Holle für die Unternehmensberatung Boston Consulting Group gearbeitet.
Auf eine Ablösung Dolls hatte auch Scheuer gedrungen. Intern wurde Doll vorgeworfen, beim erhofften Milliardendeal nicht alle Karten auf den Tisch gelegt zu haben, etwa was Pensionslasten bei der Tochterfirma betrifft. Das bezweifeln aber die Arbeitnehmervertreter. Sie hatten sich bei der Abstimmung im Aufsichtsrat der Stimme enthalten, wie es in Aufsichtsratskreisen hieß. Stattdessen forderten sie weitere Aufklärung. „Einige hätten es schon früher wissen müssen“, hieß es mit Blick auf Bahnchef Richard Lutz.
Bahn hat mit einigen Problemen zu kämpfen
Der Vorstandsvorsitzende der Bahn hatte von 2010 bis Dezember 2018 das Finanzressort verantwortet – Doll war erst vor eineinhalb Jahren zur Bahn gekommen, zunächst als Vorstand für Güterverkehr und Logistik, seit Januar auch für Finanzen. Vor drei Jahren war es Lutz, der schon einmal versucht hatte, Arriva zu verkaufen.
Die Tochter betreibt mit 53.000 Beschäftigten Busse und Bahnen in 14 europäischen Ländern. Ihr Verkauf sollte bis zu vier Milliarden Euro bringen – die Angebote lagen nach Bahnangaben aber deutlich darunter.
Die Deutsche Bahn ist hoch verschuldet und hat daneben weitere große Probleme. Jeder vierte Fernzug kommt zu spät, viele Gleise und Brücken sind marode. Der Vorstand hat Gegenmaßnahmen eingeleitet. Der Bund will die klimafreundlichere Bahn in den kommenden Jahren mit zusätzlichen Mitteln in Milliardenhöhe stärken, damit mehr Menschen vom Auto oder dem Flieger auf die Schiene umsteigen. (dpa/ja)