Kommission will Kabotage für alle

Die EU-Kommission setzt ihren Liberalisierungskurs auch im Straßengütertransport fort. Deutlicher als erwartet formuliert sie in ihrem "Bericht zur Lage des EU-Straßengüterverkehrs-Marktes" die Empfehlung, die Kabotage-Beschränkungen so bald wie möglich abzuschaffen. Sie seien ein Hindernis für die Verwirklichung des Binnenmarktes und würden entgegen den EU-Zielen einen Großteil der Transportunternehmen von zwei Dritteln des gesamten Straßengütermarktes - nämlich den rein nationalen Märkten - ausschließen. Die Abschaffung sei eine Notwendigkeit, um den Sektor für die Zukunft zu rüsten. Übergang als unumgänglich angesehen Der Übergang solle sanft, also mit wohl überlegten Maßnahmen erfolgen, sei aber unumgänglich. Neben dem Recht auf freien Marktzugang führt der Bericht vor allem die Verringerung der Leerfahrten als Argument an. Gut 25 Prozent der LKW-Fahrten würden leer ablaufen, im internationalen Transport erreiche die Zahl sogar 50 Prozent. Fahrten mit nur zum Teil gefüllten Laderäumen seien dabei gar nicht mal erfasst. Hier würden Ressourcen verschenkt. Leerfahrten kosteten unnötig Kraftstoff, belasteten unnötig die Umwelt, verbrauchten Arbeitszeit der Fahrer, ohne dass daraus wirtschaftlicher Nutzen entstehe, so der Bericht. In Zeiten eines drohenden Fahrermangels könne sich die Branche gerade Letzteres nicht leisten. Den Befürchtungen vor einer vollständigen Kabotagefreiheit zieht der Bericht den Zahn. Alles, was von den Gegnern aufgrund der Erfahrungen mit der seit 2009 geltenden Teilliberalisierung der Kabotage ins Feld geführt werde, sei nicht haltbar oder nicht ausreichend belegbar. Verlust von Arbeitsplätzen in der Branche? Könne man EU-weit nicht feststellen. Gefahr von Dumpingpreisen aufgrund niedrigerer Kosten bei osteuropäischen Unternehmen? Das Preis- und Lohngefüge in diesen Ländern sei dabei, sich dem Niveau der "alten" EU-Mitgliedstaaten anzupassen. Unfairer Wettbewerb durch Nicht-Beachtung der Kabotage-Regeln? Lasse sich statistisch nicht nachweisen. Aber - das gibt der Bericht zu - hier sei es tatsächlich schwierig, belastbare Zahlen zu erhalten. Unterschiedliche Auslegung Das liege aber auch daran, dass die zurzeit geltenden Regeln von maximal drei Kabotagefahrten in einer Woche von den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgelegt und kontrolliert würden. Auch deshalb sei es nötig, mit neuen, einfacheren Regeln für klare Verhältnisse zu sorgen. Die EU-Initiative zum Abbau unnötiger EU-Bürokratie habe 2012 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kabotageregeln überarbeitet werden müssten. Der bei Redaktionsschluss noch nicht veröffentlichte Bericht hätte eigentlich schon letztes Jahr als Bilanz der neuen Kabotageregeln von 2009 erscheinen sollen. Lange sah es so aus, als ob EU-Verkehrskommissar Kallas darin genau das fordern wollte, was der Bericht jetzt tut. Doch Kallas ruderte zurück. Zu groß schien der Widerstand vor allem aus Frankreich, aber auch anderen "alten" EU-Ländern sowie Gewerkschaftsverbänden. Mit dem jetzt erstellten Bericht scheint es nur noch eine Frage der Zeit, wann die EU-Kommission ihre "Empfehlungen" in konkreten Gesetzesvorschläge formulieren wird.

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