Kleiner, höher, schneller

Automatisierung und Roboter halten zunehmend Einzug in Lagerneubauten großer Unternehmen. Ein Grund ist der bis 2031 prognostizierte Fachkräftemangel, der die Löhne steigen lässt. Gleichzeitig muss die Bestellabwicklung im E-Commerce immer schneller funktionieren. Und: "Durch den Onlinehandel werden die Losgrößen immer kleiner, auch im B2B-Bereich. Schon deshalb kommen vermehrt intelligente Shuttles und Schmalgangsysteme in Lagern zum Einsatz", berichtet Frank Weber, Leiter der Industrial Agency Germany bei Jones Lang LaSalle (JLL). Laut einem aktuellen Report des Immobilienentwicklers zum Mensch-Maschine-Zeitalter wirken sich diese Trends auch auf die Planung und Auslegung neuer Lagerhallen aus: Sie werden in puncto Grundfläche kleiner, gleichzeitig aber höher als ihre Pendants mit manueller Bestellabwicklung. Zwischengeschosse müssen künftig höhere Lasten aufnehmen, Hallenböden höhere Flächen- und Punktbelastungen tragen. Böden müssen für automatisierte Systeme so eben wie möglich sein. Eine Verringerung des Personalbedarfs könnte auch weniger Gemeinschafts- und Büroräume sowie Parkplätze zur Folge haben. "Bei größeren Ansiedlungen und verteilten Standorten erleben gleichzeitig Mitarbeitershuttles und Arbeiterwohnheime eine Renaissance", weiß Weber. Hürden sieht der JLL-Experte aber bei den Genehmigungsverfahren für Neubauten. Vor allem bei der Höhe seien die Kommunen oft skeptisch, erst recht in Kombination mit weniger Personal pro Quadratmeter. Baurechtlich dürften Gewerbeimmobilien nicht höher als 20 Meter sein, technisch sei aber mehr möglich. Einzelne Projekte können Kommunen von der Begrenzung befreien, erklärt Weber. Drittverwendung verliert an Relevanz Künftig ranke sich die Planung kleinerer Lager - ähnlich wie bei Hochregallagern - um ihre Intralogistik herum, was zulasten ihrer Flexibilität und Drittverwendungsfähigkeit gehe. Diese Argumente werden zwar weiterhin im Mietmarkt eine große Rolle spielen, vor allem in der Kontraktlogistik mit ihren immer kürzeren Vertragslaufzeiten. Das stehe bald aber nicht mehr im Vordergrund. "Die Nachnutzung wird in Zukunft eher über eine ähnliche Art der Verwendung funktionieren", glaubt Weber. Auch personaltechnische Überlegungen rücken dem Experten zufolge in den Hintergrund. Bei Entscheidungen über Mikrostandorte, die sich - anders als große Paket- oder Distributionszentren - in Kundennähe befinden, avanciere stattdessen die Verfügbarkeit von Stromkapazität zum wichtigsten Faktor. Um die Leistung auf den Spitzenverbrauch auszulegen, sind laut Weber eine autarke Anbindung und Back-up-Systeme nötig. Hilfreich sei eine stromsparende Bauweise etwa mit LED-Beleuchtung und Schnelllauftoren in Kühlbereichen. Auch die IT-Infrastruktur werde zunehmend zum Standortkriterium. "In dünn besiedelten Gebieten, wo logistische Ansiedlungen häufig vorkommen, ist die Internetanbindung vielfach ein Thema", weiß Weber. Allerdings erkenne man die Netzqualität oft erst dann, wenn das System schon läuft. "Im Moment warten alle auf den 5G-Mobilstandard, der 2020 kommen soll. Dann gehen wir nicht mehr über Kabel online, sondern über das Mobilnetz", berichtet der Fachmann. Und auch die Aufgaben für Lagerarbeiter verändern sich laut dem JLL-Report infolge der Automatisierung: Die Nachfrage nach höher qualifizierten Arbeitskräften für die Überwachung, den Betrieb, die Wartung und die Reparatur der Systeme steigt. Diese Stellen werden überwiegend außerhalb von Distributionslagern angesiedelt sein. Mittelfristig kein radikaler Wandel Kurz- bis mittelfristig, also in den kommenden fünf Jahren, geht JLL aber noch von einer anhaltenden Nachfrage nach neuen Lagerflächen mit hohem Personalbedarf aus. Der Boom im E-Commerce kurbele die Nachfrage nach Lagermitarbeitern weiter an. Positiver Nebeneffekt: Das Wachstum im Onlinehandel und der technologische Fortschritt haben für einen Imagewandel des Logistikimmobiliensektors bei Investoren gesorgt. Das bestätigt eine Untersuchung von Cushman & Wakefield Research & Insight (CushWake). Als Zukunftssegment mit großem Potenzial stuft das US-Gewerbeimmobilien-Beratungsunternehmen die Citylogistik ein. Die Nachfrage nach kleinen, dezentralen Einheiten für die innerstädtische Nahversorgung auf der letzten Meile steige stark an. Chancen sehen die Experten bei der Umnutzung leer stehender Parkhäuser, Büros, Gewerbeflächen und Tiefgaragen. Auch laut einer aktuellen Onlineumfrage der Gewerbeimmobilienmesse Expo Real (8. bis 10. Oktober 2018), die der Veranstalter Messe München im Vorfeld unter 1380 Messeteilnehmern durchgeführt hat, zählen Logistikimmobilien zu den besonders attraktiven Segmenten für Investitionen: 76,4 Prozent der Befragten erwarten in diesem Bereich einen Zuwachs in den Jahren 2018/2019. Top-Unterkategorie ist auch hier die Citylogistik-Immobilie mit 37 Prozent Zustimmung. 300 Euro pro Quadratmeter denkbar Ob sich daraus eine eigene Assetklasse am Immobilienmarkt entwickelt, steht laut Weber von JLL aber noch in den Sternen. "Im Moment ist das ein Hype, die Citylogistik befindet sich noch im Laborstadium", sagt der Experte. Wenn, dann seien die Flächen höchstens 3000 Quadratmeter groß und würden von mehreren Parteien geteilt, etwa KEP-Dienstleister, lokale Händler sowie Hol- und Bringdienste. Denn der Vernetzungsgedanke stehe hier im Vordergrund. Das könnte sich dann nachhaltig auf die Preise für Logistikimmobilien auswirken, die sich derzeit nur peu à peu entwickeln, so Weber, weil die Finanzierungskosten weiterhin niedrig sind. In München liege die Spitzenmiete bei sieben Euro pro Quadratmeter, im Bundesdurchschnitt bei drei bis 3,50 Euro. Durch den Trend zur Mehrgeschossigkeit könnte sie auf bis zu 300 Euro pro Quadratmeter steigen, schätzt Weber. Solange aber keine wirkliche Knappheit herrsche, sei auch noch kein radikaler Wandel zu erkennen. Mehr zum Thema im Dossier "Logistikimmoblien" www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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